Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Zinseinkünfte aus Spareinlage. einmalige Einnahme. Aufteilung auf mehrere Monate. Abgrenzung von Einkommen und Vermögen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zinserträge aus einem über mehrere Jahre fest angelegten Sparguthaben, die erst nach Ablauf der vereinbarten Anlagedauer fällig und auf dem Konto des Berechtigten gutgeschrieben werden, sind bei der Bemessung von Arbeitslosengeld II als einmalige Einnahmen zu berücksichtigen.

2. Nach dem Zweck des § 2 Abs 3 AlgIIV (in der ab 1.10.2005 geltenden Fassung der Verordnung vom 22.8.2005 - BGBl I, 2499 -) ist die Aufteilung einer einmaligen Einnahme auf mehrere Monate nicht angezeigt, wenn die einmalige Einnahme den Gesamtbedarf im Zuflussmonat nicht deckt. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass die einmalige Einnahme zur Bedarfsdeckung bereits im Zuflussmonat verbraucht wird und damit für die Zeit nach dem Zuflussmonat nicht mehr zur Bedarfsdeckung vorhanden ist.

 

Orientierungssatz

Für die Differenzierung von Vermögen und Einkommen bei der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB 2 sind die aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zur Bestimmung des sozialhilferechtlichen Einkommens) und des Bundessozialgerichts (zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Rahmen der Arbeitslosenhilfe) entwickelten Grundsätze übertragbar. Danach ist unter Einkommen das zu verstehen, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraumes wertmäßig dazu erhält, Vermögen das, was er zu Beginn eines Zahlungszeitraumes bereits hat ("Zuflusstheorie") (vgl LSG Celle-Bremen vom 22.11.2006 - L 8 AS 325/06 ER = FEVS 58, 319) .

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.09.2008; Aktenzeichen B 4 AS 57/07 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Instanzen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Zinseinkünfte der Klägerin bei der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) leistungsmindernd zu berücksichtigen sind.

Die 1948 geborene Klägerin ist allein stehend (geschieden). Sie wurde zum 01.10.2002 wegen einer Betriebsauflösung arbeitslos. Bis 18.11.2004 bezog sie Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 37,11 €. Die Klägerin bewohnt seit 01.10.1996 eine 1995 bezugsfertig gewordene Wohnung mit 69 m² Wohnfläche (2 Räume, 1 Küche, 1 Bad). Der Mietzins beträgt monatlich 375 €, zuzüglich Nebenkosten 35 €. Für Heizungskosten (Nachtspeicher mit Elektro-Boiler) muss sie eine Vorauszahlung für Stromkosten von monatlich 90 € zahlen. Am 28.08.2003 schloss die Klägerin mit der S. Kasse K. einen zum 28.08.2006 fälligen Sparvertrag über 11.000 € mit jährlich steigendem Zinssatz für die Spareinlage, der nach der Sparurkunde nach dem Ende der Laufzeit durch die S. Kasse mit dreimonatiger Kündigungsfrist zu vergüten ist. Sonstiges Vermögen besitzt die Klägerin nicht. Weiter besitzt die Klägerin ein Kraftfahrzeug (Baujahr 1992 mit einer Fahrleistung von 196.000 km), das im September 2006 mit einem Versicherungsbeitrag von monatlich 17,23 € haftpflichtversichert war. Mit Bescheiden vom 15.02.2005, 25.08.2005, 28.12.2005, 05.04.2006 und 29.06.2006 bewilligte das Jobcenter Stadt Karlsruhe der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.08.2006 Leistungen nach dem SGB II.

Am 27.07.2006 beantragte die Klägerin die Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin legte neben den Kontoauszügen eine Kopie ihres Sparbuches zum Sparvertrag vom 28.08.2003 vor, wonach an sie am 04.09.2006 der Betrag von 11.818,05 € per Lastschrift zur Auszahlung kam (Sparguthaben 11.000 €, Zinsen 27.08.2004 in Höhe von 206,97 €, Zinsen 29.08.2005 in Höhe von 265,43 €, Zinsen 28.08.2006 in Höhe von 344,17 € und 04.09.2006 in Höhe von 1,48 €). Sämtliche Zinserträge aus dem Sparguthaben wurden der Klägerin erst am 04.09.06 gutgeschrieben. Mit Bescheid vom 11.09.2006 bewilligte das Jobcenter der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.09.2006 bis 30.09.2006 in Höhe von 97,95 € (Regelsatz 345 € zuzüglich Kosten für Unterkunft und Heizung 461 € und Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld 80 € abzüglich sonstiges Einkommen in Höhe von 788,05 € [818,05 € abzüglich Einkommensbereinigung 30 €]), für die Zeit vom 01.10.2006 bis 31.10.2006 in Höhe von 886,00 €, für die Zeit vom 01.11.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von 854,00 € und für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis 28.02.2007 in Höhe von monatlich 806,00 €. Der im Vergleich zum Oktober 2006 (Zahlbetrag 886 €) in den Monaten November und Dezember 2006 geringere Zahlbetrag resultiert aus dem Umstand, dass der Klägerin der Zuschlag nach dem Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 24 Abs. 4 Nr. 1 SGB II nur bis zum 18.10.2006 zustand. Auf die Berechnungsbögen in der Anlage zum Bescheid vom 11.09.2006 wird Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 19.09.2006 Widerspruch. Sie fü...

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