Entscheidungsstichwort (Thema)

Kranken- und Pflegeversicherung. Promotionsstudent ist nicht versicherungspflichtig. Verfassungsmäßigkeit. freiwillig Versicherter. Mindestbeitrag

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Promotionsstudent ist kein Student iS von § 5 Abs 1 Nr 9 SGB 5.

 

Orientierungssatz

1. Die Begrenzung der Versicherungspflicht als Student verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.

2. Freiwillig versicherte Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung haben jedenfalls den Mindestbeitrag zu zahlen, unabhängig von der Höhe ihrer Einnahmen und ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Von dieser Regelung gibt es keine Ausnahme.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.06.2018; Aktenzeichen B 12 KR 15/16 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Mai 2014 wird zurückgewiesen. Die Klage wegen der Bescheide vom 22. Januar 2014, 24. September 2014 und 19. Januar 2015 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, über den 1. Oktober 2013 hinaus versicherungspflichtiges Mitglied in der Kranken- und Pflegeversicherung der Studenten zu sein. Außerdem wendet er sich gegen die Höhe der von ihm vom 1. Oktober 2013 zu entrichtenden Beiträge zur Krankenversicherung.

Der am 1987 geborene Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Er studierte an der Universität M. Jura und legte am 14. Januar 2013 im 11. Fachsemester die Erste juristische Staatsprüfung ab. Aufgrund der bestandenen Ersten juristischen Staatsprüfung wurde ihm am 14. Februar 2013 auch der Hochschulgrad Diplomjurist verliehen. Bis 31. Juli 2013 war er im 12. Fachsemester Rechtswissenschaft weiter an der Universität M. eingeschrieben. Im Anschluss daran begann er ein Promotionsstudium. Er schrieb sich im Herbstsemester 2013 (beginnend 1. August 2013) in seinem 13. Hochschulsemester und ersten Promotionsfachsemester weiter bei der Universität M. ein. Derzeit (Frühjahrssemester 2015) befindet er sich im 16. Hochschul- und vierten Promotionsfachsemester. Seit 1. Oktober 2013 steht der Kläger in keinem Beschäftigungsverhältnis und erzielt keine laufenden Einkünfte.

Bis 6. November 2012 war der Kläger als Student familienversichert. Vom 7. November 2012 bis 30. September 2013 war er bei den Beklagten versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung der Studenten, wobei sich die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf € 64,77 und zur Pflegeversicherung auf € 13,13, insgesamt auf € 77,90 beliefen (Bescheid vom 20. November 2012). Ab 1. Januar 2013 erhöhte sich der monatliche Beitrag zur Pflegeversicherung auf € 13,73 (Bescheid vom Januar 2013).

Am 1. Juli 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten zu 1) unter Hinweis auf seine Einschreibung als Promotionsstudent die Verlängerung der studentischen Krankenversicherung, hilfsweise beantragte er die Aufnahme in die freiwillige Versicherung.

Mit Bescheid vom 15. Juli 2013 lehnte die Beklagte zu 1) (sinngemäß) die weitere Durchführung der Krankenversicherung der Studenten ab. Es bestehe die Möglichkeit der freiwilligen Mitgliedschaft.

Hiergegen legte der Kläger unter dem 19. Juli 2013 Widerspruch ein. Er trug vor, es sei nicht ersichtlich, weshalb ein Promotionsstudent nicht als Student im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 9 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu qualifizieren sei. Der Wortlaut der Norm gebe keinen Anhaltspunkt für eine Differenzierung zwischen einem “normalen„ Studenten und einem Promotionsstudenten. Auch aus teleologischen Gesichtspunkten sei nicht erkennbar, weshalb das Promotionsstudium nicht unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V fallen solle. Der Promotionsstudent - als externer Doktorand wie er - gehe regelmäßig kein Beschäftigungsverhältnis ein. Er habe zum Lebensunterhalt das gleiche Einkommen zur Verfügung wie ein “normaler„ Student. Durch die Anschaffung von Monographien, Dissertationen, Kopierkosten usw. erhöhten sich die Ausgaben sogar noch. Auch der Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V könne nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber einen Promotionsstudenten vom Anwendungsbereich der Norm habe ausschließen wollen. Sollte ein Promotionsstudent nicht als Student im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V qualifiziert werden, habe er verfassungsrechtliche Bedenken. Es liege eine wesentliche Ungleichbehandlung bei einem vergleichbaren Sachverhalt vor, von dem ohne jeglichen Rechtfertigungsgrund abgewichen werde. Dies begründe zumindest einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Vorsorglich beantragte der Kläger am 19. Juli 2013 außerdem die freiwillige Versicherung ab 1. August 2013.

Mit Bescheid vom 7. August 2013 setzte die Beklagte zu 1) unter Verweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. März 1993 - 12 RK 45/92 -, in juris ab 1. Oktober 2013 den monatlichen Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung auf € 133,85 und zur Pflegeversicherung auf € 20,66, insgesamt auf € 154,51 fest. Der Beitragsberechnung legte sie monatliche (Mindest)Einnahmen von...

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