Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Krankenpfleger in einem Vertragskrankenhaus. Vermittlung über Vermittlungsagentur für medizinische Honorartätigkeit, Zeitarbeit Personal Management GmbH. Honorarvertrag. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur abhängigen Beschäftigung eines Krankenpflegers in einem Vertragskrankenhaus.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Oktober 2015 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin und die Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf € 5.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene bei der Klägerin in fünf Zeiträumen zwischen August und Oktober 2013 sozialversicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung beschäftigt war.

Die klagende GmbH betreibt ein nach § 108 Nr. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Krankenhaus (Vertragskrankenhaus). Im Jahr 2013 beschäftigte sie unter Berücksichtigung von Teilzeitkräften etwa 400 bis 450 Pflegekräfte (insgesamt ca. 300 Vollzeitstellen). Daneben kamen in der Krankenpflege drei bis fünf sogenannte Honorarkräfte tageweise zum Einsatz.

Der 1954 geborene Beigeladene ist examinierter Krankenpfleger. Als solcher ist er in einem (anderen) Klinikum sowie nebenberuflich bei einer Sozialstation versicherungspflichtig in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung abhängig beschäftigt. Eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung besteht nicht.

An seinen im Rahmen dieser Beschäftigungen freien Tagen wurde er im streitbefangenen Zeitraum für die Klägerin als Krankenpfleger tätig. Die Vermittlung erfolgte über eine Vermittlungsagentur für medizinische Honorartätigkeit, Zeitarbeit Personal Management GmbH (ZPM). Mit dieser schloss die Klägerin für jeden Arbeitseinsatz des Beigeladenen bei ihr einen gesonderten Provisionsvertrag, der sie zur Zahlung einer Vermittlungsprovision verpflichtete. Der Beigeladene hatte keine Vermittlungskosten zu tragen.

Vor dem jeweiligen Arbeitseinsatz richtete die Klägerin ein Vermittlungsgesuch an die ZPM, das den Bereich (z.B. Innere, Chirurgische, Intensiv) und den Zeitraum, jedenfalls den Beginn, des Einsatzes beinhaltete. Nach Weiterleitung durch die ZPM setzte sich der Beigeladene mit der Klägerin telefonisch zur weiteren Abklärung u.a. auch der Arbeitszeiten in Verbindung. Dabei gab der Beigeladene die Zeiten vor, in denen er arbeiten könne. Die Pflegedienstleitung der Klägerin erstellte danach den Schichtplan für die festangestellten Pflegekräfte. Nach Unterzeichnung eines Honorarvertrages am ersten Tag des jeweiligen Arbeitsansatzes nahm der Beigeladene die Tätigkeit auf der Station auf. Er verrichtete Grund- und Behandlungspflege, übernahm aber über deren Dokumentation hinaus keine administrativen Tätigkeiten. Er konnte bestimmen, welche Patientengruppe der Station er übernahm. Zugang zum elektronischen Patientensystem der Klägerin erhielt er nicht. Dieses beinhaltete Stammdaten, Laborergebnisse o.ä.; die Pflegedokumentation erfolgte bei der Klägerin durchweg in einer Papierakte. Ärztliche Anweisungen zu Pflege- und Behandlungsmaßnahmen setzte der Beigeladene den Vorgaben entsprechend um. An Teambesprechungen, Schulungen und ärztlichen Visiten nahm er nicht teil. Übergaben fanden immer statt. Er trug in der Regel eigene Arbeitskleidung, verwendete aber durchweg Pflegemittel der Klägerin. Er leistete keine Hol- und Bringedienste und hatte auch keinen Zugang zum Hol- und Bringedienst der Klägerin. In das per Notfallknopf oder Telefon zu verständigende Notfallteam der Klägerin war der Beigeladene ebenso wenig eingebunden wie festangestellte Stationskräfte. Im Falle eigener Verhinderung oder Arbeitsunfähigkeit hatte der Beigeladene keine Ersatzkraft zu stellen. An die Pausenzeiten der festangestellten Pflegekräfte war er nicht gebunden.

Über die Arbeitseinsätze schlossen die Klägerin (“Einrichtung„) als Auftraggeberin und der Beigeladene (“freiberufliche Pflegekraft„) als Auftragnehmer jeweils drei undatierte, von der ZPM vorgegebene inhaltgleiche, aber gesonderte Honorarverträge (HV), wobei jeder Vertrag jeweils die genau bezeichneten Daten innerhalb eines Kalendermonats regelte, so der erste vom 28. bis 30. August 2013, der zweite vom 23. bis 29. September 2013 und der dritte vom 9. bis 10., 21. bis 22. sowie vom 24. bis 25. Oktober 2013. Eine Rahmenvereinbarung bestand nicht.

§ 1 HV regelte als “Konditionen„: Tagesdienst Honorarstundensatz € 32,00; Unterkunft inklusive; Berufshaftpflicht inklusive; Verpflegung exklusive; Zuschläge 10 % Zuschlag für Nachtdienst 20 bis 6 Uhr; Einsatzzeitraum ...; Qualifikation/spezielle An...

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