Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. im ambulanten Pflegedienst tätige (Kranken-)Pflegekraft. mehrere Auftraggeber. Vertrag über freie Mitarbeit und Vereinbarung eines Stundenhonorars, dessen Höhe Eigenvorsorge zulässt. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zum sozialversicherungsrechtlichen Status einer im ambulanten Pflegedienst tätigen (Kranken-)Pflegekraft.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 5. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin im Streit.

Die 1966 geborene Klägerin betreibt seit März 2010 einen selbstständigen Pflegedienst, sie ist ausgebildete Krankenschwester. Die beigeladene Sozialstation O. am Neckar beantragte am 20. Februar 2014 und die Klägerin im Folgenden selbst am 9. Mai 2014 die Feststellung des sozialversicherungspflichtigen Status. In dem Zusammenhang wurde der Kooperationsvertrag zwischen der Beigeladenen und der Klägerin vom 17. Dezember 2012, bezeichnet als Kooperationsvereinbarung zur Abwicklung zukünftiger Aufträge, vorgelegt. Als Tätigkeit wird dort angegeben, dass die Klägerin Aufträge im Rahmen der Behandlungspflege und im Rahmen der Pflegeversicherung (nach SGB V und SGB XI) übernehme (Ziff. 2 der Vereinbarung). Die Klägerin ist danach berechtigt, die beauftragte Leistung selbst oder durch Dritte durchzuführen/durchführen zu lassen, jedoch dafür verantwortlich, dass jeder im Rahmen eines Auftrages zum Einsatz gelangen der Vertreter, dieselbe fachpflegerische und gesundheitsbezogene Kompetenz und Qualifikation hat wie die Klägerin selbst (Ziff. 3 der Vereinbarung). Ferner wird die Klägerin nach der Vereinbarung dem Beigeladenen nach eigenem Ermessen ihre zeitlichen fachlichen Kapazitäten anbieten, die sie dem Beigeladenen in der konkreten Abrechnungsperiode zur Verfügung stellen will (Ziff. 4 der Vereinbarung). Als Vergütung wird ein Betrag in Höhe von 28,00 € bei zeitbezogener Abrechnung vereinbart, bei projektbezogener Abrechnung wird die Vergütung bei Auftragserteilung individuell verhandelt (Ziff. 6 der Vereinbarung). Nach Ziff. 7 der Vereinbarung verpflichtet sich die Klägerin zu einer mindestens 2-wöchentlichen Einwahl in das Qualitätsmanagementsystem Orgavision und zur Teilnahme an einer Dienstbesprechung pro Quartal. Vorgelegt wurde ferner eine Auflistung der Arbeitsstunden der Klägerin für die Beigeladene sowie für A.I.P. Ambulante und Individuelle Pflege GmbH R. und für Heimbeatmungsservice J. GmbH U. für das Jahr 2013.

Auf Anfrage der Beklagten teilte der Bevollmächtigte der Beigeladenen im April 2014 mit, die Klägerin melde sich immer am Ende des Monats bei der Sozialstation (Beigeladenen) und teile mit, an welchen Tagen sie ihre Arbeitsleistung zur Verfügung stelle, hierauf entwerfe die Sozialstation je nach eigenem Bedarf einen Tourenplan für die Klägerin. Die Klägerin könne dann alleine entscheiden, wie sie die Tour gestalte. Die Entscheidung über den Arbeitsablauf werde alleine durch die Auftragnehmerin bestimmt, lediglich ein zeitlicher Rahmen sei mit der Beigeladenen verbindlich vereinbart. Die Arbeitszeiten würden nach dem Zeitangebot der Auftragnehmerin und je nach Bedarf der Beigeladenen in die Dienstpläne eingetragen. Bei Verhinderungen übernehme eine von der Klägerin selbst zu organisierende Ersatzkraft die Arbeit. Es könne sich hierbei jedoch auch um eine freie Kraft der Sozialstation handeln, die die Auftragnehmerin selbst organisiere. Die Klägerin koordiniere ihre Aufträge und Einsatzzeiten mit der Sozialstation. Es gebe keine einheitliche Arbeitskleidung, keine Verpflichtung zur Übernahme von Urlaubs- und Krankheitsvertretung. Sie trete als selbstständige Pflegekraft auf. Sie benötige eigene Arbeitsmittel, so u.a. Kraftfahrzeug, Mobiltelefon, Computer, Arbeitskleidung und Schutzkleidung sowie Desinfektionsmittel. Diese stelle sie selbst. Sie bekomme lediglich Desinfektionsmittel teilweise von der Beigeladenen gestellt. Vorgelegt wurden in dem Zusammenhang beispielhaft Arbeitsnachweise für die Zeit von Januar bis März 2014 und Rechnungen für die Monate Oktober 2013 bis März 2014. Daneben wurde ein Dienstleistungsvertrag, abgeschlossen zwischen der Beigeladenen und einer Patientin, vorgelegt (Bl. 24/70 Verwaltungsakte - VA -).

Des Weiteren ist die Klägerin nach einem Schreiben der Beigeladenen vom Dezember 2012 für regelmäßige Fortbildung und Qualitätssicherung selbst verantwortlich. Sie habe sich in das QM-System, das als internes Kommunikationsmittel der Beigeladenen diene, zweiwöchentlich einzuwählen (im Bereich der aktuellen Nachrichten und Informationen - vgl. Schreiben der Beigeladenen vom 28. Dezember 2012 - Bl. 85 VA). Ferner wurde der Dienstplan der Beigeladenen vom April 2014, umfassend die Tätigkeit sämtlicher Mitarbeiterinnen, weitere Arbeitszeitn...

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