Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht. künstlerische Tätigkeit. Einrichtungsberater. Raumgestaltung. Innenarchitekt. Dienstleistung

 

Orientierungssatz

Hat die Tätigkeit eines Einrichtungsberaters nicht den Schwerpunkt Design, nämlich den Entwurf von Möbeln, sondern die Innenraumgestaltung, so handelt es sich um die Tätigkeit eines Innenarchitekten. Denn nur bei dem Design steht der künstlerisch-ästhetische Aspekt, dh der zum späteren Produkt klar abgrenzbare eigenschöpferisch gestaltende Entwurf, im Vordergrund, während bei der Raumgestaltung die Dienstleistung prägenden Charakter hat.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

Die 1960 geborene Klägerin schloss 1993 den Studiengang Produktgestaltung als Diplom-Designerin (Fachhochschule) ab. Vom 24.06.1996 bis 01.12.1996 war sie im Bereich Möbelentwurf und Innenraumgestaltung (Schreiben der Freien Architekten und Innenarchitekten B, B und Partner vom 01.06.1996) tätig und demzufolge wurde sie von der Beklagten für diesen Zeitraum mit Bescheid vom 15.08.1996 pflichtversichert. In der Folgezeit war sie über ihren Mann familienversichert.

Am 07.11.2000 beantragte die sie bei der Beklagten die Prüfung der Versicherungspflicht nach dem KSVG ab dem 01.01.2001. Sie gab an, selbstständig als Industriedesignerin, Formgestalterin und Layouterin tätig zu sein. Hierzu legte sie u.a. einen Werbeprospekt mit dem Titel "Freie Einrichtungsberatung, Lebensraumgestaltung" vor. Auf Nachfragen seitens der Beklagten teilte sie ergänzend mit, sie habe bislang als Hausfrau nur ein geringfügiges Einkommen aus künstlerischer Tätigkeit gehabt. Verträge seien bisher mündlich geschlossen worden. Wegen der ihr entstandenen Kosten aus Werbung, Computerausstattung etc. habe sie noch keinen Gewinn erzielen können. Sie legte hierzu Rechnungen über Beratungsgespräche, Bearbeitungen, Entwurf, Zeichenarbeiten und Recherche vor.

Mit Bescheid vom 01.02.2001 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, ihre Tätigkeit als Einrichtungsberaterin sei keine künstlerische im Sinne des KSVG, denn in erster Linie gestalte und richte sie Räume ein.

Mit ihrem hiergegen eingereichten Widerspruch machte die Klägerin geltend, im Vergleich zu ihrer damaligen, von der Beklagten als die Pflichtversicherung auslösend bewertete Tätigkeit, sei ihr heutiges Arbeitsfeld dasselbe, jedoch etwas bereiter angelegt und vorerst noch in kleinerem Stil. Sie biete ihre künstlerische Leistung und Qualität auch in Form von bzw. in Zusammenhang mit Dienstleistungen an um Zugang zu vielen Interessenten zu finden. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2001 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Tätigkeit als "freie Einrichtungsberatung" und "Lebensraumgestaltung" gehöre in den Bereich der Innenarchitektur bzw. Dekoration. Werke der bildenden Kunst würden nicht geschaffen. Auch werde nicht jeder, der im Bereich seiner Tätigkeit irgendwie gestaltend tätig sei, dadurch zum Künstler im Sinne des KSVG.

Dagegen erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG), zu deren Begründung sie ergänzend vortrug, sie unterfalle bereits aufgrund ihrer Ausbildung als Industriedesignerin dem Künstlerbegriff. Neben ihrer Beratungs- und Gestaltungstätigkeit im Bereich von Farbharmonie, Materialcollage, Formgestaltung und Entwurf individueller Möbel sei weiterer Tätigkeitsschwerpunkt der Bereich der Architekturvisualisierung und Animation. Hierbei gestalte sie mit Computerprogrammen Innenräume bis hin zu Komplexität einer "Erlebniswelt". Dabei würden die Räume virtuell betreten werden mit 3-D-Animationen. Hierzu legte die Klägerin Rechnungen über Architekturvisualisierung, Projektdarstellungen, Entwurf und Darstellung von Messeständen, Beratungsgesprächen etc. vor.

Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegengetreten, auch die vorgelegten Rechnungen wiesen auf Tätigkeiten im Bereich der Innenraumgestaltung und Innenarchitektur hin. Eine künstlerische Tätigkeit könne hierin nicht gesehen werden.

Mit Urteil vom 14.11.2002, zugestellt am 18.12.2002, wies das SG die Klage mit der Begründung zurück, dem Kunstbegriff des KSVG sei eine eigenschöpferische Leistung, deren künstlerische Elemente das Gesamtbild der Tätigkeit prägten, immanent. Die Einordnung einer Tätigkeit im Design, die ausdrücklich als künstlerische Tätigkeit aufzufassen sei, setzte allerdings voraus, dass sich diese auf das Entwerfen beschränken. Eine Tätigkeit, die eine Kombination von Entwurf und handwerklicher Umsetzung des Entwurfs in Einzelstücke oder Serien darstelle, sei insgesamt dem Bereich des Handwerks (Kunsthandwerk) zuzuordnen. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin liege trotz ihres Ausbildungsabschlusses als Diplom-Designerin nicht im Design. Zwar entwerfe die Klägerin auch Einrichtungsgegenstände. Aus den von ihr vorgelegten Rechnungen und Unterlagen ergebe sich aber, dass sie hauptsächlich im Bereich der ...

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