Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter. Regelsatzanpassung bei Bedarfsgemeinschaften mit Zugehörigkeit eines volljährigen Hilfebedürftigen zum Regelungsbereich des SGB 12 und des anderen zum SGB 2. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Bedarfsgemeinschaft zwischen einem Leistungsberechtigten nach dem SGB 12 und einer (volljährigen) Bezieherin von Arbeitslosengeld II nach dem SGB 2 ist bei beiden ein Mischregelsatz von 90 vH der Regelleistung zugrunde zu legen, unabhängig davon, wer Haushaltsvorstand ist. Dadurch ist gewährleistet, dass dieser Bedarfsgemeinschaft insgesamt 180 vH des Eckregelsatzes zur Verfügung stehen, wie es sowohl im System des SGB 2 als auch dem des SGB 12 vorgesehen ist.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der am ... 1933 geborene Kläger, der seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für über 65-Jährige nach dem 4. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) bezieht, begehrt die Gewährung eines höheren monatlichen Regelsatzes, eines höheren Mehrbedarfs sowie von Leistungen für die Fußpflege.

Der Kläger und seine am ... 1949 geborene Ehefrau bezogen bis 31. Dezember 2004 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes ≪BSHG≫. Mit Bescheid vom 25. Januar 2005 setzte das Landratsamt R. ... die dem Kläger zustehenden Leistung ab Januar 2005 neu fest und legte der Berechnung dabei einen Regelsatz gemäß § 42 Satz 1 Nr. 1, § 28 SGB XII in Höhe von 310,50 Euro zugrunde. Der Mehrbedarf wegen Alters gemäß § 42 Satz 1 Nr. 3, § 30 Satz 1 SGB XII wurde auf 52,79 Euro festgesetzt. Aufgrund dessen bezog der Kläger im Zeitraum Januar/Februar 2005 neben dem Altersruhegeld in Höhe von 597,26 Euro monatlich ergänzende Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von insgesamt 190,16 Euro (115,16 Euro Grundsicherung + 75,00 Euro Pflegegeld). Durch Bescheid vom 14. März 2005 wurden die laufenden Leistungen nach dem SGB XII geändert; die bewilligten Leistungen belaufen sich auf insgesamt 228,66 Euro (190,16 Euro Grundsicherung + 75,- Euro Pflegegeld). Die Ehefrau des Klägers bezog von Januar 2005 bis Mai 2006 Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Nach Feststellung ihrer Erwerbsunfähigkeit bezieht sie seit Juni 2006 ebenfalls Leistungen nach dem SGB XII.

Gegen den Bescheid vom 25. Januar 2005 erhob der Kläger am 1. Februar 2005 Widerspruch und machte geltend, ihm stehe der volle Regelsatz in Höhe von 345,- Euro zu sowie ein daraus zu berechnender Mehrbedarf wegen Alters in Höhe von 59,40 Euro. Für die Fußpflege habe er bisher 16,87 Euro erhalten, was bei der Neufestsetzung nicht berücksichtigt worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2005 wies das Landratsamt R. ... ... den Widerspruch zurück mit der Begründung, der Träger der Leistungen nach dem SGB II erbringe für die Ehefrau des Klägers Alg II unter Zugrundelegung eines Regelsatzes nach § 20 Abs. 3 Satz l SGB II in Höhe von 90 v. H. des so genannten Eckregelsatzes (311,- Euro). Damit stehe dem Kläger der Eckregelsatz nicht in voller Höhe zu. Dieser könne sozialhilferechtlich nur einmal vergeben werden und betrage beim Alg II und bei der Sozialhilfe einheitlich 345,- Euro. Für über 14 Jahre alte Haushaltsangehörige betrage der Regelsatz 276,00 Euro und wäre für den Kläger zu gering angesichts der Tatsache, dass auch seine Ehefrau nicht den vollen Eckregelsatz erhalte. Sozialhilferechtlich sei somit ein so genannter Mischregelsatz zu bilden nach dem Durchschnitt aus dem Eckregelsatz und dem Regelsatz für über 14 Jahre alte Haushaltsangehörige, der 310,50 Euro betrage. Hieraus errechne sich auch der Mehrbedarf mit 17 v. H. für über 65-jährige Personen, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen G besitzen. Der Mehrbedarf betrage daher nicht 59,40 Euro, sondern nur 52,79 Euro. Auch in Bezug auf die Kosten für die Fußpflege sei der Widerspruch unbegründet, denn dieser Bedarf sei mit dem Regelsatz abgedeckt, wie sich aus § 28 Abs. l Satz l SGB XII ergebe. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII (Regelsatzverordnung -RSV-) umfasse der Regelsatz auch die Gesundheitspflege und damit die Fußpflege.

Am 20. April 2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und seine Auffassung wiederholt, wonach er als Haushaltsvorstand einen Regelsatz in Höhe von 345,- Euro verlangen könne sowie daraus resultierend einen Mehrbedarf in Höhe von 59,40 Euro. Aufgrund der Besitzstandsklausel stehe ihm auch weiterhin ein monatlicher Mehrbedarf für Fußpflege in Höhe von 16,87 Euro zu.

Mit Urteil vom 19. Oktober 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, Streit befangener Zeitraum sei der vom 1. Januar bis 28. Februar 2005; der anschließende Zeitraum sei Gegenstand des Urteils vom gleichen Tag im Verfahren S 11 SO...

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