Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenerstattung. keine Immuntherapie mit dendritischen Zellen bei Dickdarmkrebs. keine Genehmigungsfiktion. keine abweichende Geltung der 3-Wochenfrist trotz Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme ohne Unterrichtung des Antragstellers. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 1 KR 3/17 R

 

Leitsatz (amtlich)

Die Frist zur Entscheidung über den von einem Versicherten gestellten Antrag auf Leistungen beträgt nach § 13 Abs 3a S 1 SGB V auch dann fünf Wochen, wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einholt, den Versicherten hiervon aber nicht - wie in § 13 Abs 3a S 2 SGB V vorgeschrieben - unterrichtet (insoweit Abweichung von BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R = SozR 4-2500 § 13 Nr 33).

 

Orientierungssatz

Bei einem Colonkarzinom (Dickdarmkrebs) besteht kein Anspruch auf Gewährung einer Immuntherapie mit dendritischen Zellen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.11.2018; Aktenzeichen B 1 KR 30/18 R)

BSG (Beschluss vom 13.06.2018; Aktenzeichen GS 1/17)

BSG (Vorlegungsbeschluss vom 26.09.2017; Aktenzeichen B 1 KR 3/17 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19.05.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Immuntherapie eines Colonkarzinoms mit dendritischen Zellen streitig.

Der 1955 geborene Kläger ist Bankkaufmann und bei der Beklagten krankenversichert. 2003 erkrankte er erstmals an Dickdarmkrebs im Bereich des Colon sigmoideum (pT3a pN0 R0 G1-2). Es erfolgte eine Hemicolektomie links. Im Februar 2014 wurde erneut Darmkrebs diagnostiziert, jetzt im Bereich des Colon ascendens mit Durchdringung mehrerer Wandschichten des Dickdarms und Tumorabsiedlungen im Bereich der umgebenden Lymphknoten (pT4b pN2b L1 Pn1 R0 G2). Am 10.03.2014 wurde der Tumor chirurgisch reseziert; von 34 entfernten regionalen Lymphknoten wiesen 10 einen Tumorbefall auf. Eine anschließende adjuvante Chemotherapie erfolgte nicht. Vom 08.04. bis 06.05.2014 absolvierte der Kläger eine medizinische Rehabilitation im Parksanatorium A.

Am 21.05.2014 beantragte PD Dr. G. für den Kläger die Kostenübernahme einer Therapie mit dendritischen Zellen.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Dr. B. führte unter dem 28.05.2014 aus, mit der Behandlung mit dendritischen Zellen liege eine außervertragliche, nicht zugelassene Methode vor. Als schulmedizinische Behandlung stehe eine Chemotherapie zur Verfügung. Eine unmittelbar lebensbedrohliche oder gleichgestellte Erkrankung liege bei dem aktuellen Tumorstadium nicht vor. Eine auf Indizien gestützte Aussicht auf positive Einwirkung durch die neue Methode liege nicht vor. Mit Bescheid vom 12.06.2014 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag ab.

Mit Widerspruch vom 20.06.2014 bat der Kläger um wohlwollende Prüfung nach den Kriterien einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs. Er verspreche sich von der kostengünstigen adjuvanten Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen geringfügige Nebenwirkungen bei gleichzeitig deutlich erhöhter Lebensqualität, eine signifikante Verlängerung der Überlebenszeit und eine maßgebliche Verminderung des Rezidivrisikos im Vergleich zur konventionellen Chemotherapie.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es handele sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, mit welcher sich der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) bislang nicht befasst habe. Eine Kostenübernahme könne nur erfolgen, wenn eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung vorliege, eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Hier liege keine notstandsähnliche Situation ohne vertragliche, allgemein anerkannte Therapiemöglichkeit vor.

Hiergegen richtet sich die am 05.09.2014 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage. Die begehrte Behandlung sei schonender als Chemotherapie und führe auch in einer Mehrzahl von Fällen zum Erfolg. Es müsse ein Rückfall vermieden werden.

Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. PD Dr. G. (Klinikum H.) hat unter dem 23.01.2015 ausgeführt, bei dem beim Kläger bestehenden Tumor-Stadium III betrage das 5-Jahres-Risiko, an den Folgen dieser Erkrankung zu sterben, 49%. Nach den S3-Leitlinien für die Behandlung von Darmkrebs-Erkrankungen sei eine Standard-Chemotherapie vorgesehen, wodurch das Sterblichkeitsrisiko (5-Jahres-Risiko) auf 29% gesenkt werden könne. Bei der Behandlung von Darmkrebserkrankungen mit dendritischen Zellen handele es sich um ein experimentelles Verfahren. PD Dr. G. hat unter dem 08.05.2015 mitgeteilt, es liege eine eindeutig lebensbedrohliche Erkrankung vor. Die Standardthera...

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