Entscheidungsstichwort (Thema)

Kranken- und Pflegeversicherung. Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung. Verfassungsmäßigkeit. keine Beitragspflicht auf Kapitalzahlungen aus privater Altersvorsorge

 

Leitsatz (amtlich)

Kapitallebensversicherungen, die zunächst privat abgeschlossen waren und erst später in eine Direktversicherung umgewandelt wurden, können Beiträge nur aus dem Kapitalanteil erhoben werden, der auf die Laufzeit als Direktversicherung entfällt (vgl LSG Stuttgart vom 14.9.2007 - L 4 P 1312/07)

 

Orientierungssatz

Die zum 1.1.2004 eingeführte Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung gem § 229 Abs 1 S 3 SGB 5 idF vom 14.11.2003 verstößt nicht gegen das Grundgesetz (vgl BSG vom 25.4.2007 - B 12 KR 25/05 R, vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R, B 12 KR 10/08 R und BVerfG vom 7.4.2008 - 1 BvR 1924/07 = SozR 4-2500 § 229 Nr 5).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.03.2011; Aktenzeichen B 12 KR 24/09 R)

 

Tenor

Die Berufungen des Klägers sowie der Beklagten zu 1) und 2) gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. April 2008 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten erster Instanz erstatten.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- (KV) und sozialen Pflegeversicherung (PV) aus der Kapitalauszahlung einer betrieblichen Altersversorgung.

Der Kläger ist im Jahre 1938 geboren. Er bezieht eine Altersrente von € 1.984,71 monatlich (Stand März 2003), seit Januar 2004 von der Firma K. Fotoservice GmbH bzw. der K. Fotolabore GmbH ein “Ruhegeld„ von € 511,29 monatlich und seit Januar 2005 von der A. Versicherung eine weitere Versorgung von monatlich € 511,30. Er ist bei der Beklagten zu 1) seit 01. April 2003 Mitglied der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert. Beide Beklagte erheben Beiträge aus der Altersrente und den Betriebsrenten des Klägers.

Der Kläger hatte am 05. August 1970 bei der Westfälischen Provinzial Versicherung (im Folgenden: Westfälische) eine Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme von DM 30.000,00 auf sich mit einer Laufzeit bis zum 01. Juni 2004 abgeschlossen. Die Beiträge von anfangs DM 404,70 halbjährlich trug er zunächst selbst. Auf Grund einer “Mustervereinbarung„ vom 24. November 1977 zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber (damals: K.-C. Photo-Labor GmbH und Co. KG) galt die Versicherung künftig als Direktversicherung. Entsprechend übernahm der Arbeitgeber mit Urkunde vom 29. Dezember 1977 die Versicherung als Versicherungsnehmer, der Kläger blieb versicherte Person. Die Beiträge zahlte fortan der Arbeitgeber. Der Kläger verzichtete jedoch im Gegenzug zunächst auf Tantiemen von DM 2.400,00 jährlich. Am 28. April 1989 schloss der Kläger mit seinem nunmehrigen Arbeitgeber (Foto A. Verwaltungs-GmbH) den Vertrag über die Bestellung als Geschäftsführer, hierbei verpflichtete sich der Arbeitgeber, die Prämie für die Lebensversicherung bei der Westfälischen weiterhin, längstens bis zur Beendigung dieses Vertrages, zu zahlen, ein Gehaltsverzicht hierfür war nicht mehr vereinbart. Nach seinem Ausscheiden aus der Beschäftigung zum März 2003 wurde der Vertrag bei der Westfälischen beitragsfrei fortgeführt.

Unter dem 27. September 2004 teilte die Westfälische der Beklagten zu 1) mit, sie habe dem Kläger am 01. Juni 2004 eine einmalige Kapitalleistung von € 113.968,00 ausbezahlt. Mit Bescheid vom 05. Oktober 2004, der im Briefkopf nur die Beklagte zu 1) nannte, wurde dem Kläger mitgeteilt, die Kapitalzahlung der Westfälischen sei beitragspflichtig zur KV und zur PV, sie werde auf zehn Jahre umgelegt. Mit weiterem Bescheid vom 05. Oktober 2004, der im Briefkopf nur die Beklagte zu 1) nannte sowie am Ende den Hinweis enthielt, hinsichtlich der Beiträge zur PV ergehe er zugleich im Namen der Beklagten zu 2), wurde dem Kläger weiter mitgeteilt, die Kapitalleistung der Westfälischen führe zu monatlichen Versorgungsbezügen von € 949,73, aus denen sich Beiträge zur KV von € 141,51 (Beitragssatz 14,9 v.H.) und zur PV von € 16,14 (Beitragssatz 1,7 v.H.), zusammen € 157,65, ergäben.

Der Kläger erhob Widerspruch, über den die Beklagten zunächst nicht entschieden. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 verzichtete die Beklagte zu 1) aber unter Hinweis auf anhängige Musterverfahren auf die Einrede der Verjährung. Mit Bescheid vom 23. Februar 2005 wiederholte die Beklagte zu 1) ihre Ausführung, die Kapitalleistung des Klägers unterliege der Beitragspflicht zur KV. Dieser Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung mit Hinweis auf den Widerspruch.

Am 18. März 2005 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG).

Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, das Vorverfahren sei noch nicht durchgeführt ...

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