Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wie-Berufskrankheit gem § 9 Abs 2 iVm Abs 1 S 2 SGB 7. keine neuen medizinischen Erkenntnisse. Einwirkungs- und Verursachungsbeziehung. biopersistenter granulärer Staub. COPD. unspezifische bronchiale Hyperreagibilität. Bauarbeiter. Baustaub

 

Leitsatz (amtlich)

Es gibt derzeit keine (neuen) medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Einwirkungs- und Verursachungsbeziehung zwischen biopersistenten granulären Staub (sog inertem Staub) und einer COPD oder einer unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität, die die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit nach § 9 Abs 2 SGB 7 rechtfertigen würden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 12.06.2018; Aktenzeichen B 2 U 77/18 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei dem Kläger eine Wie-Berufskrankheit (Wie-BK) gemäß § 9 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) anzuerkennen ist.

Der 1949 geborene Kläger war in der Zeit vom 28.01.1971 bis 31.03.2004 bei der G. GmbH in L. versicherungspflichtig beschäftigt. Eigentlich als Zimmermann eingestellt, hatte er dort sämtliche anfallende Hilfstätigkeiten auszuführen, wobei er überwiegend im Bereich Abbruch und Umbau eingesetzt worden war. In der Zeit vom 01.04.2004 bis 26.11.2005 war der Kläger bei dem Bauunternehmen G. R. in S. versicherungspflichtig beschäftigt. Über diese Firma war er nahezu ausschließlich innerhalb der Firma B. in F. tätig und führte überwiegend Umbauarbeiten durch. Vom 01.03.2006 bis zum Beginn des Altersrentenbezugs im August 2012 war er bei der G. GmbH & Co. KG in P. versicherungspflichtig beschäftigt, wo er nach Auskunft des Arbeitgebers vom 28.04.2008 alle Maurerarbeiten zu verrichten hatte.

Mit Schreiben vom 01.02.2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einer “Berufsgenossenschaftsrente„, da seiner Einschätzung nach bei ihm diverse Berufskrankheiten vorliegen würden, u.a. Berufskrankheiten nach den Nummern (Nrn.) 4301 und 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV; Nr. 4301: Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen <einschließlich Rhinopathie>, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können; Nr. 4302: Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.). Diese seien durch seine Tätigkeit und die damit verbundenen Belastungen auf dem Bau hervorgerufen.

Die Beklagte leitete daraufhin entsprechende Feststellungsverfahren ein.

In dem von der Beklagten übersandten Fragebogen gab der Kläger im Februar 2008 an, dass er selbst an einer COPD (chronic obstructive pulmonary disease; chronisch obstruktive Lungenerkrankung) leide, am Arbeitsplatz Staubeinwirkungen ausgesetzt sei und an arbeitsplatzbezogenen Beschwerden in Form von gelegentlicher Atemnot, Husten und Hustenattacken leide. Die Beschwerden würden durch körperliche Belastung, Kontakt mit Farben/Lösungsmitteln und Staub beeinflusst. Geraucht habe er nie.

Die Beklagte holte Befundberichte des den Kläger behandelnden Internisten/Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. W. ein. In dem von ihm übersandten Karteikartenauszug sind für den 15.12.1992 eine Pneumonie, Tuberkulose (TBC) sowie am 21.01.1993 und 25.05.1993 “Zustand nach TBC, Zustand nach Pneumonie„, am 20.08.1993 “Infektexacerbation, Bronchitis„ und am 03.09.1993 “Verdacht auf Schlafapnoesyndrom, obstruktive Bronchitis„ notiert. Dr. W. diagnostizierte bei dem Kläger laut den von ihm übersandten Befundberichten überdies am 13.07.2006 eine chronische obstruktive Lungenkrankheit (gesichert, J 5408), ein Asthma bronchiale (Verdacht auf, J 45.9), eine respiratorische Partialinsuffizienz (unter Belastung, J 96.1) sowie einen unklaren Thoraxschmerz (gesichert, R 07.4), am 13.10.2006 eine chronisch obstruktive Lungenkrankheit (gesichert) und ein Asthma bronchiale, am 13.02.2007 eine chronische obstruktive Lungenkrankheit (gesichert) und am 06.12.2007 ein Asthma bronchiale Mischform (gesichert, J 45.8) sowie eine chronische obstruktive Lungenkrankheit (gesichert, J 44.8). Im Befundbericht vom 06.12.2007 führte Dr. W. aus, dass es sich am ehesten um eine Mischform von Asthma/COPD handele.

Gemäß dem beigezogenen Befundbericht des Radiologen Dr. R. vom 13.07.2006 ergab die radiologische Untersuchung des Thorax ein beginnendes Emphysem, ohne Infiltrat sowie ausgeprägte narbige Veränderungen links abical, wahrscheinlich postspezifisch.

Aus dem von der Beklagten beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers ergeben sich Arb...

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