Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachfolgezulassung. Berücksichtigung von Vertretertätigkeit. Auswahlverfahren. Interessen des ausscheidenden Arztes bzw seiner Rechtsnachfolger

 

Orientierungssatz

1. Daß eine Vertretertätigkeit in der ausgeschriebenen Praxis in § 103 Abs 4 S 4 SGB 5 nicht ausdrücklich als berücksichtigungsfähiges Auswahlkriterium genannt ist, steht einer Berücksichtigung nicht entgegen.

2. Die Interessen des ausscheidenden Arztes bzw seiner Rechtsnachfolger sind im Auswahlverfahren nach § 103 Abs 4 SGB 5 von erheblichem Gewicht.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 31.08.1999; Aktenzeichen B 6 KA 11/99 B)

BSG (Beschluss vom 20.08.1999; Aktenzeichen B 6 KA 14/99 B)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Zulassung des Beigeladenen Nr. 1 als praktischer Arzt für den Vertragsarztsitz W, und begehrt seinerseits die Zulassung für diesen Vertragsarztsitz.

Der 1953 geborene Kläger, der seine Approbation als Arzt am 4.6.1986 erhielt und nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung des Senats derzeit als (selbständiger) Arzt und Psychologe tätig ist, beantragte im Januar 1993 -- er war damals noch angestellt bei dem Berufsgenossenschaftlichen arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Dienst e.V. (BAD) --, ihn zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. Auf diesen Antrag hin ließ ihn der Zulassungsausschuß als Arzt für Allgemeinmedizin in H, zur vertragsärztlichen Versorgung zu (Beschluß vom 29.9.1993/Bescheid vom 29.11.1993) und sprach dabei aus, daß die Zulassung ende, wenn der Antragsteller die vertragsärztliche Tätigkeit nicht spätestens bis zum 1.10.1993 aufnehme. Mit Beschluß vom 9.3.1994 (Bescheid vom 25.3.1994) stellte der Zulassungsausschuß fest, daß die Zulassung des Klägers zum 1.10.1993 mangels Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit geendet habe. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos (Beschluß/Bescheid des Beklagten vom 6.7.1994/15.11.1994; Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe <SG> vom 9.7.1997 -- S 1 Ka 3421/94 --; Urteil des Senats vom 20.1.1999 -- L 5 KA 2751/97 --).

Für den Vertragsarztsitz W, war seit 1986 der am 12.11.1994 verstorbene Dr. Sch zugelassen. Nach dessen Tod beantragte seine Witwe die Ausschreibung des Kassenarztsitzes, was durch die Beigeladene Nr. 2) im Dezemberheft 1994 des Ärzteblattes Baden-Württemberg erfolgte. Daraufhin beantragten am 14.12.1994 der Beigeladene Nr. 1 und am 5.1.1995 der Kläger die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung für diesen Vertragsarztsitz.

Der 1962 geborene Beigeladene Nr. 1, der seine Approbation als Arzt am 1.2.1993 erhielt und nach Abschluß einer der EG-Richtlinie 86/457/EWG vom 15.9.1986 entsprechenden spezifischen Ausbildung in der Allgemeinmedizin berechtigt ist, die Bezeichnung "Praktischer Arzt" zu führen (Zeugnis der Ärztekammer des Saarlandes vom 13.12.1994), schloß mit dem Bevollmächtigten der Erben des Dr. Sch einen Vertrag über Praxisvertretung vom 22.12.1994. Nach § 1 Abs. 1 dieses Vertrages vertritt der Beigeladene Nr. 1 Dr. Sch in seiner Praxis in der Zeit vom 1.1.1995 bis zur evtl. Praxisübernahme. Unter dem 10.2.1995 schlossen der Beigeladene Nr. 1 und die Erben nach Dr. Sch einen Praxisübernahmevertrag. Nach § 1 des Vertrages übernimmt der Beigeladene Nr. 1 die bisher von Dr. Sch geführte Praxis in der in W am 1.3.1995. Nach § 4 Satz 2 des Vertrages steht der Praxisübernahmevertrag unter der aufschiebenden Bedingung des Zustandekommens des Kaufvertrages für das Grundstück in W. Der Kaufpreis beträgt DM 284.600,-- (DM 86.500,-- für die Praxiseinrichtung; DM 198.100,-- für den ideellen Praxiswert). Die Praxisübernahme erfolgte vorbehaltlich der rechtskräftigen Zulassung des Beigeladenen Nr. 1 zur Kassenpraxis (Vereinbarung zum Praxisübernahmevertrag vom 15.2.1995). Der Beigeladene Nr. 1 -- genauer: sein Vater -- erwarb zu einem Kaufpreis von DM 1.450.000.-- auch das Grundstück, auf dem das Haus, in welchem die Praxis sich befindet, steht. Nach Angaben der Ehefrau des Dr. Sch in der Sitzung des Zulassungsausschusses am 15.2.1995 sei der Kläger nur an dem Kauf der Praxis interessiert gewesen und habe einen Kauf des Grundstückes abgelehnt. Dem Kläger wurde vom Steuerberater der Ehefrau des Dr. Sch am 23.11.1994 telefonisch und mit einem Schreiben vom 30.11.1994 ein Kaufpreis der Praxis von DM 284.000.-- mitgeteilt.

In seiner Sitzung vom 15.2.1995 ließ der Zulassungsausschuß den Beigeladenen Nr. 1 als praktischen Arzt in W, mit Wirkung vom 1.4.1995 zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu und lehnte den Antrag des Klägers auf Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Arzt für Allgemeinmedizin für den Vertragsarztsitz W, ab (Bescheide vom 7.4.1995).

Gegen den ihm am 10.4.1995 zugestellten Bescheid des Zulassungsausschusses erhob der Kläger am 10.5.1995 Widerspruch und machte geltend, die Entscheidung des Zulassungsausschusses verkenne die bei der Entscheidung gemäß § 103 Abs. 4 des Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V) zu berücksichtigenden Umstände oder bewerte s...

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