Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersrente. Erlöschen des Anspruchs. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch des Sonderrechtsnachfolgers

 

Leitsatz (amtlich)

Auch bei Verletzung der in § 115 Abs 6 SGB 6 normierten Hinweispflicht und eines sich hieraus ergebenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ist das Erlöschen des Anspruches auf Geldleistungen nach § 59 S 2 SGB 1 nicht wegen dieses Herstellungsanspruches ausgeschlossen.

 

Orientierungssatz

Zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch des Sonderrechtsnachfolgers (Entgegen BSG vom 8.10.1998 - B 8 KN 1/97 U R = BSGE 83, 30 = SozR 3-5670 § 5 Nr 1, LSG Chemnitz vom 26.4.2007 - L 2 U 114/05 und Anschluss an BSG vom 25.10.1984 - 11 RA 18/84 = BSGE 57, 215 = SozR 1200 § 59 Nr 6).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Altersrente aus der Versicherung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin.

Die 1928 geborene Klägerin beantragte am 25.09.2002 die Gewährung von Witwenrente aus der Versicherung ihres am 24.10.1927 geborenen und am 08.09.2002 verstorbenen Ehemannes N. C. (N.C.). Diese Witwenrente gewährte die Beklagte der Klägerin ab 08.09.2002 mit Bescheid vom 23.04.2003, geändert durch den Bescheid vom 09.09.2003 in Höhe von zunächst monatlich 138,08 € und ab 01.01.2003 in Höhe von 82,85 € (wegen der dabei berücksichtigten Versicherungszeiten wird auf Anlage 2 des Rentenbescheides vom 09.09.2003, Bl. 42 der Akten der Beklagten verwiesen).

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch vom 08.05.2002 machte die Klägerin geltend, die Beklagte habe zu Unrecht die Gewährung von Altersrente ab 01.11.1992 (Vollendung des 65. Lebensjahres ihres Ehemannes) abgelehnt. N.C. sei seit 1983 Rentner wegen Erwerbsunfähigkeit bei der IKA gewesen, während die Beklagte und das Sozialgericht (Urteil vom 07.03.1985, Az.: S 9 J 2076/84) den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit abgelehnt hätten.

Die Beklagte wies den Widerspruch als unzulässig zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.07.2003). Der Widerspruchsausschuss stellte zudem fest, dass ein Anspruch auf Regelaltersrente für den verstorbenen Ehemann nicht bestehe, weil dieser zu Lebzeiten keinen wirksamen Antrag auf Gewährung einer Rente gestellt habe. Diese Feststellung hob das Sozialgericht Stuttgart (SG) im nachfolgenden Klageverfahren auf (S 15 RJ 4445/03, Gerichtsbescheid vom 16.06.2005). Die Berufung (L 9 R 2658/05, Urteil vom 12.09.2006) der Klägerin, gerichtet auf Zahlung der Altersrente, und die Revision beim Bundessozialgericht ≪BSG≫ (B 13/4 R 531/06 R, Beschluss vom 12.09.2007) blieben ohne Erfolg.

Mit Bescheid vom 09.11.2007 lehnte die Beklagte sodann den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Altersrente für N.C. für die Zeit vom 01.11.1992 bis 30.09.2002 ab. Zur Begründung verwies die Beklagte auf § 59 Abs. 1 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), wonach Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren anhängig ist. N. C. habe vom griechischen Versicherungsträger ab dem 04.10.1982 bis zu seinem Tode eine Invaliditätsrente bezogen. Eine den deutschen Vorschriften entsprechende Rente sei von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg im Jahre 1984 rechtskräftig abgelehnt worden. Vor dem Tode habe weder er (N. C.) noch die Klägerin nach 1984 eine Altersrente nach griechischem oder deutschem Recht beantragt. Damit sei weder ein Verwaltungsverfahren zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten anhängig gewesen noch sei eine Leistung auf Altersrente festgestellt worden. Ein Anspruch auf Sozialleistungen setze nach § 40 SGB I grundsätzlich voraus, dass diese Leistungen beantragt werden.

Mit Schreiben vom 30.11.2007 hat die Klägerin Klage zum SG erhoben (Eingang 05.12.2007).

Die Beklagte wertete die Klageerhebung als Widerspruch und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2008 zurück. Die Beklagte wies darauf hin, dass gemäß § 102 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Renten nur bis zum Ende des Monats geleistet würden, in dem der Berechtigte verstorben sei. Die Antragstellung sei aber am 08.05.2003 und damit nach dem Tod des Versicherten erfolgt. Nach diesen Vorschriften stehe daher ein Altersrentenanspruch nicht zu. Darüber hinaus liege ein Sachverhalt, bei dem eine Antragstellung entbehrlich wäre, nicht vor. Die Verlegung des maßgeblichen Rentenantragsdatums auf einen Zeitpunkt vor dem Tod im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wäre nur dann möglich, wenn der Rentenversicherungsträger einer Verpflichtung zur Information nicht nachgekommen wäre. Eine solche bestehe grundsätzlich nach § 115 Abs. 6 SGB VI. Danach solle der Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Eine solche H...

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