Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenkasse. Krankenhaus. Berechtigung zur rechnerischen und sachlichen Überprüfung einer Krankenhausabrechnung. Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme des MDK. gerichtliche Geltendmachung bei Nichtbefolgung der Aufforderungen des MDK zur Herausgabe der Unterlagen

 

Orientierungssatz

1. Auch wenn in § 275 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 5 in der bis zum 31.12.2002 maßgebenden Fassung den Krankenkassen das Recht zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung nicht ausdrücklich eingeräumt wird, haben sie in erweiternder Auslegung des Gesetzeswortlauts das Recht, eine Krankenhausabrechnung auch rechnerisch bzw sachlich zu überprüfen und hierzu eine gutachterliche Stellungnahme des MDK einzuholen (vgl BSG vom 23.7.2002 - B 3 KR 64/01 R = BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3) .

2. Der Anspruch auf Herausgabe von Unterlagen gegenüber dem Leistungserbringer an den zuständigen MDK kann von der Krankenkasse aus eigenem Recht und in eigenem Namen gerichtlich geltend gemacht werden, wenn die Anforderungen des MDK zur Herausgabe erfolglos waren und der Gutachtensauftrag unerledigt zurückgegeben wurde .

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.02.2007; Aktenzeichen B 3 KR 12/06 R)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe medizinischer Unterlagen an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg zu Prüfzwecken und in der zweiten Stufe entsprechend dem Ergebnis der Prüfung gegebenenfalls die Erstattung überzahlter Rechnungsbeträge streitig.

Für die vollstationäre Behandlung der aus nachfolgender Aufstellung ersichtlichen, bei der Klägerin krankenversicherten Patienten im Jahre 2000 stellte die Beklagte der Klägerin u.a. jeweils Fallpauschalen (FP) aus der Gruppe 11 des Fallpauschalenkataloges von DM 365.664,82 (FP 11.01), DM 245.740,08 (FP 11.02), DM 176.551,23 (FP 11.03) und DM 127.104,13 (FP 11.06) in Rechnung, die von der Klägerin auch jeweils beglichen wurden:

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B, M, geb. ... 1954, FP 11.01,

stat. Aufenthalt: 17. Januar bis 23. Februar 2000

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L, C, geb. ... 1988, FP 11.06,

stat. Aufenthalt: 03. Juli bis 04. August 2000

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J, E, geb. ... 1948, FP 11.01,

stat. Aufenthalt: 16. November bis 22. Dezember 2000

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S, A, geb. ... 1964, FP 11.03,

stat. Aufenthalt: 20. September bis 12. November 2000

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H, E, geb. ... 1964, FP 11.03,

stat. Aufenthalt: 16. November bis 06. Dezember 2000

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P, S, geb. ... 1943, FP 11.02,

stat. Aufenthalt: 17. Juli bis 18. August 2000

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R, L, geb. ... 1980, FP 11.01,

stat. Aufenthalt: 16. Juli. bis 12. August 2000

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R, R, geb. ... 1945, FP 11.02,

stat. Aufenthalt: 21. August bis 03. November 2000

Es handelte sich bei den FP um Entgelte für so genannte "Minitransplantationen", deren Abrechnung mit einer FP der Gruppe 11 zwischen den Krankenkassen und Krankenhausträgern generell streitig ist, nachdem ein Grundsatzgutachten des Medizinischen Dienstes (MD) der Spitzenverbände der Krankenkassen ergab, dass diese Minitransplantationen eindeutig nicht Gegenstand der FP der Gruppe 11 sein könnten. Da die Klägerin aufgrund der unterschiedlichen Abrechnungspraxis der Krankenhausträger annahm, dass bei den mit einer FP der Gruppe 11 abgerechneten Behandlungen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit keine myeloablative Therapie im Sinne der FP-Definition, sondern eine so genannte "Minitransplantation" durchgeführt wurde, die nach Auffassung der Klägerin über tagesgleiche Pflegesätze zu vergüten wäre, beauftragte sie Dr. Dr. E vom MDK Baden-Württemberg mit Schreiben vom 09. August 2002 bzw. im Falle des Patienten L mit Schreiben vom 03. September 2002 mit der Überprüfung der in der Aufstellung benannten Behandlungsfälle. Die Beklagte lehnte nach Anforderung und Erinnerung durch Dr. Dr. E die Übersendung medizinischer Unterlagen an den MDK unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. Dezember 2001 (B 3 KR 11/01 R) ab. Der MDK Baden Württemberg gab darauf hin die Gutachtensaufträge Ende Oktober 2002 an die Klägerin unerledigt zurück. Die Beklagte kam der Aufforderung der Klägerin, auf die Einrede der Verjährung in jedem der einzelnen Behandlungsfälle zu verzichten, nicht nach.

Mit ihrer am 27. Dezember 2002 beim Sozialgericht (SG) München schriftlich erhobenen Klage begehrte die Klägerin im Sinne eines Stufenantrages zum einen die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, dem MDK in Bayern medizinische Unterlagen zur Verfügung zu stellen und zum anderen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der sich aus dem Ergebnis der Prüfung des MDK ergebenden Rückforderungsansprüche. Zur Begründung der mit Beschluss vom 25. Februar 2003 an das SG Stuttgart verwiesenen Klage trug die Klägerin im Wesentlichen vor, zur Überprüfung der seitens der Beklagten abgerechneten Leistung sei sie mangels eines eigenen Überprüfungsrechts auf den MDK angewiesen. Erst nach dessen Prüfungsergebnis aus sozialmedizinischer Sicht hinsichtlich der Voraussetzungen für die jeweils abgerechnete FP könne sie über die Frage etwaiger Erstattungsan...

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