Entscheidungsstichwort (Thema)

Kranken- und Pflegeversicherung. § 240 Abs 4 S 2 SGB 5 gilt nicht für Personenkreis nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5. Beitragsverfahrensgrundsätze des GKV-Spitzenverbandes. Regelung über Festsetzung für Höchstbeiträge ist unwirksam. Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung nach Mindestbemessungsgrundlage

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 240 Abs 4 S 2 SGB 5 findet auf Versicherungsverhältnisse, die ihre Rechtsgrundlage in § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 haben, keine Anwendung.

2. § 6 Abs 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27.10.2008 verstößt gegen höherrangiges Recht und ist daher unwirksam.

 

Orientierungssatz

Die Festsetzung eines Mindestbeitrags iS des § 240 Abs 4 S 1 SGB 5 gilt auch für die Beitragsbemessung der nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 versicherten Personen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.12.2013; Aktenzeichen B 12 KR 15/11 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Mai 2010 abgeändert. Die Bescheide der Beklagten vom 3. August 2009, 17. November 2009 und 11. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 sowie der Bescheid vom 20. Dezember 2010 werden insoweit aufgehoben, als darin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 1. Juli 2009 von mehr als 138,60 €, für die Zeit ab 1. Januar 2010 von mehr als 140,53 € und für die Zeit ab 1. Januar 2011 von mehr als 145,64 € gefordert werden. Im Übrigen werden die Berufung des Klägers zurück- und seine Klage abgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren trägt die Beklagte ein Viertel. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die bei den Beklagten bestehende Mitgliedschaft und die damit verbundene Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Ferner verlangt er von der Beklagten zu 1) die Herausgabe von Unterlagen über die Versicherung seiner vermeintlichen Ehegattin.

Der 1982 geborene Kläger studierte nach seinen gegenüber den Beklagten unter dem 10. November 2007 gemachten Angaben bis 31. Dezember 2006. Seitdem ist er erwerbslos. Er war bis 31. Dezember 2006 über seine Mutter bei den Beklagten familienversichert. Am 22. November 2007 ging bei den Beklagten die Anzeige des Klägers zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) sowie der Einkommensfragebogen ein. Der Kläger gab ua an, er sei ledig und habe keine Einnahmen. Beigefügt war auch eine Aufenthaltsbescheinigung des Einwohnermeldeamts der Stadt M. vom 24. September 2007, in der der Familienstand des Klägers mit ledig angegeben wurde. Zur Prüfung der Voraussetzungen der Versicherungspflicht vermerkte ein Mitarbeiter der Beklagten in einer internen Checkliste "Neuaufnahme freiwilliges Mitglied", die von zwei Mitarbeitern auszufüllen ist, bei "Versicherung des Ehegatten geklärt (PKV)" handschriftlich "led.". Des Weiteren kreuzte ein Mitarbeiter das Kästchen "ja" und ein weiterer Mitarbeiter das Kästchen "nein" an (vgl Bl 11 der Verwaltungsakte der Beklagten).

Die Beklagten führten den Kläger ab 1. April 2007 als Pflichtversicherten nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI. Die Beklagte zu 1) teilte ihm mit Bescheid vom 18. Januar 2008, der auch im Namen der Beklagten zu 2) erging, mit, er sei ab 1. April 2007 bei ihr versichert. In diesem Bescheid, der - ebenso wie alle nachfolgenden Beitragsbescheide - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, setzte die Beklagte zu 1) den monatlichen Beitrag in der Krankenversicherung auf 119,28 € und in der Pflegeversicherung auf 16,15 € fest. Dabei ging sie von monatlichen Einnahmen von 816,67 € ab 1. April 2007 und 828,33 € ab 1. Januar 2008 (Mindestbemessungsgrundlage) aus. Dies ergibt sich allerdings nur aus dem Inhalt der Verwaltungsakte; im Bescheid wird nicht erläutert, wie der Beitrag berechnet wurde. In dem Einkommensfragebogen vom 27. Mai 2008, bei den Beklagten eingegangen am 28. Mai 2008, gab der Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von jährlich 350,00 € an. Sein Lebensunterhalt werde durch Kost und Wohnung durch die Eltern sichergestellt. Ab 1. Juli 2008 setzten die Beklagten den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung mit 226,07 € und zur Pflegeversicherung mit 34,54 € fest (Bescheid vom 25. Juni 2008). Sie führten aus, da der Kläger auf die Anfrage nach dem aktuellen Einkommen nicht geantwortet habe, schätzten sie sein Einkommen und orientierten sich dabei an der allgemeinen Einkommensentwicklung. Am 4. September 2008 übersandte der Kläger die Bescheinigung der Sparkasse P./C. mit einer Gutschrift aus Wertpapieren zum 5. Juni 2008 in Höhe von 319,56 €. Mit Bescheid vom 8. Oktober 2008 setzten die Beklagten die monatlichen Beiträge des Klägers ab 1. Juli 2008 für die Krankenversicherung auf 119,28 € und in der Pflegeversicherung auf 18,23 € sowie wege...

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