Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Krankenversicherung. zur (Pflege-)Hilfsmittelversorgung bei vollstationärer Unterbringung in Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen. Gitterbett

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Versicherter/eine Versicherte, der/die in einer Einrichtung nach §§ 43a, 71 Abs 4 SGB 11 untergebracht ist, hat keinen Anspruch auf ein "Gitterbett", das dem Schutz des/der Versicherten vor einem Herausfallen aus dem Bett und der damit verbundenen Verletzungsgefahr dienen soll.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. August 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Versorgung mit einem Gitterbett zur Verwendung in einer von der Beigeladenen zu 2) getragenen stationären Pflegeeinrichtung als Sachleistung.

Die am 1990 geborene Klägerin ist Mitglied der beklagten Pflegekasse und der zu 1) beigeladenen Krankenkasse. Sie leidet an Tetrasomie 12 P, dem sogenannten Pallister-Killian-Syndrom, verbunden mit schwerer körperlicher und geistiger Retardierung ohne Sprachentwicklung. Sie robbt zu Hause sitzend auf dem Boden. Gleichzeitig leidet sie an Harn- und Stuhlinkontinenz. Ausweislich des Gutachtens der Pflegefachkraft F.-H., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), vom 15. Oktober 2009 (erstellt nach Begutachtung im häuslichen Umfeld) besteht ein täglicher Hilfebedarf bei den Grundpflegeverrichtungen von 281 Minuten. Von der Beklagten bezieht sie Leistungen der Pflegestufe III. Zu Hause hat sie im Erdgeschoss ein rollstuhlgerecht eingerichtetes Zimmer mit einem Spezial-Pflegebett, das nahezu bis zur Decke reicht und mit einem Gitter sowie mit einem Ein- und Ausstieg am Fußende mit elektrisch verstellbarem Bettrost versehen ist. Für die Versorgung der Klägerin mit diesem Spezial-Pflegebett übernahm die Beklagte Aufwendungen in Höhe von € 6.394,91.

Wegen der geplanten Aufnahme in das “Haus Lebensheimat Wohn- und Therapieheim für Behinderte„ in L., einer Pflegeeinrichtung der Beigeladenen zu 2), wurde der Klägerin von der Arztpraxis Dr. D. und W. unter dem 29. Januar 2010 ein Pflegebett mit höhenverstellbarem Gitter zur Versorgung im Heim verordnet. Einen am 9. Februar 2010 eingereichten Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8. März 2010 ab. Zur Begründung führte sie aus, eine Kostenübernahme scheide aus, da die Ausstattung von Pflegeheimen mit Pflegehilfsmitteln - um ein solches handle es sich hier, da es überwiegend in der Pflege eingesetzt werde - den Pflegeheimen obliege, deren Kosten mit dem Pflegesatz und den Investitionsaufwendungen abgegolten würden.

Mit am 31. März 2010 bei der Beklagten eingegangenem Widerspruch machte die Klägerin geltend, es bestehe eine “Pflicht der Krankenkasse„, das begehrte Krankenbett als Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, unabhängig davon, ob sich der Versicherte dauerhaft in einer Pflegeeinrichtung aufhalte. Das Pflegeheim sei nicht zur Vorhaltung desselben verpflichtet, da es sich nicht um ein Pflegeheim i.S.d. § 71 Abs. 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) handele, sondern um eine stationäre Einrichtung i.S.d. § 71 Abs. 4 SGB XI, und zwar i.S.d. der Eingliederungshilfe für Behinderte nach § 55 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die Klägerin wurde am 1. Mai 2010 in das Wohnheim für Erwachsene mit geistiger oder Mehrfachbehinderung in L. (Wohngemeinschaft D.), die über zwölf Plätze verfügt, aufgenommen. Dort hält sie sich seither regelmäßig unter der Woche auf; für Urlaube und in der Regel an den Wochenenden kehrt sie nach Hause zu ihren Eltern zurück. Die Beklagte übernimmt monatlich € 256,00 der Aufwendungen.

Die Einrichtung der Beigeladenen zu 2) bestätigte der Beklagten mit Schreiben vom 27. Mai 2010 die Angaben der Klägerin. Es legte der Beklagten seine Leistungsvereinbarung mit dem Sozialhilfeträger, dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, samt der dazugehörenden Leistungsbeschreibung vor. In der Einrichtung würden 78 erwachsene Menschen mit einer geistigen Behinderung betreut, wobei lediglich zwei Personen schwerstpflegebedürftig seien.

Ausweislich der anschließend beauftragten Fachärztin für Innere Medizin E. des MDK vom 21. Juli 2010 erfolgt die Pflege der Klägerin nicht überwiegend im Bett. Die Klägerin sei nicht überwiegend bettlägerig. Im Auftrag der Beklagten fertigte Dr. C. vom MDK unter dem 30. Juli 2010 ein Gutachten nach Aktenlage. Er legte dar, die Klägerin habe mittlerweile gelernt, mit persönlicher Unterstützung an einem Rollator zu gehen, ansonsten sei sie rollstuhlpflichtig; den Rollstuhl könne sie jedoch nicht selbstständig fortbewegen. Die Versorgung mit einem Pflegebett und entsprechender Begitterung sei nachvollziehbar; für die Versorgung mit einem zweiten Pflegebett ergebe sich jedoch keine medizinische Begründung.

Auf Anfrage der Beklagten teilte ein Mitarbeiter der Wohngemeinschaft D. am 11. Januar 2011 mit, das behindertenge...

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