Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsvereinbarung. Rechtmäßigkeit eines Ersetzungsbescheides. Anforderungen an den Inhalt, die Bestimmtheit und die Begründung

 

Orientierungssatz

1. In den Verwaltungsakt nach § 15 Abs 1 S 6 SGB 2, der eine nicht zustande gekommene Eingliederungsvereinbarung ersetzt, sind sämtliche Regelungen der beabsichtigten Eingliederungsvereinbarung möglichst verbindlich und konkret aufzunehmen, insbesondere welche der in § 16 SGB 2 aufgeführten Eingliederungsleistungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige erhält, welche Eigenbemühungen in welcher Intensität und Quantität dem Hilfebedürftigen obliegen und in welcher Form er diese nachweisen muss. Dabei sind die Vorschriften des § 15 Abs 1 S 3 bis 5 SGB 2, ua über den Zeitraum, für den eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden soll, zu beachten.

2. Die Regelungen des Ersetzungsbescheides sind regelmäßig ausreichend bestimmt iS des § 33 SGB 10, wenn die Fördermaßnahmen zunächst allgemeiner formuliert werden und angebotene Leistungen zB von der vorherigen Beantragung abhängig gemacht werden.

3. Als vereinbarungsfähige Leistungen zur Eingliederung kommen aufgrund § 53 Abs 2 SGB 10 nur solche in Betracht, die im Ermessen des Trägers stehen, auf die also kein Rechtsanspruch besteht. Dabei kann offen bleiben, ob die Aufführung von (Dienst-)Leistungen im Ersetzungsbescheid, auf die ein Rechtsanspruch besteht, zur Rechtswidrigkeit des Ersetzungsbescheides führt, wenn eine Rechtsverletzung oder materiell-rechtliche Beschwernis nicht ersichtlich ist.

4. Ein Ersetzungsbescheid nach § 15 Abs 1 S 6 SGB 2 ist auch dann ausreichend begründet iS des § 35 SGB 10, wenn der Grundsicherungsträger im Bescheid nicht einzeln ausführt, was ihn bewogen hat, die jeweiligen Regelungen zu treffen. Mit Blick auf § 35 Abs 2 Nr 2 SGB 10 reicht es aus, wenn - wie hier - dem Hilfebedürftigen der dem Verwaltungsakt zu Grunde liegende Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung sowohl vorab ausgehändigt als auch mit ihm besprochen wurde und somit die Gründe der Entscheidung in solcher Weise und in solchem Umfang bekanntgegeben wurden, dass er seine Rechte sachgemäß verteidigen kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.02.2013; Aktenzeichen B 14 AS 195/11 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine durch Verwaltungsakt erfolgte Eingliederungsvereinbarung.

Der 1964 geborene Kläger steht seit Juli 2006 im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 02.01 .2008 (Bl. 308 d. Bekl.-Akt.) bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2008 in Höhe von monatlich 376,45 €. Diesen Bescheid änderte die Beklagte mit Bescheid vom 04.02.2008 ab und bewilligte dem Kläger für den betreffenden Zeitraum nunmehr Leistungen in Höhe von monatlich 584,45 € (Bl. 322 d. Bekl.- Akt.).

Nachdem sich der Kläger geweigert hatte, eine von der Beklagten am 11.02.2008 vorformulierte Eingliederungsvereinbarung (Bl. 336 d. Bekl.-Akt.) zu unterschreiben, erließ die Beklagte mit Bescheid vom 19.02.2008 (Bl. 368 d. Bekl.-Akt.) eine für die Zeit vom 19.02. bis 31.12.2008 geltende Eingliederungsvereinbarung. Hierin erklärte sie sich unter anderem bereit, den Kläger bei seinen Bewerbungsaktivitäten zu unterstützen, ihm Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten, sobald eine geeignete Stelle bei ihr vorhanden sei, ihn in ihr Bewerberangebot im virtuellen Arbeitsmarkt aufzunehmen und ihn bei seinen Bewerbungsbemühungen durch finanzielle Leistungen zu unterstützen, wobei sie ihn bat, die Leistung rechtzeitig vor Anspruchsentstehung zu beantragen. Zudem bot sie ihm Leistungen zur Aufnahme einer Arbeit (Mobilitätshilfen gemäß § 53 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 16 Abs. 1 SGB II) an und bat ihn, diese Leistung rechtzeitig vor Anspruchsentstehung zu beantragen. Darüber hinaus bot sie eine Arbeitsgelegenheit (“Ein-Euro-Job„) an; der Kläger werde rechtzeitig eine Einladung bzw. einen Vermittlungsvorschlag erhalten, sobald ihr eine entsprechende Arbeitsgelegenheit vorliege. Ihm werde “eventuell„ noch ein Angebot zur außerbetrieblichen Trainingsmaßnahme unterbreitet. Demgegenüber verpflichtete die Beklagte den Kläger, sich intensiv und initiativ bei mindestens einem Arbeitgeber wöchentlich zu bewerben, seine Bewerbungsaktivitäten schriftlich festzuhalten und monatlich oder zum nächsten Vermittlungsgespräch bei ihr unaufgefordert vorzulegen. Der Kläger habe sich bei Zeitarbeitsfirmen, auch auf geringfügige Beschäftigungen (Mini-/Midi-Jobs) zu bewerben, regelmäßig zur Stellensuche das Internet, die Gelben Seiten und die Tageszeitung zur aktiven Stellensuche zu nutzen, Kontakt zu einem privaten Arbeitsvermittler aufzunehmen, Arbeitgebern gezielt die Möglichkeit einer betrieblichen Trainingsmaßnahme anzubieten und ihr das Ergebnis unverzüglich mi...

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