Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Einkommensermittlung. nichtselbstständige Erwerbstätigkeit. Berücksichtigung von quartalsweisen Provisionen. Neuregelung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG sowie der LStR 2015. sonstige Bezüge. laufender Arbeitslohn. vierteljährlicher Teilbetrag. Vorbehalt des Gesetzes gegenüber Verwaltungsvorschrift

 

Leitsatz (amtlich)

Provisionen, die neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen gezahlt werden, sind auch nach der ab 1.1.2015 geltenden Fassung von § 2c Abs 1 S 2 BEEG (Geburt des Kindes: 20.8.2015) als laufender Arbeitslohn bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen. Dem steht die ebenfalls ab 1.1.2015 erfolgte Neufassung von R 39b 2 Abs 2 der Lohnsteuerrichtlinien (juris: LStR 2015) nicht entgegen. Es widerspricht dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, wenn zur Regelung der Höhe des Elterngeldes in Form einer dynamischen Verweisung auf norminterpretierende Verwaltungsvorschriften verwiesen wird.

 

Orientierungssatz

1. Die Argumentation des BSG, dass es an einem sachlich gerechtfertigten Anknüpfungspunkt für die Nichtberücksichtigung von Quartalsprovisionen in der Elterngeldberechnung fehlt, gilt auch weiterhin (vgl BSG vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R = BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25).

2. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundessozialgerichts: Nachdem die Klage vor dem BSG zurückgenommen wurde, ist dieses Urteil sowie das vorinstanzliche Urteil des SG wirkungslos.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.05.2016 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 21.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.10.2015 verurteilt, der Klägerin Elterngeld für die Zeit vom 20.08.2015 bis 19.11.2016 unter Berücksichtigung zusätzlicher Einnahmen iHv 10.516,98 € zu zahlen.

Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruchs auf Elterngeld.

Die 1984 geborene Klägerin ist verheiratet und Mutter des 2013 geborenen H. sowie des am 2015 geborenen M. (im Folgenden: M). Sie ist seit 01.04.2014 als angestellte Zahnärztin beschäftigt. Nach § 4 des Anstellungsvertrags erhält sie ein umsatzorientiertes Gehalt von 27% vom erzielten zahnärztlichen Honorar (ohne Laborumsatz), mindestens jedoch 2.000 €. Die Abrechnung erfolgt quartalsweise. Als Abschlag wird monatlich eine Zahlung von 2.000 € vereinbart. Wenn sich die wöchentliche Arbeitszeit (von anfangs 25 Wochenstunden) erhöht, wird der monatliche Abschlag nach Absprache ebenfalls angepasst. Auf dieser Grundlage erhielt die Klägerin monatliches Bruttogehalt für Juli und August 2014 iHv 2.000 €, für September bis Dezember 2014 iHv 2.800 € und für Januar bis Juni 2015 (bei Bestehen eines Beschäftigungsverbots) iHv 4.213,18 €. Außerdem erfolgten quartalsweise Nachzahlungen mit den Gehaltszahlungen für September 2014 iHv 6.277,45 € und Januar 2015 iHv 4.239,53 €. Mutterschaftsgeld iHv 13 € und einen Arbeitgeberzuschuss hierzu iHv 71,04 € kalendertäglich erhielt die Klägerin in der Zeit vom 05.07. bis 15.10.2015. In der Zeit nach der Geburt von M erhielt sie nach eigenen Angaben keine Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.

Auf Antrag vom 02.09.2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 21.09.2015 Basiselterngeld für den 1. Lebensmonat von M iHv 0 €, für den 2. Lebensmonat iHv 190,01 €, für die Lebensmonate 3 bis 9 iHv jeweils 1.425,09 € sowie Elterngeld Plus für die Lebensmonate 10 bis 11 iHv 712,55 € und für die Lebensmonate 12 bis 15 iHv 647,77 € (Wegfall des Geschwisterbonus). Hierbei rechnete die Beklagte für die ersten beiden Lebensmonate Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss hierzu auf das Elterngeld an. Bei der Einkommensermittlung legte sie im Bemessungszeitraum 01.07.2014 bis 30.06.2015 das laufend gezahlte Gehalt aus der Beschäftigung (insgesamt 40.479,08 €), nicht jedoch die mit dem Gehalt für September 2014 und Januar 2015 ausgezahlten Umsatzbeteiligungen zugrunde.

Mit Widerspruch vom 25.09.2015 machte die Klägerin geltend, nach dem Anstellungsvertrag sei ihr gesamtes Gehalt „umsatzbeteiligt“. Die nachgezahlten Umsatzbeteiligungen müssten daher bei der Bemessung des Elterngelds Berücksichtigung finden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, maßgebend seien die Einkünfte im Bemessungszeitraum 01.07.2014 bis 30.06.2015. Bei den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit würden die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandelnden Einnahmen bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt. Die Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen erfolge durch den Arbeitgeber auf der Grundlage der Lohnsteuerrichtlinien (R 39b.2). Nach den vorliegenden Gehaltsabrechnungen habe die Klägerin...

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