Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Einkommensermittlung. nichtselbstständige Erwerbstätigkeit. Berücksichtigung von quartalsweisen Provisionen. Neuregelung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG sowie der LStR 2015. sonstige Bezüge. laufender Arbeitslohn. vierteljährlicher Teilbetrag. Vorbehalt des Gesetzes gegenüber Verwaltungsvorschrift

 

Leitsatz (amtlich)

Provisionen, die neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen gezahlt werden, sind auch nach der ab 1.1.2015 geltenden Fassung von § 2c Abs 1 Satz 2 BEEG (Geburt des Kindes: 10.5.2015) als laufender Arbeitslohn bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen. Dem steht die ebenfalls ab 1.1.2015 erfolgte Neufassung von R 39b 2 Abs 2 der Lohnsteuerrichtlinien (juris: LStR 2015) nicht entgegen. Es widerspricht dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, wenn zur Regelung der Höhe des Elterngeldes in Form einer dynamischen Verweisung auf norminterpretierende Verwaltungsvorschriften verwiesen wird.

 

Orientierungssatz

Die Argumentation des BSG, dass es an einem sachlich gerechtfertigten Anknüpfungspunkt für die Nichtberücksichtigung von Quartalsprovisionen in der Elterngeldberechnung fehlt, gilt auch weiterhin (vgl BSG vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R = BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.12.2017; Aktenzeichen B 10 EG 4/17 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24.03.2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruchs auf Elterngeld.

Die 1986 geborene Klägerin ist verheiratet und Mutter des 2015 geborenen T. G. K. (im Folgenden: T). Sie ist seit 15.04.2010 bei der 1. M. & Me. GmbH als “Junior Online-Marketing-Manager„ versicherungspflichtig beschäftigt. Nach § 4 Abs 1 des Anstellungsvertrags erhält sie neben einem monatlichen Festgehalt einen erfolgsabhängigen variablen Gehaltsanteil im Quartal von 1.170 € brutto (zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses) bei 100% Zielerreichung. In der Zeit vom 01.03.2014 bis 28.02.2015 erzielte die Klägerin Einnahmen aus dem Festgehalt iHv 39.175 € brutto und aus den im April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015 ausgezahlten Provisionen iHv insgesamt 6.808,80 € brutto. In der Zeit vom 25.03. bis 05.07.2015 bezog sie Mutterschaftsgeld iHv 13 € und einen Arbeitgeberzuschuss iHv 63,02 € kalendertäglich. Im ersten Lebensjahr von T übte die Klägerin nach eigenen Angaben keine Erwerbstätigkeit aus.

Auf Antrag vom 28.07.2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 1. Lebensmonat von T iHv 0 €, für den 2. Lebensmonat iHv 163,97 € und für die Lebensmonate 3 bis 12 iHv jeweils 1.229,79 € (Bescheid vom 17.08.2015). Hierbei rechnete die Beklagte für die ersten beiden Lebensmonate Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss hierzu auf das Elterngeld an. Bei der Einkommensermittlung legte sie das Grundgehalt aus der Beschäftigung, nicht jedoch die Provisionszahlungen zugrunde.

Mit Widerspruch vom 10.09.2015 wandte sich die Klägerin gegen die fehlende Berücksichtigung der Quartalsprovisionen. Es handele sich um einen festen, regelmäßigen Gehaltsbestandteil, der bei der Bemessung des Elterngeldes Berücksichtigung finden müsse (unter Hinweis auf Bundessozialgericht ≪BSG≫ 26.03.2014, B 10 EG 7/13 R). Nach der Regelung in § 4.1 des Arbeitsvertrags handele es sich bei der Quartalsprovision um laufenden Arbeitslohn gemäß § 39b Abs 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) und nicht um einen sonstigen Bezug iSv § 39b Abs 3 EStG. Die Provisionszahlungen hätten daher nach § 2c Abs 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden müssen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, maßgebend seien die Einkünfte im Bemessungszeitraum 01.03.2014 bis 28.02.2015. Bei Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit würden die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandelnden Einnahmen bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt. Die Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen erfolge durch den Arbeitgeber auf der Grundlage der Lohnsteuerrichtlinien (R 39b 2). Die Urteile des BSG vom 26.03.2014 bezögen sich auf § 2c Abs 1 Satz 2 BEEG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung und seien auf die Neufassung nicht mehr anwendbar. Für die Zeit ab 01.01.2015 sei maßgeblich für die Frage der Nichtanrechnung von sonstigen Bezügen allein die steuerliche Behandlung durch den Arbeitgeber nach den lohnsteuerlichen Vorgaben.

Hiergegen richtet sich die am 15.10.2015 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage. Bereits aus dem Wortlaut der ab 01.01.2015 geltenden Fassung des § 2c Abs 1 Satz 2 BEEG ergebe sich, dass für die Bemessung des Elterngelds darauf abzustellen s...

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