Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Krankengeld. keine Absetzung des Freibetrages bei Erwerbstätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Krankengeld stellt kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit dar. Deshalb sind bei der Anrechnung als Einkommen hiervon keine Freibeträge nach §§ 11 Abs 2 S 2, 30 SGB 2 abzusetzen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.09.2011; Aktenzeichen B 4 AS 180/10 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2009 abgeändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. November wird insoweit aufgehoben, als darin die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.Oktober 2008 bis 31. Oktober 2008 aufgehoben worden ist.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt ein Sechstel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab dem 01.10.2008 sowie die Ablehnung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.12.2008 bis 14.04.2009 streitig.

Die 1958 geborene Klägerin ist seit dem 15.06.1998 beim Städtischen Klinikum Karlsruhe versicherungspflichtig beschäftigt mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 967,87 € bzw. einem Nettoarbeitsentgelt von 755,13 €. Mit dem Entgelt für den Monat November 2008 erhielt sie eine Jahressonderzahlung i.H.v. 861,77 € brutto. Daneben bezog die Klägerin seit dem 01.01.2005 ergänzende Leistungen nach dem SGB II. Sie hat für ihre Wohnung eine Warmmiete in Höhe von 304,00 € monatlich zu entrichten.

Mit Bescheid vom 25.06.2008 bewilligte ihr die Beklagte Leistungen nach dem SGB II für den Monat Juli 2008 in Höhe von 105,77 € und für die Monate August bis November 2008 in Höhe von monatlich 107,77 €.

Nachdem die Klägerin eine Einkommensbescheinigung vorgelegt hatte, wonach sie ein monatliches Nettoarbeitsentgelt von 755,13 € sowie Einmalzahlungen in den Monaten Juli und November 2008 erhalte, und nach Vorlage der Entgeltabrechnung für Juli 2008 hob die Beklagte mit Bescheid vom 19.08.2008 die Bewilligung für den Monat Juli 2008 auf und bewilligte ihr für die Zeit vom 01.08.2008 bis 30.11.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 114,94 €. Vom Gesamtbedarf der Klägerin in Höhe von monatlich 634,97 € (Regelleistung 351,00 €, Kosten für Unterkunft und Heizung 283,97 €) setzte sie ein zu berücksichtigendes Einkommen von 520,03 € ab, das sie wie folgt berechnete:

Netto-Erwerbseinkommen monatlich

781,86 €

Freibetrag

 - 231,83 €

zu berücksichtigendes Erwerbseinkommen

550,03 €

Einkommensbereinigung:

 - 30,00 €

zu berücksichtigendes Gesamteinkommen

520,03 €

Ab dem 05.07.2008 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Am 27.08.2008 teilte sie der Beklagten mit, sie werde am 28.08.2008 operiert und könne danach zunächst nur mit Krücken gehen. Beigefügt war ein Schreiben ihrer Krankenkasse, wonach sie ab dem 16.08.2008 für die Dauer ihrer Arbeitsunfähigkeit Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 21,87 € erhalte.

Mit Schreiben vom 27.08.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Leistungen würden weiterhin vorerst ohne Bescheid ausbezahlt. Damit ein Bescheid erlassen werden könne, werde noch die Lohnabrechnung für August benötigt. Weiter wurde die Klägerin um Mitteilung gebeten, sobald das Krankengeld ende.

Den am 27.10.2008 gestellten Antrag der Klägerin auf Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II, in welchem sie angab, am 14.10.2008 Wohngeld beantragt zu haben, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.10.2008 ab mit der Begründung, die Klägerin sei nicht mehr hilfebedürftig im Sinne des SGB II. Ihrem Gesamtbedarf in Höhe von monatlich 634,97 € stehe ein zu berücksichtigendes Gesamteinkommen von 654,07 € gegenüber.

Mit weiterem Bescheid vom 29.10.2008 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab 01.10.2008 gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ganz auf mit der Begründung, die Klägerin habe ab Oktober 2008 einen Anspruch auf Wohngeld. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sei sie nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II.

Den gegen beide Bescheide eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2008 zurück. Zur Begründung führte sie aus, es sei eine wesentliche Änderung dadurch eingetreten, dass die Klägerin spätestens seit 01.10.2008 im laufenden Bezug von Krankengeld stehe. Die Klägerin habe einen Gesamtbedarf von monatlich 634,97 € (Regelleistung 351,00 €, Kosten der Unterkunft/Heizung ohne Energieaufwand für Warmwasser 283,97 €). Diesem Bedarf stehe als Einkommen gegenüber:

a) Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld (1/12 - anzurechnen

gemäß § 2 Abs. 4 Alg II-V)

56,61 €

./. Freibeträge nach §§ 11, 30 SGB II

inkl. Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 €

56,61 €

0,00 €

b) Krankengeld

 656,10 €

Gesam...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge