Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Teilnahmemöglichkeit der Belegschaft. Beteiligungsquote. weibliches Belegschaftsmitglied. Fußballturnier)

 

Orientierungssatz

Auch ein Fußballturnier kann in Abhängigkeit der sonstigen Umstände eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung beziehungsweise ein Teil einer solchen sein.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. Oktober 2000 und der Bescheid der Beklagten vom 3. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2000 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Zustand nach Kniegelenkstrauma rechts Folge des Arbeitsunfalls vom 10. Juli 1999 ist.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers aus sämtlichen Rechtszügen zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger am 10. Juli 1999 einen von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall erlitten hat.

Der 1978 geborene Kläger war im Jahre 1999 bei der Firma J. L. V.-S. GmbH + Co.KG beschäftigt. Diese Firma gehört zu der P. & M.-Gruppe Großhandel AG in K., der weitere Niederlassungen in K., O., F., M., T., R., S. und D. angehören.

Zum 31. Dezember 1999 hatte der ehemalige Arbeitgeber des Klägers 82 und die P. & M. - Gruppe 1.072 Mitarbeiter, wobei der Anteil weiblicher Belegschaftsmitglieder ca. ein Drittel betrug. Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers unterhielt keine feste Betriebssportgemeinschaft. Zur Stärkung des “Wir-Gefühls„ veranstaltet die Firmenmutter in unregelmäßigen Abständen Turniere an verschiedenen Orten, so am 10. Juli 1999 Fußball und auf Wunsch der Belegschaftsmitglieder in den Folgejahren Volleyball. Zu diesen Ereignissen werden von der Firmenmutter alle angehörigen Firmen eingeladen; die Teilnahme ist freiwillig. Die Angehörigen der einzelnen Niederlassungen werden durch Aushang im jeweiligen Betrieb hierüber informiert. Die aktive Teilnahme weiblicher Belegschaftsmitglieder zu dem am 10. Juli 1999 veranstalteten Fußballturnier war nicht ausgeschlossen. Die einzelnen Firmenmannschaften werden gemeldet; die Zugehörigkeit zu einer Betriebsmannschaft ist ebenfalls freiwillig. Die Kosten der Veranstaltung werden von den teilnehmenden Firmen getragen. Teilnahmeberechtigt sind nur Mitarbeiter, nicht jedoch auch deren Angehörige. Bei dem Fußballspiel am 10. Juli 1999 auf dem Sportplatz in H., an dem der Kläger in der Mannschaft seines Betriebes teilnahm, handelte es sich um die erste solche Gemeinschaftsveranstaltung der Firmenmutter, die von der Niederlassung in F. ausgerichtet wurde und bei der ein Pokal ausgesetzt war. Mit Ausnahme einer Niederlassung waren alle anderen Niederlassungen durch eine Mannschaft mit je 10 Spielern inklusive Auswechselspieler vertreten. Dabei waren - von der Muttergesellschaft nicht absehbar - ausschließlich männliche Belegschaftsmitglieder aktiv. Ca. weitere 100 Mitarbeiter der P. & M.-Gruppe waren als Zuschauer anwesend. Ca. ein Drittel der Zuschauer waren weibliche Belegschaftsmitglieder. Das Turnier begann um 11:00 Uhr und wurde offiziell um 18:00 Uhr für beendet erklärt. Den ganzen Tag über gab es Essen und Trinken und es wurde auch gegrillt. Die Veranstaltung endete um 21:30 Uhr. Von der Niederlassung des Klägers nahmen neben den 10 Turnierteilnehmern noch etwa 6 Mitarbeiter als Zuschauer an der Veranstaltung teil. Die Hin- und Rückfahrt erfolgte mit Privat-Pkws. Im Zeitpunkt der Abfahrt war den Mitarbeitern nicht bekannt, wie viele Angehörige der anderen Niederlassungen an der Veranstaltung als Spieler oder Zuschauer teilnehmen würden. Bei den sei dem Jahr 2001 auf Wunsch der Belegschaftsmitglieder jährlich von den verschiedenen Niederlassungen ausgerichteten Volleyballturnieren beteiligen sich ca. ein Drittel weibliche Belegschaftsmitglieder aktiv.

Im Rahmen des am 10. Juli 1999 veranstalteten und von der F. Niederlassung ausgerichteten Fußballturniers zog sich der Kläger während eines Fußballspiels eine Kniedistorsion rechts zu, deretwegen er am 11. Juli 1999 den Durchgangsarzt und (Unfall-)Chirurgen Dr. Dr. T., aufsuchte (Durchgangsarztbericht vom 11. Juli 1999). Der den Kläger behandelnde Orthopäde Dr. F. diagnostizierte am 12. Juli 1999 eine mediale Meniskopathie am rechten Knie mit Verdacht auf ACL-Läsion und eine laterale Meniskopathie mit ACL-Ruptur (Arztbrief vom 12. Juli 1999) bzw. eine mediale Meniskopathie rechts mit Verdacht auf ACL-Läsion (weiterer Arztbrief vom 12. Juli 1999). Die zunächst angegangene Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft gab den Vorgang an die zuständige Beklagte ab, die die Behandlungskosten übernahm. Die Beklagte holte von der DAK V.-S. das Vorerkrankungsverzeichnis vom 9. August 1999, die Angaben des Klägers vom 11. August 1999 und die Auskunft des Arbeitgebers des Klägers vom 30. August 1999 ein.

Nach Abschluss der medizinischen Ermittlungen hörte die Beklagte ihren Beratenden Arzt Dr. J., der unter dem 3. November 1999 aus...

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