Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsmaßstab. Sicherungseinbehalt

 

Orientierungssatz

Zur Rechtmäßigkeit eines durch eine Kassenärztliche Vereinigung vorgenommenen Sicherungseinbehalts im Rahmen des Honorarverteilungsmaßstabes.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.10.2009; Aktenzeichen B 6 KA 56/08 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Juli 2006 die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Klage gegen den Bescheid vom 7. Mai 2008 wird ebenfalls abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren L 5 KA 4245/06 wird auf 754.567,01 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte eine mit Honorarbescheid vom 15. Januar 2001 festgestellte Nachzahlung in Höhe 754.567,01 € in der Vergangenheit zu Recht zur Sicherung eigener Ansprüche einbehalten hat und zukünftig noch weiter einbehalten darf.

In dem Quartal 3/00 nahmen Dr. R (Dr. R.) und Dr. K (Dr. K.) in Gemeinschaftspraxis als Fachärzte für Laboratoriumsmedizin mit Sitz in E an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten teil.

Mit Honorarbescheid vom 15. Januar 2001 setzte die damalige Kassenärztliche Vereinigung Nordbaden, Rechtsvorgängerin der Beklagten, für das Quartal 3/00 das Honorar der Klägerin, der Gemeinschaftspraxis Dr. R. und Dr. K., auf 6.712.671,52 DM fest.

Hiergegen erhob die Klägerin über ihre damalige Bevollmächtigte Widerspruch mit der Begründung, die Beklagte habe ihnen zu Unrecht eine Nachvergütung für Laborleistungen aus den Quartalen 3/99 und 4/99 entgegen dem Inhalt des dem Honorarabrechnungsbescheid beigelegten Merkblattes nicht gewährt. Nach einer telefonischen Auskunft der damaligen KV Nordbaden hätten andere Ärzte diese Nachvergütung erhalten. Der Grund, warum dies bei ihnen nicht erfolgt sei, sei jedoch nicht bekannt. Außerdem habe die Beklagte zu Unrecht eine Nachvergütung für die Leistungen der Präventions-Schutzimpfungen bei Versicherten im Ersatzkassenbereich im Jahr 1998 nicht vorgenommen. Auch dies habe die Beklagte im Merkblatt für die Abrechnung im Quartal 3/00 zugesichert. Soweit sie diese Nachvergütung bei der Abrechnung für das Quartal 4/00 habe berücksichtigen wollen, bestehe hierfür kein stichhaltiger Grund. Darüber hinaus wandte die Klägerin in einer umfangreichen Begründung ein, eine angemessene Honorierung ihrer ärztlichen Tätigkeit sei aufgrund der Vorschriften des "Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen" (EBM) nicht mehr gewährleistet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2003 wies der Vorstand der damaligen KV Nordbaden, Rechtsvorgängerin der Beklagten, den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, er habe in seiner Sitzung vom 12. Oktober 2000 beschlossen, die auf die Klägerin entfallenden Nachvergütungen für Laborleistungen aus den Quartalen 3/99 und 4/99 in Höhe von 1.587.293,95 DM und weiteren 1.058,630,40 DM nicht auszubezahlen, da von Seiten der KV und der Prüfgremien fortlaufend noch Forderungen gegenüber den Klägern begründet würden. Die Nachvergütung für Leistungen der Prävention/Schutzimpfungen für Versicherte im Ersatzkassenbereich für das Quartal 4/98 sei mit der Honorarabrechnung für das Quartal 4/00 erfolgt. Insoweit habe sich der Widerspruch der Klägerin erledigt. Im Übrigen habe die Beklagte die Abrechnungen nach den gültigen Bestimmungen des EBM, der Bundesmantelverträge und ihres Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) erstellt.

Hiergegen hat die Klägerin am 8. Oktober 2003 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, die Beklagte habe ohne Angabe triftiger, nachvollziehbarer Gründe eine Nachvergütung für Laborleistungen aus den Quartalen 3/99 und 4/99 einbehalten. Soweit sie im Widerspruchsbescheid auf fortlaufende Forderungen ihrerseits sowie der Prüfgremien gegen die Klägerin abstelle, sei bereits nicht ersichtlich, um welche Forderungen es sich insoweit handele. Es gäbe auch im Übrigen keine Rechtsgrundlage für Honorareinbehalte in einem Umfang von etwa 10 Millionen DM. Im Übrigen wiederholten sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und machten noch ergänzend geltend, § 9 Buchst. e HVM biete für den Einbehalt von Nachvergütungen hier keine Rechtsgrundlage, denn unter Berücksichtigung der weitreichenden Folgen einer solchen Regelung für jede Praxis enthalte § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) keine Ermächtigungsgrundlage. § 9 Buchst. e HVM stelle einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar, diese Regelung ermächtige die Beklagte im Ergebnis zu einem zeitlich unbegrenzten Einbehalt fälliger Honorare in unbegrenzter Höhe für zudem nicht spezifizierte Gegenforderungen. Dies könne für die betroffene Praxis existenzbedrohende Wirkung haben. Außerdem sei es insoweit unverhältnismäßig, wenn sich die Beklagte hierauf berufe, denn wenn überhaupt sei unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhält...

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