nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 17.12.2002; Aktenzeichen S 9 RJ 1875/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Vorverfahrenskosten.

Die Beklagte gewährte dem am 1937 geborenen Kläger mit Bescheid vom 10.03.2000 ab 01.03.2000 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Im Oktober 2001 beantragte der Kläger unter Vorlage von Arbeitsbescheinigungen die ungekürzte Berücksichtigung der in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten. Mit Bescheid vom 15.11.2001 stellte die Beklagte unter Rücknahme des Bescheides vom 10.03.2000 die Rente neu fest, wobei die Zeiten ab 13.04.1961 als nachgewiesene Beitragszeiten ungekürzt anerkannt, für die nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannten Zeiten jedoch nur 60% der maßgeblichen Entgeltpunkte berücksichtigt wurden (Faktor 0,6). Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch wandte sich der nunmehr durch einen Rentenberater vertretene Kläger gegen die Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG (Kürzung der Entgeltpunkte für die FRG-Beitragszeiten auf 60%) und beantragte unter Hinweis auf die beim Bundesverfassungsgericht bereits anhängigen Vorlageverfahren die Anordnung des Ruhens des Verfahrens zu beschließen. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 15.01.2002 mit, dass der Widerspruch bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurückgestellt werde.

Mit Bescheid vom 23.01.2002 wandelte die Beklagte die Rente antragsgemäß ab 01.01.2002 in eine Altersrente für langjährig Versicherte um. Die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung enthielt den Hinweis, dass gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden könne. Dies tat der Kläger über seinen bisherigen Bevollmächtigten mit der gleichen Begründung wie gegen den Bescheid vom 15.11.2001.

Die Beklagte teilte dem Bevollmächtigten mit Schreiben vom 11.02.2002 mit, dass der Bescheid vom 23.01.2002 Gegenstand des ruhenden Widerspruchsverfahrens geworden sei. Diese Regelung trete unabhängig von der fälschlich ausgewiesenen Rechtsmittelbelehrung ein. Der erneut eingelegte Widerspruch sei damit unzulässig.

Der Kläger erklärte daraufhin seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.01.2002 in der Hauptsache für erledigt und bat um Kostengrundentscheidung (§ 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X -).

Die Beklagte lehnte die Übernahme von Kosten für die Vertretung im Widerspruchsverfahren mit der Begründung ab, der Widerspruch sei unzulässig gewesen (Bescheid vom 08.03.2002).

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, die Beklagte habe den Widerspruch selbst zugelassen. Es sei Sache der Behörde, den angefochtenen Bescheid zu einem Einbeziehungsbescheid zu machen. Da dieses Ziel durch den Widerspruch angestrebt und auch erreicht worden sei, seien die zweckentsprechenden Kosten der Rechtsverfolgung zu übernehmen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Ein unzulässiger Widerspruch könne nicht erfolgreich i.S. von § 63 SGB X sein. Der Bescheid vom 23.01.2002 sei wegen des ruhenden Verfahrens bezüglich der Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kraft Gesetzes Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden. Hierzu habe es keiner besonderen Ausführungen im Bescheid bzw. in der Rechtsbehelfsbelehrung bedurft. Im übrigen liege auch in der Sache kein erfolgreicher Widerspruch vor. Nach § 66 Abs. 2 SGG verlängere eine fehlende oder unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung die Frist für Widerspruch und Klage von einem Monat auf ein Jahr. Der Kläger sei somit durch die unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung nicht beschwert, sondern eher begünstigt.

Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung trug er im wesentlichen vor, die Beklagte verkenne das auch im Sozialrecht herrschende Veranlassungsprinzip. Es könne für den Versicherten durchaus risikohaft sein, eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung unbeanstandet zu lassen. Die von der Beklagten gewählte Rechtsbehelfsbelehrung vermittle zunächst den Eindruck, dass ein eigenständiger Regelungsgehalt getroffen worden sei, der selbständig angefochten werden könne. Es sei in solchen Fällen sowohl aus Versichertensicht als auch aus dem Blickwinkel eines zur Wahrung des sicheren Weges verpflichteten Bevollmächtigten geboten, zunächst Widerspruch gegen einen solchen die Widerspruchserhebung ausdrücklich zulassenden Bescheid zu erheben. Die Rechtspraxis der Beklagten verstoße weiter gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, der widersprüchliches Verhalten verbiete.

Die Beklagte hielt an ihrer im Widerspruchsbescheid vertretenen Auffassung fest.

Mit Urteil vom 17.12.2002, der Beklagten zugestellt am 13.02.2003, hob das SG den Bescheid vom 08.03.2002 in der Fassung des Widersp...

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