Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruchsinhaber der sonstigen Leistungen nach § 31 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 6. Anfechtung einer ablehnenden Entscheidung durch das Kind des Versicherten. Sachleistung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anspruch auf stationäre Heilbehandlung für Kinder ua von Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 31 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 6 (Kinderrehabilitation) ist ein Anspruch des Versicherten selbst; das Kind des Versicherten ist nicht aktivlegitimiert. Wendet sich nur das Kind gegen eine ablehnende Entscheidung des Rentenversicherungsträgers, werden die an den Versicherten gerichteten Bescheide bestandskräftig.

2. Verpflichtet das Sozialgericht den Rentenversicherungsträger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, eine Kinderrehabilitation in einer bestimmten Einrichtung zu erbringen, und führt das Kind diese Rehabilitation ohne Zutun des gegen seine Verpflichtung Beschwerde einlegenden Rentenversicherungsträgers durch, ist das ursprüngliche Ziel, eine Sachleistung zu erhalten, nicht mehr zu erreichen, weil die Rehabilitation selbst beschafft wurde.

 

Normenkette

SGG § 86b Abs. 2 S. 2, § 177; SGB VI § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 1; SGB IX § 15

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.07.2014 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Verpflichtung der Antragsgegnerin, dem Antragsteller im Rehabilitationszentrum E. / Ö. eine stationäre Kinderrehabilitation zu gewähren.

Der Vater des am … 1997 geborenen Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin versichert (künftig: Versicherter). Beim Antragsteller wurde im Jahre 2000 eine Nierentransplantation durchgeführt, wobei in der Folge verschiedene Komplikationen auftraten (u.a. eine chronische Transplantatdysfunktion). Bereits im Jahre 2009 wurde die Antragsgegnerin vom Sozialgericht Reutlingen im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes zur Gewährung einer stationären Kinderrehabilitation im Rehabilitationszentrum E. /Ö. verpflichtet.

Auf den Antrag des Versicherten auf Leistungen zur Rehabilitation für den Antragsteller bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 06.03.2014 eine stationäre Kinderrehabilitation für die Dauer von vier Wochen in der Klinik B. Z., Reha-Zentrum für Kinder und Jugendliche, in 01731 K.. Den Antrag des Versicherten (und seiner Ehefrau, der Mutter des Antragstellers) die Rehabilitation im Rehabilitationszentrum E. durchzuführen, weil in der Klinik B. nur vereinzelt organtransplantierte Jugendliche aufgenommen würden, wogegen sich der E. auf nierenkranke und -transplantierte Kinder und Jugendliche spezialisiert habe und eine spezielle dreiwöchige Rehabilitation für Jugendliche anbiete, lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 09.04.2014 und Widerspruchsbescheid vom 03.07.2014 ab; die Auswahl der Einrichtung stehe im Ermessen der Antragsgegnerin und mit der Klinik B. sei eine Einrichtung ausgewählt, in der von einer erfolgreich verlaufenden Rehabilitation ausgegangen werden könne.

Hiergegen hat der Antragsteller, vertreten durch seine Mutter, am 08.07.2014 beim Sozialgericht Klage (S 3 R 1679/14) erhoben und zugleich mit der Begründung einstweiligen Rechtsschutz beantragt, die Rehabilitation im E. beginne am 19.07.2014 und diese Jugendrehabilitation finde nur einmal jährlich statt. Mit Beschluss vom 15.07.2014 hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig eine stationäre Kinderrehabilitation für die Dauer von drei Wochen im Rehabilitationszentrum E. zu gewähren. Hiergegen richtet sich die von der Antragsgegnerin am 25.07.2014 eingelegte Beschwerde.

In der Zeit vom 19.07.2014 bis 09.08.2014 hat der Antragsteller die Rehabilitation im E. durchgeführt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der angefochtene Beschluss ist rechtswidrig. Dem Antragsteller steht kein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Durchführung einer stationären Kinderrehabilitation zu und damit auch nicht in der von ihm gewählten Einrichtung, Rehabilitationszentrum E..

Das Sozialgericht hat die rechtliche Grundlage für die hier vom Antragsteller begehrte einstweilige Anordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und deren Voraussetzungen (Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch) zutreffend dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liegt schon deshalb kein Anordnungsanspruch vor, weil es sich beim Anspruch auf Kinderrehabilitation nicht um einen Anspruch des Kindes, hier des Antragstellers, handelt.

Rechtsgrundlage eines Anspruches auf Kinderrehabilitation ist § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach können als sonstige Leistungen zur Teilhabe u. a. stationäre Heilbehandlung für Kinder von Versicherten, Beziehern einer Rente wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Beziehern einer Waisenrente erbracht werden, wenn hierdurch voraussi...

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