Entscheidungsstichwort (Thema)

Begehren auf Zahlungsaufschub im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Streitwert

 

Leitsatz (amtlich)

Ist allein der Zahlungsaufschub als solcher Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, so beträgt der Streitwert ein Viertel des Hauptsachestreitwerts.

 

Tenor

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens L 5 KR 2577/06 ER-B wird auf 5.636,72 € festgesetzt.

 

Gründe

Da weder der Antragsteller noch die Antragsgegnerin des vorliegenden Verfahrens zu den in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Personen (Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger) gehören, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben; das Verfahren ist daher gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 GKG gerichtskostenpflichtig.

Gem. § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert gerichtskostenpflichtiger Verfahren nach der sich aus dem Antrag des Klägers (hier des Antragstellers - vgl. auch § 52 Abs. 7 GKG) für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gem. § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,-- € anzunehmen. Diese Vorschriften gelten auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b SGG (§ 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG). Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert gem. § 47 Abs. 1 GKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers; allerdings ist der Streitwert (abgesehen von Erweiterungen des Streitgegenstands) durch den Streitwert des ersten Rechtszugs begrenzt (§ 47 Abs. 2 GKG).

Da sich die Höhe der Gerichtskosten maßgeblich nach der Höhe des Streitwerts richtet und das Risiko, Gerichtskosten tragen zu müssen, für den Zugang zum Gericht von nicht unerheblicher Bedeutung sein kann, besteht ein Bedürfnis danach, die Streitwertpraxis der Gerichte vorhersehbar zu machen und zu vereinheitlichen. Dem dienen die Streitwertkataloge, die zunächst für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und nunmehr auch für die Sozialgerichtsbarkeit auf der Grundlage der Rechtsprechung unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsliteratur erarbeitet worden sind. Sie haben den Charakter von Empfehlungen ohne verbindliche Wirkung für die Gerichte.

Der Senat geht bei seiner Rechtsprechung vom Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit aus, der auf der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte vom 16.5.2006 auf Vorschlag des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz beschlossen worden ist. Außerdem berücksichtigt er, soweit der Sache nach angezeigt, ergänzend den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dieser wurde im Juli 2004 neu gefasst (veröffentlicht in: NVwZ 2004, 1327).

Für einstweilige Anordnungsverfahren empfiehlt der Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit unter Nr. 7.1 einen Streitwert von einem Viertel bis zur Hälfte des Streitwerts der Hauptsache je nach deren wirtschaftlichen Bedeutung; bei Vorwegnahme der Hauptsache soll in der Regel der volle Streitwert festgesetzt werden. Diese Empfehlung bezieht der Senat in erster Linie auf Verfahren, die den Erlass einstweiliger Anordnungen i. S. d. § 86b Abs. 2 SGG zum Gegenstand haben. Hier wird, wenn nicht die Hauptsache vorweggenommen werden soll, regelmäßig die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts die sich aus dem Antrag des Klägers (Antragstellers) für ihn ergebende Bedeutung der Sache (§ 52 Abs. 1 GKG) angemessen widerspiegeln. Denn entweder soll das in der Hauptsache verfolgte Recht (mit der Sicherungsanordnung) gegen Veränderungen des bestehenden Zustands gesichert werden oder der Antragsteller will (mit der Regelungsanordnung) den vorläufigen Zustand in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis regeln (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG). Sowohl Sicherungs- wie Regelungsanordnung erfassen mit ihren rechtlichen Wirkungen daher den Gegenstand des Hauptsacheverfahrens (das Recht oder das Rechtsverhältnis) unmittelbar, was es rechtfertigt, den Streitwert dieser vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf mindestens die Hälfte des für die Hauptsache maßgeblichen Streitwerts zu bemessen.

Soll hingegen die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage gegen einen auf eine Geldleistung, hier die Anforderung von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG), gerichteten Verwaltungsakt gem. § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG angeordnet werden, will der Antragsteller nur die sofortige Vollstreckung der Abgabenforderung (mit den daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen, wie Zinsverlusten) abwenden. Allein der Zahlungsaufschub als solcher ist Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Diese erfasst mit ihrer rechtlichen Wirkung die in der Hauptsache angefochtene Abgabenforderung unmittelbar nicht, wenngleich deren Rechtmäßigkeit für die Bewertung des geltend gemachten Aufschubinteresses von ausschlaggebender Bedeutung ist (vgl. daz...

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