Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. keine Auffangversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB 5- zuletzt privat krankenversichert bei einer schweizerischen Versicherungsgesellschaft. Gleichstellung mit einer deutschen privaten Krankenversicherung. keine Begründung der Versicherungspflicht durch Aushändigung einer Gesundheitskarte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Versicherung bei einer schweizerischen Versicherungsgesellschaft, die mangels staatlichen Trägers den Charakter einer privaten Krankenversicherung hat, ist trotz grundsätzlicher Geltung des Territorialitätsprinzips gemäß Art 5 Buchst b VO (EG) 883/2004 (juris: EGV 883/2004) im Rahmen von § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V mit einer deutschen privaten Krankenversicherung gleichzustellen. Die Auffangversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB V greift dann nicht ein.

2. Allein die Aushändigung einer Gesundheitskarte begründet keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Es handelt sich bei der Karte lediglich um ein Ausweispapier und nicht um ein Wert- oder Legitimationspapier.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 19. März 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr mit Wirkung vom 1. Januar 2020 Krankenversicherungsschutz zu gewähren.

Die 1949 geborene Antragstellerin ist deutsche Staatsangehörige und war bis zum 31. Januar 1984 als Beschäftigte bei der Antragsgegnerin pflichtversichert. Danach war sie als angestellte Reiseleiterin über einen Gruppenvertrag der damaligen Arbeitgeberin der T. C. Service AG in der Schweiz bei der Z. Versicherungs-Gesellschaft AG gegen Krankheit versichert. Seit 1996 war sie als Reiseleiterin selbstständig tätig, konnte die Versicherung bei der Z. Versicherungs-Gesellschaft AG jedoch, auch nach Eintritt in die deutsche Altersrente, fortsetzen. Seit März 2013 bezieht sie zudem eine Schweizer Rente. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der früheren Arbeitgeberin wurde der Gruppenvertrag zum 31. Dezember 2019 beendet. Mit E-Mail vom 17. Oktober 2019 teilte die T. C. Service AG der Antragstellerin mit, dass damit auch ihr privater Versicherungsschutz zum 31. Dezember 2019 erlösche. Bereits mit Bescheid vom 13. August 2013 hatte die Antragsgegnerin die Aufnahme der Antragstellerin als Versicherte abgelehnt, da zuletzt eine private Krankenversicherung bestanden habe.

Mit Schreiben vom 5. November 2019 beantragte die Antragstellerin erneut die Aufnahme in die Versicherung bei der Antragsgegnerin. Mit Schreiben vom 21. November 2019 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass diese nunmehr bei der Antragsgegnerin versichert sei und für die Erstellung der Gesundheitskarte noch ein Lichtbild erforderlich sei. Mit Schreiben vom 29. November 2019 übersandte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Gesundheitskarte und teilte mit, man freue sich, dass die Antragstellerin nunmehr bei ihr versichert sei.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2019 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass eine Aufnahme in die gesetzliche Versicherung nicht möglich sei, da zuletzt eine private Krankenversicherung bestanden habe.

Am 17. Dezember 2019 erhob die Antragstellerin hiergegen Widerspruch.

Während des laufenden Widerspruchsverfahrens hat die Antragstellerin zudem am 11. Februar 2020 beim Sozialgericht Konstanz (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erhoben und zur Begründung ausgeführt, gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehe eine Pflichtversicherung. Die Z. Versicherungs-Gesellschaft AG sei in Deutschland nicht als Versicherungsunternehmen zugelassen. Daher sei nicht von einer zuletzt privaten Krankenversicherung auszugehen. Die Antragsgegnerin habe mit den Schreiben vom 21. und 29. November 2019 bereits mitgeteilt, dass eine Versicherung bestehe. Die Antragstellerin hat zudem an Eides statt erklärt, seit dem 1. Januar 2020 nicht über eine Krankenversicherung zu verfügen. Zudem hat sie ein Schreiben der Z. Versicherungs-Gesellschaft AG vom 5. März 2020 vorgelegt, wonach sie bei dieser im Zeitraum 1. Juni 1996 bis 31. Dezember 2019 gegen Heilungskosten als Privatpatient bei Krankheit und Unfall, inkl. Kosten für Zahnbehandlung, Brillen und Kontaktlinsen versichert gewesen sei.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei der Antragstellerin habe zuvor eine private Krankenversicherung bestanden. Aufgrund des Gleichstellungsgebots der VO (EG) 883/04 sei auch eine Versicherung bei einem in der Schweiz zugelassenen Unternehmen zu berücksichtigen. Ihre Schreiben vorn 21. November 2019 und 29. November 2019 stellten keine Verwaltungsakte dar. Gründe für die Annahme unbilliger Härte seien anhand der Vermögensverhältnisse der Antragstellerin nicht ersichtlich. Die Antragstellerin sei geh...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge