Leitsatz

Ein Dauerwohnrecht kann wirksam auf Lebenszeit des Berechtigten bestellt werden

 

Normenkette

§§ 33, 41 WEG

 

Das Problem

  1. Eine Wohnungseigentümerin beantragt, ein 1956 eingetragenes Dauerwohnrecht zu löschen. Nach der Eintragungsbewilligung genügt zur Löschung des Dauerwohnrechts die Vorlage der Sterbeurkunde der Dauerwohnberechtigten.
  2. Das Grundbuchamt will dem Antrag dennoch nicht stattgeben. Der Löschung stehe entgegen, dass es sich um ein vererbliches und veräußerliches Dauerwohnrecht handle. Zu dessen Löschung sei daher die Bewilligung der Erben nebst formgerechtem Erbnachweis erforderlich. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
 

Entscheidung

  1. Die Beschwerde hat Erfolg. Zwar liege keine Bewilligung etwaiger Erben vor. Indes habe die Wohnungseigentümerin die Unrichtigkeit des Grundbuchs (§ 22 Abs. 1 GBO) infolge des Erlöschens des eingetragenen Rechts in der Form des § 29 GBO nachgewiesen, nämlich durch Vorlage einer Sterbeurkunde. Das Dauerwohnrecht sei in dem Sinne nach § 41 WEG befristet gewesen, dass es (lediglich) als auf Lebenszeit der Berechtigten bestellt war. Ein Dauerwohnrecht könne zwar nicht unter eine Bedingung gestellt werden (§ 33 Abs. 1 Satz 2 WEG). Es könne aber zeitlich begrenzt werden (§ 41 Abs. 1 WEG). Daher sei auch eine Bestellung des Dauerwohnrechts auf Lebenszeit des Berechtigten möglich.
  2. Die Begrenzung eines Rechts auf die Lebensdauer einer Person sei keine Bedingung, sondern eine Zeitbestimmung ("dies certus an incertus quando"). Dem stehe nicht entgegen, dass § 33 Abs. 1 WEG die Vererblichkeit zwingend vorschreibe. Denn vom Gesetzgeber sei auch eine Befristung zugelassen worden. Durch die Vorgabe der Vererblichkeit sei demgemäß lediglich eine Möglichkeit eröffnet, nicht aber ein Zwang ausgeübt worden, das Dauerwohnrecht von der Dauer des Lebens des Berechtigten unabhängig zu machen. Dass sich die Befristung nicht unmittelbar dem Eintragungsvermerk entnehmen lasse, sondern lediglich der Eintragungsbewilligung, stehe der Annahme eines lediglich befristeten Dauerwohnrechts auch nicht entgegen.
  3. Zwar stelle eine Befristung, unter der ein Grundstücksrecht bestellt worden ist, keine nähere Bezeichnung des Inhalts des dinglichen Rechts i.S.d. § 874 BGB dar. Werde aber nur ein befristetes Recht zur Eintragung bewilligt, dann aber infolge fehlender Aufnahme der Befristung in den Eintragungsvermerk ein unbefristetes Recht in das Grundbuch eingetragen (§ 873 BGB), entstehe materiell-rechtlich ein befristetes Recht (BGH v. 7.4.2011, V ZB 11/10, Rn. 11).
 

Kommentar

Anmerkung

Die Entscheidung entspricht der h.M. Nach dieser ist eine Bestellung des Dauerwohnrechts auf Lebenszeit des Berechtigten möglich (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 3002; Hügel/Wilsch, GBO, 2. Aufl., § 35 Rn. 15; Jennißen/Grziwotz, WEG, 3. Aufl., § 33 Rn. 9; Marshall, DNotZ 1962, S. 381, 382). Die Minderansicht (OLG Neustadt/Weinstr. v. 27.7.1961, 3 W 58/61, NJW 1961 S. 1974, 1975; Demharter, GBO, 28. Aufl., § 23 Rn. 5; Böttcher, MittRhNotK 1987, S. 219, 221) lehnt das OLG Celle mit guten Gründen ab.

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Neben Wohnungs- und Teileigentum regelt das Wohnungseigentumsgesetz in seinem II. Teil (§§ 31 bis 42 WEG) das Dauerwohn- und das Dauernutzungsrecht. Diese Möglichkeit einer besonders qualifizierten Form einer Dienstbarkeit mit Substanz- und Verkehrswert schien dem Gesetzgeber bei Schaffung des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht im Jahr 1951 unentbehrlich.
  2. Ziel der Schaffung der Institute des Dauerwohn- und des Dauernutzungsrechts war vor allem der Schutz von Personen, die einem Grundstückseigentümer Baukostenzuschüsse gewährt hatten, sowie die Ermöglichung genossenschaftlicher Rechtsgestaltungen. Die Voraussage, dass Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte von künftigen Erwerbern und den finanzierenden Banken als neue Rechtsinstitute genutzt werden würden, bestätigte sich indes nur in den 1950er-Jahren. Die anfängliche Bereitschaft hatte ihren Grund darin, dass die Banken ursprünglich nicht in einem ausreichenden Maße bereit waren, Wohnungs- und Teileigentum individuell zu finanzieren. Nachdem sich diese Praxis geändert hatte, verloren Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte im Wesentlichen ihre Anziehungskraft. Bis heute finden sie ungeachtet ihrer Möglichkeiten, z.B. der Absicherung eines vormaligen Grundstückseigentümers oder als Grundlage eines Teilzeitwohnrechtvertrags, und den Vorteilen gegenüber einer Dienstbarkeit i.S.v. § 1093 BGB keine weite Verbreitung.
 

Link zur Entscheidung

OLG Celle, Beschluss vom 20.03.2014, 4 W 51/14

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