Rz. 120

Neben vereinzelten Regelungen in verschiedenen Gesetzen, z.B. im Bankengesetz oder im Gesellschaftsgesetz, sind die Hauptregelungen im Gesetz über die Insolvenz juristischer Personen (IGJP) sowie im Gesetz über die Insolvenz natürlicher Personen zu finden. Die Gesetze sehen folgende Verfahren vor:

Restrukturierung und vereinfachte Restrukturierung;
Vergleich mit den Gläubigern;
gerichtliches Insolvenzverfahren und beschleunigtes gerichtliches Insolvenzverfahren;
außergerichtliches Insolvenzverfahren;
Insolvenzverfahren für natürliche Personen.

Im Unterschied zu Deutschland sind die Kodifizierungen nicht sehr detailliert, so dass die Gerichtspraxis im Laufe der Jahre Unklarheiten zu beseitigen und Lücken zu ergänzen hatte bzw. weiterhin ergänzt. Darüber hinaus kennt das litauische Recht eine Privatinsolvenz erst seit 2013, so dass es erst wenig Erfahrungswerte gibt. Schließlich kann ein Restrukturierungsverfahren nach dem Insolvenzgesetz (GIJP) nur dann eröffnet werden, wenn ein Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet worden ist. Umgekehrt allerdings führt ein Restrukturierungsantrag zu der Aussetzung eines Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bis zur abschließenden (rechtswirksamen Entscheidung) über den Restrukturierungsantrag.

 

Rz. 121

Für transnationale Insolvenzen innerhalb der EU findet die EuInsVO 2015/848 zwingend Anwendung. Das GIJP zu Insolvenzen mit internationalem Bezug verweist auf diese Verordnung.

 

Rz. 122

Solange sich die Gesellschaft nur in vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten (Unfähigkeit des Unternehmens, seine Verpflichtungen zu erfüllen und seine Verluste zu vermindern, die ohne Gläubigerunterstützung zum Abbruch der Unternehmenstätigkeit und Insolvenz führen können) befindet oder es höchstwahrscheinlich ist, dass das Unternehmen innerhalb von drei Monaten diese Schwierigkeiten überwunden hat, besteht nach dem sog. Insolvenzgesetz (GIJP) die Möglichkeit, durch die Aufstellung eines detaillierten Restrukturierungsplans unter Leitung eines unabhängigen Restrukturierungsverwalters eine Insolvenz zu vermeiden.

 

Rz. 123

Das Insolvenzverfahren besteht aus drei Verfahrensabschnitten:

dem Insolvenzantrag,
der Insolvenzeröffnung und
der Liquidation sowie Befriedigung der Gläubiger.
 

Rz. 124

Das Gesetz nennt insgesamt folgende Umstände, in denen ein Insolvenzantrag gestellt werden kann:

Verzug mit der Begleichung von Außenständen;
öffentliche Bekanntmachung oder Benachrichtigung der Gläubiger über die Unfähigkeit oder Weigerung, die Verbindlichkeiten zu erfüllen;
die Zwangsvollstreckung wurde nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vom Gerichtsvollzieher zurückgewiesen.
 

Rz. 125

Nach der amtlichen Definition wird ein Unternehmen als insolvent angesehen, wenn es seine Verpflichtungen nicht erfüllt (z.B. die Schulden nicht bezahlt, die im Voraus bezahlten Arbeiten nicht leistet) und der Wert der fälligen Verpflichtungen den Wert der in der Bilanz aufgeführten Vermögensgegenstände überschreiten. Das Gericht, bei dem das schuldnerische Unternehmen seinen eingetragenen Sitz hat, muss i.d.R. innerhalb von 30 Tagen nach Antragstellung über die Einleitung des Insolvenzverfahrens entscheiden. Zuständig sind die Zivilgerichte. Es gibt keine speziellen Insolvenzgerichte oder spezialisierte Insolvenzrichter.

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