Verfahrensgang

AG Velbert (Entscheidung vom 25.01.2011; Aktenzeichen 17 C 334/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Velbert vom 25.1.2011 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leis-tet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Der beklagte Rechtsanwalt hatte einen Versicherungsnehmer der Klägerin in einem Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Unfallflucht anwaltlich vertreten. In der von der Klägerin erteilten Deckungszusage vom 24.11.2008 wurde darauf hingewiesen, dass auf den Rechtsschutzvertrag die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2002) Anwendung finden. In § 17 Abs. 8 der ARB 2002 heißt es:

"Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen andere auf Erstattung von Kosten, die der Versicherer getragen hat, gehen mit ihrer Entstehung auf diesen über."

Nachdem das Strafverfahren gegen den Versicherungsnehmer nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt worden war, rechnete der Beklagte gegenüber der Klägerin am 8.1.2009 seine Gebühren ab. Dabei setzte er u.a. eine - hier streitige - Verfahrensgebühr für die Einstellung des Verfahrens (nach Nr. 4141 VV RVG) in Höhe von 166,60 € inklusive Mehrwertsteuer an. Diese Rechnung wurde von der Klägerin am 18.1.2009 ohne Vorbehalte beglichen.

Das Strafverfahren gegen den Versicherungsnehmer der Klägerin hatte die Staatsanwaltschaft nach Einstellung an die Bußgeldstelle abgegeben, die zunächst ein Ordnungswidrigkeitenverfahren betrieb. Auch dieses Verfahren wurde eingestellt. Auch hier rechnete der Beklagte gegenüber der Klägerin am 24.2.2009 seine Vergütung ab, inklusive einer Gebühr für die Mitwirkung am Verfahren zur Vermeidung der Hauptverhandlung (nach Nr. 5115 VV RVG). Auch diese Rechnung wurde von der Beklagten ohne Vorbehalte beglichen.

Am 5.11.2009 fällte der Bundesgerichtshof - in anderer Sache - ein Urteil, in dem er feststellte, dass die Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG dann nicht verdient ist, wenn das Verfahren - wie hier - als Bußgeldverfahren weitergeführt wird (Az. IX ZR 237/08; NJW 2010, 1209).

Die Klägerin nahm den Beklagten daraufhin auf Rückzahlung der Verfahrensgebühr für die Einstellung des Verfahrens nach Nr. 4141 VV RVG in Höhe von 166,60 € in Anspruch und betrieb deswegen schließlich das Klageverfahren.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben mit der Begründung, dass dem Beklagten die streitige Gebühr nicht zustehe und es keine konkreten Anhaltspunkte dafür gäbe, dass die Klägerin bei der Begleichung der Rechnungen die Forderung des Beklagten habe anerkennen wollen.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Amtsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erstattung des bereits bezahlten Anwaltshonorars zu.

Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin berechtigt wäre, unberechtigte Zahlungen an einen von ihren Versicherungsnehmern beauftragten Anwalt aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung unmittelbar zurückzuverlangen. Zwar besteht hier zwischen der Klägerin (Versicherung und Angewiesene) und dem Mandanten (Versicherungsnehmer und Anweisender) das sog. Deckungsverhältnis, in dem durch die Begleichung der Anwaltsforderung eine Leistung (der Klägerin) erbracht wird. Im vorliegenden Fall war - nach Ansicht der Klägerin - auch gerade dieses Deckungsverhältnis gestört, da der Anspruch des Mandanten geringer war als die Leistung der Klägerin. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten (Anweisungsempfänger) besteht hingegen lediglich das Vollzugsverhältnis, in dem grundsätzlich kein Bereicherungsausgleich stattfindet ("Abwicklung übers Eck", vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2009, 205). Vorliegend ist eine direkte Kondiktion im Vollzugsverhältnis jedoch ausnahmsweise möglich, da aufgrund der Regelung in § 17 Abs. 8 ARB 2002 die Erstattungsansprüche des Mandanten gegen den Anwalt bereits mit ihrer Entstehung auf die Rechtsschutzversicherung übergehen.

Es ist der Klägerin jedoch verwehrt, einen solchen (übergegangenen) Erstattungsanspruch geltend zu machen. Zwar dürfte die Leistung der Klägerin betreffend die Verfahrensgebühr für die Einstellung des Verfahrens nach Nr. 4141 VV RVG in Höhe von 166,60 € ohne rechtlichen Grund erfolgt sein, woraus grundsätzlich ein Erstattungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt BGB (sog. "condictio indebiti") folgt. Denn nach der - insoweit nicht in Zweifel zu ziehenden - höchstrichterlichen Rechtsprechung bestand bereits zum Zeitpunkt der Zahlung kein Anspruch auf Erstattung der Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 VV RVG, da diese Gebühr aufgrund der Weiterführung des Verfahrens als Bußgeldverfahren nicht verdient war (Urteil vom 5.11.2009, Az. IX ZR 237/08, NJW 2010, 1209). Diese Rechtslag...

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