Leitsatz (amtlich)

Mängel, die den Aufenthalt in einem Kurhotel beeinträchtigen, sind rechtlich wie bei einem Beherbergungsvertrag zu behandeln.

 

Verfahrensgang

AG Wuppertal (Entscheidung vom 22.06.2011; Aktenzeichen 99 C 44/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal, 99 C 44/11, vom 22.06.2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Klägerin verlangt von der Beklagten restliche Vergütung für den dreiwöchigen Aufenthalt der Beklagten und ihres Ehemannes im Kurbad xxbad, Bad G. Die Beklagte ist der Auffassung, eine Minderung des Reisepreises von mindestens 50 % sei wegen vom Nachbargrundstück ausgehenden Baulärms angemessen.Das Amtsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme angenommen, dass der Reisepreis hinsichtlich der Unterbringungskosten um 20 % pro Tag mit Ausnahme der Sonntage wegen Baulärms mindert gewesen sei. Dass Baulärm vorhanden gewesen sei, habe die Beweisaufnahme ergeben, wobei dieser jedoch nicht feststellbar auch in dem Massageraum zu hören gewesen sei. Andererseits sei nicht erwiesen, dass der Beklagten ein gleichwertiges Zimmer angeboten worden sei. Es seien lediglich die Unterbringungskosten - ausgenommen der ruhigen Sonntage - zu mindern gewesen, weil hinsichtlich der weiteren Kosten die Beklagte und ihr Ehemann einzeln abgerechnete und trennbare Leistungen in Anspruch genommen hätten, deren Qualität nicht nachweislich unter Baulärm gelitten habe.Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin die vollständige Klageabweisung erstrebt und hierzu unter anderem vorträgt: Das Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern und sei, was die Höhe der festgestellten Minderungsquote anbelange, in sich widersprüchlich. Das Amtsgericht habe die Auswirkungen der Störungen auf das spezifische zur Rehabilitation anstehende Erkrankungsbild der Beklagten - sogenanntes Sjögren - Symptom - nicht berücksichtigt. Eine Minderungsquote von mindestens 50 % sei hinsichtlich der reinen Unterbringungskosten gerechtfertigt. Widersprüchlich sei, dass das Amtsgericht eine Minderung für die privatärztlichen Leistungen und andere Zusatzleistungen nicht anerkannt habe, obwohl es selbst ausgeführt habe, der Baulärm habe den gewünschten Erholungseffekt eines Rehabilitationsaufenthaltes erheblich eingeschränkt. Diese Wertung des Amtsgerichts widerspreche zudem den von ihm für übertragbar eingestuften Grundsätzen des Reisevertragsrechts. Durch die festgestellten Beeinträchtigungen seien auch die Ergebnisse der Anwendungen/ärztlichen Leistungen entsprechend beeinträchtigt worden.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist unbegründet.Die Beklagte ist jedenfalls in Höhe des ausgeurteilten Betrages zur Bezahlung der in Anspruch genommenen Leistungen der Klägerin verpflichtet. Dass sie aufgrund von Lärmbelästigungen berechtigt wäre, mehr als vom Amtsgericht zugestanden zu mindern, ist nicht ersichtlich. 1.Das Vertragsverhältnis der Parteien stellt einen im BGB nicht besonders geregelten gemischten Vertrag dar, der zumindest wie ein Beherbergungsvertrag zu behandeln ist. §§ 651a ff BGB sind nur auf Pauschalreisen anwendbar (Tonner in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., vor § 651a Rn. 12 - 14). Vorliegend hatte demgegenüber die Beklagte selbst den Vertrag mit der Klägerin als Hotelier abgeschlossen, so dass eine sog. Individualreise vorliegt. Der Vertrag ist nicht über einen dritten Veranstalter zu Stande gekommen und vereinbart war zudem keine (Behandlungs-) Pauschale, sondern die einzelnen Leistungen wurden separat abgerechnet (vergleiche Tonner, a.a.O., 4. Auflage, § 651a, Rn. 25 und 28). Die Bestimmungen des Reisevertragsrechts sind darüber hinaus auf Kuraufenthalte wegen des medizinischen Zweckes unanwendbar (Sprau in: Palandt, BGB, 70. Auflage, vor § 651a, Rn. 5). Etwas anderes gilt hier nicht deshalb, weil der Ehemann der Beklagten diese begleitet hat. Abgesehen davon, dass auch er medizinische Leistungen in Anspruch genommen hat, handelte es sich nicht um eine Reise im Sinne der genannten Vorschriften. Denn ob ein Vertrag wie der vorliegende als Beherbergungsvertrag oder als Krankenhausvertrag zu behandeln ist, ist eine Frage des Einzelfalles. Beim Krankenhausvertrag handelt es sich zwar auch um einen gemischten Vertrag, doch treten die Elemente der Miete, des Werkvertrages und gegebenenfalls des Kaufvertrages hinter den dienstvertraglichen Charakter zurück (Müller-Glöge in: Münchener Kommentar, a.a.O., § 611, Rn. 105). Der Beherbergungsvertrag fasst ebenfalls Elemente aus Miete mit solchen aus Kauf-, Dienst-, Werk-und Verwahrungsvertrag zusammen, wobei jedoch im Falle von Leistungsstörungen die für das jeweilige Vertragselement geltenden besonderen Bestimmungen anzuwenden sind (Henssler in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Auflage, § 701, Rn. 6).Im Entscheidungsfall ist es sachgerecht, den Vertrag der Parteien wie einen Beherbergungs...

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