Tenor

  • 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  • 2.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  • 3.

    Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,- DM vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin als gesetzlicher Krankenversicherer ihrer Versicherungsnehmerin ... nimmt die Beklagte aus übergegangenem Recht (§ 116 Abs. 1 SGB X) auf Ersatz ihrer Aufwendungen für Heilbehandlung in Anspruch.

Am 25.05.1995 erlitt die Versicherungsnehmerin der Klägerin (im Folgenden: die Geschädigte) als Insassin in einem von ihrem Ehemann gesteuerten Pkw bei einem von diesem verschuldeten Verkehrsunfall schwere Verletzungen. Ihr Ehemann war auf der Autobahn bei einer Geschwindigkeit von ca. 150 km/h plötzlich mit dem Fahrzeug vom rechten Fahrstreifen über die Überholspur zur Mittelplanke hin auf den unbefestigten Randstreifen geraten und dann anschließend nach rechts in Richtung der angrenzenden Böschung geschleudert, wo sich das Fahrzeug überschlug. Ein Mitinsasse wurde tödlich verletzt, die übrigen Insassen erlitten schwerste Verletzungen. Die Geschädigte selbst erlitt eine komplette Querschnittslähmung und ist auf Dauer behandlungsbedürftig, Halter des Fahrzeugs war der Vater der Geschädigten; der Pkw war bei der Beklagten haftpflichtversichert.

Die Klägerin hat für Krankenhausbehandlung in der Zeit vom 25.05.1995 bis 04.03.1996 Kosten in Höhe von 164.642,83 DM aufgewendet. Zwischen den Parteien besteht ein Teilungsabkommen bis zu einem Limit von 50.000,- DM. Die Beklagte hat die sich aus dem Teilungsabkommen ergebende Quote von 55 % aus 50.000,- DM, mithin also 27.500,- DM gezahlt.

Mit der vorliegenden Teilklage verlangt die Klägerin von der Beklagten im Wege des Direktanspruches aus § 3 Nr. 1 Pflichtversicherungsgesetz für die Zeit vom 01.10.1995 bis 11.01.1996 die Erstattung ihrer auf 66.402,30 DM bezifferten Aufwendungen für Krankenhausbehandlungen. Sie beruft sich dabei auf einen Anspruchsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 66.402,30 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, daß Schadensersatzansprüche der Geschädigten aus dem Unfall wegen des Angehörigenprivilegs aus § 116 Abs. 6 SGB X nicht auf die Klägerin übergegangen seien; außerdem müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden der Geschädigten zurechnen lassen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Bei den Klageansprüchen handelt es sich um die Direktansprüche der Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer aus §§ 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit 230, 232 StGB, 3 Nr. 1 Pflichtversicherungsgesetz. Ein Übergang dieser Ansprüche auf die Klägerin ist vorliegend nach § 116 Abs. 6 SGB X ausgeschlossen, da Schädiger und Geschädigte Ehegatten sind, die im Zeitpunkt des Unfalles in häuslicher Gemeinschaft lebten.

Dieses sog. "Angehörigenprivileg" gilt auch dann, wenn der Schädiger haftpflichtversichert ist, also im Falle der Kfz-Haftpflichtversicherung ansonsten der Direktanspruch gegen den Versicherer auf den Sozialversicherungsträger übergegangen wäre (BGH NJW 1968, 649; 1979, 983; BGHZ 41, 79). Allerdings hat der BGH im Urteil vom 09.07.1996 (BGH NJW 1996, 2933 = Versicherungsrecht 1996, 1258 = JR 1997, 192 mit Anmerkung Schmitt) entschieden, daß das Angehörigenprivileg nach § 116 Abs. 6 SGB X einem Übergang des Direktanspruchs nach § 3 Pflichtversicherungsgesetz auf den Sozialhilfeträger nicht entgegensteht. Den entscheidenden Grund für die Bejahung des Anspruchsübergangs auf den Sozialhilfeträger, obwohl die Voraussetzungen des Familienprivilegs vorlagen, sah der BGH in der Subsidiarität der Sozialhilfe. Keine Sozialhilfe erhält nämlich nach § 2 BSHG, wer sich selbst helfen kann oder Hilfe von anderen erhalten kann. Dazu zählt der BGH die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches, der alsbald realisiert werden kann. Der BGH löst den Normenkonflikt zwischen § 2 BSHG und § 116 Abs. 6 SGB X zugunsten der erstgenannten Vorschrift. Ebenso wie im Falle des Beitragsregresses nach § 119 SGB X paßt das Angehörigenprivileg auf den Fall des Sozialhilferegresses nicht. Dagegen hat der BGH in dieser Entscheidung offengelassen, ob er an der Rechtsprechung festhalten wird, derzufolge das Angehörigenprivileg nach § 116 Abs. 6 SGB X auch den Regreß eines Sozialversicherungsträgers gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer ausschließt.

Die Begründung des BGH läßt sich nicht auf den Sozialversicherungsträger übertragen. Ein Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger, obwohl die Voraussetzungen des Familienprivilegs vorliegen, würde nicht nur gegen die Anordnung des Gesetzgebers in § 116 Abs. 6 SGB X verstoßen, sondern auch dem Normzweck des § 3 Nr. 1 Pflichtversicherungsgesetz, dem Grundsatz der Akzessorietät und dem Trennungsprinzip, wonach die Versicherung der Haftung folgt und n...

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