Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch des Oberflächeneigentümers an den Bergwerksbesitzer im Falle von untertägigen bergbaulichen Maßnahmen

 

Normenkette

ZPO §§ 546, 529; BGB § 906 Abs. 2 S. 2; BBergG § 114

 

Verfahrensgang

AG Lebach (Urteil vom 30.03.2007; Aktenzeichen 3A C 80/06)

 

Nachgehend

LG Saarbrücken (Urteil vom 25.11.2011; Aktenzeichen 13 S 117/09)

BGH (Urteil vom 19.09.2008; Aktenzeichen V ZR 28/08)

BGH (Beschluss vom 28.08.2008; Aktenzeichen 4 StR 237/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.3.2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lebach – Az.: 3A C 80/06 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

II. Die Berufung des Klägers gegen das am 30.3.2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lebach – Az.: 3A C 80/06 – wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten beider Berufungsverfahren trägt der Kläger.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird zugelassen.

VI. Der Streitwert für die beiden Berufungsverfahren wird auf 2.600,-- Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger macht als Miteigentümer eines in Lebach-Falscheid gelegenen Hausgrundstückes aus eigenem wie auch aus abgetretenem Recht seiner Lebensgefährtin, die Miteigentümerin des Hausanwesens ist, gegen die Beklagte einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 BGB geltend.

Das Haus wurde als sog. “Südwestdeutsches Bauernhaus” im Jahr 1840 errichtet und zwischen 1990 und 1993 restauriert.

Seit Ende des Jahres 2000 kam es im Raum Lebach zu bergbaubedingten Erderschütterungen.

Seit 2001 traten Risseschäden u.a. an den Innen- und Außenwänden des Hausanwesens auf.

Die Schäden wurden von der Beklagten als Bergschäden anerkannt und fortlaufend beseitigt.

Der Kläger hat behauptet, durch die Erderschütterungen sei es bei ihm zu massiven körperlichen und psychischen Schäden gekommen, wodurch die Nutzungsmöglichkeiten seines Hauses stark eingeschränkt seien. Die Lebens- und Wohnqualität werde in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. Bei seinem Haus handele es sich um ein Haus der gehobenen Wohnklasse. Im Falle einer Vermietung sei ein Mietzins in Höhe von 1.000,-- Euro zu erzielen. Die Erderschütterungen würden eine Minderung von mindestens 200,-- Euro monatlich rechtfertigen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, es läge eine wesentliche Beeinträchtigung vor, die durch die ortsübliche Benutzung des immitierenden Grundstücks hervorgerufen werde und nicht durch zumutbare Maßnahmen zu verhindern sei. Ihm stünde daher für den Zeitraum von Januar 2005 bis Januar 2006 ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in Höhe von 2.600,-- Euro zu.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.600,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % über dem Basiszinssatz ab 1 Monat nach Zustellung der Klageschrift zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, ein nachbarrechtlicher Entschädigungsanspruch scheitere schon daran, dass die Vorschrift des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB neben den Vorschriften des Bundesberggesetzes nicht zur Anwendung käme. Dies gelte sowohl für den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB als auch erst recht im Falle eines unmittelbar auf § 906 Abs. 2 S. 2 BGB gestützten Anspruchs.

Davon abgesehen werde die ortsübliche Benutzung des Grundstücks des Klägers im Bergbaugebiet durch die Erderschütterung jedenfalls nicht über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt, zumal eine situationsbedingte Vorbelastung des Grundstücks durch den Bergbau vorläge.

Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.100,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % über dem Basiszinssatz aus 800,-- Euro ab dem 14.3.2006 und aus weiteren 300,-- Euro ab dem 3.6.2006 zu zahlen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stünde gegenüber der Beklagten gemäß § 906 Abs. 2 S. 2 BGB ein Anspruch in Höhe von 1.100,-- Euro aus eigenem wie aus abgetretenem Recht zu.

Die bergbaubedingten Erderschütterungen stellten eine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers dar, die durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen seitens der Beklagten nicht zu verhindern wäre. Die Einwirkung auf das Grundstück des Klägers durch die Erderschütterungen beeinträchtige die ortsübliche Nutzung des Grundstücks über das zumutbare Maß hinaus. Die monatliche fiktive Mietminderung auf Grund der erschütterungsbedingten unzumutbaren Beeinträchtigungen sei mit 10 % des Mietwertes des Hausanwesens zu bewerten, so dass dem Kläger unter Berücksichtigung eines Mietwertes von 1.000,-- Euro monatlich für 11 Monate ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 1.100,-- Euro zustünde. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei § 906 Abs. 2 S. 2 BGB neben den bergrechtlichen Vorschriften der §§ 114 ff BBergG anwendbar.

Hiergegen haben die Beklagte und der Kläger Berufung eingelegt.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, das Urteil des Amtsgerichtes b...

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