Leitsatz (amtlich)

Wird der Notar im Rahmen der Beurkundung einer Vorsorgevollmacht angewiesen, dem Bevollmächtigten eine weitere Ausfertigung der Urkunde nur auf schriftliche Anweisung des Vollmachtgebers zu erteilen, darf er sich hierüber nicht allein deshalb hinwegsetzen, weil der Vollmachtgeber zwischenzeitlich dauerhaft geschäftsunfähig ist.

 

Tenor

  • I.

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

  • II.

    Eine Kostenerstattung wird nicht angeordnet.

  • III.

    Der Gegenstandswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

  • IV.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Mit Urkunde vom 31.07.2006, URNr. ...des Notars Dr. V. in H. hat Frau S., seinerzeit wohnhaft ..., eine Vorsorgevollmacht mit Betreuungsverfügung und Patientenverfügung beurkunden lassen. Alleiniger Bevollmächtigter ist ihr Sohn, der Beschwerdeführer. Notar B. ist Amtsnachfolger von Dr. V. und verwahrt die Urkunde für diesen. Frau S. wurde am 03.08.2006 eine einfache Abschrift sowie eine Ausfertigung der Urkunde für den Bevollmächtigten übersandt. Eine beglaubigte Abschrift wurde an das Amtsgericht Hersbruck gesandt.

Die Urkunde enthält folgende Klausel:

"Der beurkundende Notar wird angewiesen, dem Bevollmächtigten weitere Ausfertigungen dieser Urkunde nur auf schriftliche Anweisung des Vollmachtgebers zu erteilen."

Frau S. ist nach dem im Betreuungsverfahren Az: ... des Amtsgerichts Hersbruck eingeholten psychiatrischen Fachgutachten vom 14.07.2010 dauerhaft geschäftsunfähig. In ihren Unterlagen sind die einfache und beglaubigte Abschrift, nicht jedoch die Ausfertigung der Vollmachtsurkunde auffindbar.

Auf Anraten des Notars B. hat der Beschwerdeführer zunächst ein Betreuungsverfahren mit dem Ziel eingeleitet, einen Betreuer bestellen zu lassen, welcher für Frau S. den Notar anweist, eine weitere Ausfertigung der Vollmachtsurkunde an den Beschwerdeführer zu erteilen. Die Bestellung eines Betreuers mit eingeschränktem Aufgabenkreis hat das Betreuungsgericht (Amtsgericht Hersbruck) im Hinblick auf die Vorsorgevollmacht gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB abgelehnt (Az: ... , Bl. 13 d. A).

Mit Schreiben vom 13.09.2011 hat der Beschwerdeführer nochmals schriftlich die Erteilung einer weiteren Ausfertigung der Vollmachtsurkunde beantragt und vorsorglich gegen eine ablehnende Entscheidung Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, dass er auf Grund des Wunsches seiner Mutter, eine gerichtliche Betreuung zu vermeiden, einen Anspruch auf Erteilung der weiteren Urkundsausfertigung hat, da seine Mutter wegen gesundheitlicher Probleme nicht mehr in der Lage ist, eine schriftliche Anweisung zu erteilen.

Der Notar B. hat die Angelegenheit mit Schreiben vom 14.09. 2011 dem Gericht vorgelegt und beantragt:

  • 1.

    Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 13.09.2011 wird zurückgewiesen

  • 2.

    Es wird festgestellt, dass der Beschwerdegegner die beantragte weitere Ausfertigung ohne Anweisung der Vollmachtgeberin oder eines an ihrer Stelle handelnden Betreuers nicht erteilen darf.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Nach § 54 Abs. 1 BeurkG ist gegen die Entscheidung des Notars, eine Ausfertigung nicht zu erteilen, die Beschwerde gegeben (vgl. Winkler, BeurkG, 15. Aufl. 2003, § 54 Rn. 5). Der Beschwerdeführer durfte gegen die noch nicht ergangene Entscheidung ausnahmsweise bereits vorsorglich ein Rechtsmittel einlegen (zum Grundsatz: OLG Koblenz, NJW-RR 1986, 935). Der Notar hat bereits vor dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 13.09.2011 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er sich ohne schriftliche Anweisung der Vollmachtgeberin oder eines Betreuers außerstande sieht, eine weitere Ausfertigung der Urkunde zu erteilen und deswegen die Einleitung eines Betreuungsverfahrens angeregt. Dem Beschwerdeführer nach ergebnislosem Abschluss des Betreuungsverfahrens die Beschwerde nur nach einer förmlichen Entscheidung zu gestatten, würde eine sinnlose Formalie darstellen. Der Notar hat durch die Vorlage beim Landgericht hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er an seiner bereits geäußerten Auffassung festhält.

III.

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Eine pflichtwidrige Amtsverweigerung des Beschwerdegegners kann nicht festgestellt werden. Er war im Rahmen seiner Amtspflichten nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Erteilung einer weiteren Ausfertigung der beurkundeten Vorsorgevollmacht vom 31.07.2006 an den Beschwerdeführer zu verweigern. Dem Beschwerdeführer steht kein Anspruch auf Erteilung einer weiteren Ausfertigung der Vorsorgevollmacht zu. Die Antragsberechtigung hat der Notar wegen seiner Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, § 18 BNotO, sorgfältig zu prüfen. Wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer weiteren Ausfertigung fehlen, muss er diese verweigern.

Die Berechtigung, Ausfertigungen notarieller Urkunden zu verlangen, bestimmt sich grundsätzlich nach § 51 BeurkG. Danach können Ausfertigungen bei Niederschriften von Willenserklärungen im Regelfall nur die Personen verlangen, die eine Erklärung im eigenen Namen abgegeben haben, § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG. Erklärungen des Beschwe...

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