Verfahrensgang

AG Oranienburg (Entscheidung vom 05.07.2011; Aktenzeichen 19 Cs 344 Js 34937/09 (110/10))

 

Tenor

wird die sofortige Beschwerde des ehemaligen Angeklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 05.07.2011 als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.

Der Beschwerdewert wird auf 371,76 € festgesetzt.

 

Gründe

Der ehemalige Verteidiger hat im vorliegenden Verfahren nach dem Freispruch des Beschwerdeführers mit Antrag vom 09.05.2011 beantragt, die aus der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers auf insgesamt 1.119,14 € festzusetzen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht jedoch nur 747,38 € gegen die Landeskasse festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Wortlaut des Kostenfestsetzungsantrages, des Kostenfestsetzungsbeschlusses und der Beschwerdeschrift Bezug genommen.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

Nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Anwaltsgebühren grundsätzlich selbst. Dabei hat er insbesondere die in der Vorschrift genannten Zumessungskriterien gegeneinander abzuwägen, um eine für sich lohnende Vergütung festzusetzen, die den Umständen des Falles gerecht wird und den Mandanten nicht unangemessen belastet. Maßgeblich sind danach die Bedeutung der Sache für den Mandanten, der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mandanten. Letzteres gilt auch, wenn die Landeskasse dem Mandanten die notwendigen Auslagen zu erstatten hat, denn Maßstab bleiben auch in diesem Fall allein die Verhältnisse des Mandanten, dessen Auslagen zu erstatten sind. Die Landeskasse ist nicht der Rechnungs-empfänger.

Hinsichtlich aller Zumessungskriterien ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Kammer bei der Bestimmung jeder einzelnen Anwaltsgebühr das von der Gebühr abgedeckte Spektrum zu berücksichtigen. Insbesondere muss der Rechtsanwalt bei der Bestimmung der Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG und der Vorverfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG bedenken, dass diese die Strafverfahren aller Art abdecken, und zwar vom Bagatelldelikt bis zum schwersten Verbrechen, welches mit lebenslanger Freiheitsstrafe verfolgt wird, oder auch bis zu schwierigsten und höchst umfangreichen Wirtschaftsstrafverfahren. Der Rechtsanwalt wird in Fällen von leichten Vergehen mit einfachem Tatsachen- und Rechtshintergrund insoweit nicht die Rahmenmittelgebühr festlegen können und zur Begründung ausführen dürfen, dass das Verfahren für den Mandanten von höchster Bedeutung gewesen sei.

Gleiches gilt bei den Gebühren für das amtsgerichtliche Verfahren, die nicht nur Strafsachen vor dem Einzelrichter abdecken, sondern auch solche, die vor dem Schöffengericht oder gar - wegen ihres Umfangs - vor dem erweiterten Schöffengericht verhandelt werden und in denen nicht nur Geldstrafen, sondern auch Freiheitsstrafen bis zu vier Jahren drohen. Auch bei diesen Gebühren muss der Rechtsanwalt sich bei der Bestimmung im gesamten Gebührenrahmen bewegen und insbesondere berücksichtigen, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass es auch Anwaltstätigkeiten in Verfahren gibt, die mit Gebühren unterhalb der Mittelgebühr angemessen abgegolten werden. Der häufig zu findende Satz, dass stets die Mittelgebühr festzusetzen sei, wenn keine Kriterien zu finden seien, welche die Erhöhung oder Verminderung der Mittelgebühr rechtfertigen würden, entlastet den Rechtsanwalt nicht etwa dahin, dass er sich gar nicht erst auf die Suche nach solchen Kriterien begeben muss. Die Festsetzung der Mittelgebühr ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Fall sich hinsichtlich sämtlicher Zumessungsumstände vor dem Hintergrund des von der Gebühr abgedeckten Spektrums als durchschnittlich darstellt oder gebührenmindernde Umstände durch gebührenerhöhende Umstände kompensiert werden. So kann beispielsweise eine erhöhte Schwierigkeit des Falles dann nicht zum Tragen kommen, wenn der Mandant in unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen lebt.

Dem in Bagatellfällen häufig vorgetragenen Argument, dass ein Wahlverteidiger grundsätzlich nicht geringer vergütet werden könne, als wenn er im selben Fall als Pflichtverteidiger tätig geworden wäre, ist Folgendes entgegen zu halten: Bei Fällen, in denen die Wahlverteidigervergütung niedriger anzusetzen ist als die feststehende Pflichtverteidigervergütung handelt es sich in der Regel nicht um Fälle, in denen ein Verteidiger beigeordnet worden sein wäre (§ 140 StPO). Im Übrigen sind durchaus Fälle denkbar, in denen für den Wahlverteidiger tatsächlich nur eine Vergütung angemessen ist, die unter den feststehenden Sätzen eines beigeordneten Rechtsanwaltes liegt. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber die Pflichtverteidigersätze nämlich schon als Untergrenzen der Gebührenrahmen festgelegt.

Anerkannt ist, dass dem Rechtsanwalt bei der Bestimmung der...

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