Leitsatz (amtlich)

Eine Korrektur der zwar rechtzeitig im Sinne des § 44 I 2 WEG eingereichten, aber in einzelnen Punkten unvollständigen oder fehlerhaften Eigentümerliste ist grundsätzlich auch noch nach dem Zeitpunkt gemäß § 44 I 2 WEG möglich.

So ist insbesondere die Nachbenennung einer Miteigentümerin, die ihren Miteigentumsanteil gemeinschaftlich mit dem Ehemann hält, aber in der rechtzeitig vorgelegten Eigentümerliste fehlt, noch in der Berufungsinstanz zulässig.

 

Verfahrensgang

AG München (Urteil vom 15.10.2010; Aktenzeichen 481 C 306/10)

 

Tenor

I. Das Urteil des Amtsgerichts München vom 15.10.2010 wird in Ziffer I des Tenors wie folgt abgeändert:

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 03.03.2010 zu TOP 1a und 1b werden insoweit für ungültig erklärt, als darin ein Balkonanbau mit Balkontüren inklusive Planung und hierzu erforderlicher Baugenehmigung mitbeschlossen wurde,

es wird festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 03.03.2010, TOP 1c nichtig ist,

der Beschluss vom 03.03.2010, TOP 2a wird bezüglich der Einzeljahresabrechnungen für 2009 im Punkt 5, „Hausreinigung ohne RGB”, und im Punkt 10, „Hausverwaltung”, für ungültig erklärt,

der Beschluss vom 03.03.2010, TOP 2b (Entlastung der Hausverwaltung) wird für ungültig erklärt,

im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Das Urteil des Amtsgerichts München vom 15.10.2010 wird im Kostenausspruch aufgehoben. Von den Kosten beider Instanzen trägt die Klägerin 65 % und die Beklagten tragen samtverbindlich 35 %.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft nicht in Betracht kommt: Die Revision wurde nicht zugelassen; eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs 2 WEG n. F. ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 4 WEG handelt (Spielbauer/Then, WEG, § 62 Rz. 6).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.

1. Die Anfechtungsklage ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass die von der Klägerin in erster Instanz vorgelegte Eigentümerliste die Miteigentümerin O. nicht aufführt. Die Miteigentümerin O. hält den Miteigentumsanteil gemeinschaftlich mit ihrem in der vorgelegten Liste aufgeführten Ehemann.

a) Grundsätzlich sind gemäß § 253 II Nr. 1, IV i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO sämtliche Parteien mit ladungsfähiger Anschrift genau zu bezeichnen (BGH Urteil vom 04.03.2011, Az.: V ZR 190/10; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 253 Rz. 8). § 44 I 2 WEG ändert an diesem Erfordernis grundsätzlich nichts; die Norm verlängert lediglich den Zeitpunkt, bis zu dem die Parteien nach § 253 ZPO zu bezeichnen sind (BGH Urteil vom 04.03.2011, Az.: V ZR 190/10). Von diesen strengen Anforderungen kann dann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn dem Kläger in bestimmten Konstellationen die genaue Bezeichnung der Parteien nicht möglich oder unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange nicht zumutbar ist (BGH Urteil vom 04.03.2011, Az.: V ZR 190/10, Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 253 Rz. 8).

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Klage hier zulässig.

(1) Zwar wurden nicht sämtliche Beklagten bis zum gemäß § 44 I 2 WEG maßgeblichen Zeitpunkt korrekt bezeichnet: Von zwei Miteigentümern, die ihren Miteigentumsanteil gemeinschaftlich in Bruchteilsgemeinschaft halten, wurde nur einer genannt. Erst in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer wurde der fehlende Name ergänzt.

(2) Es geht hier allerdings nicht um das Problem, dass den Anforderungen des § 253 ZPO überhaupt nicht genügt wurde – zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung liegen die Voraussetzungen des § 253 ZPO vor. Es geht vielmehr darum, dass den Anforderungen bis zum Zeitpunkt nach § 44 I 2 WEG nicht fehlerfrei genügt wurde und dieses Manko erst später behoben wurde. Nach Ansicht der Kammer schließt § 44 I 2 WEG aber eine solch nachträgliche Fehlerbehebung in einzelnen Punkten nicht aus. Das ergibt sich aus den schutzwürdigen Belangen der Anfechtungsklägerin, denen Interessen der Beklagten nicht entgegenstehen.

(a) Auf der einen Seite kann es der Klagepartei durchaus sehr leicht passieren – und passiert es nach den Erfahrungen der Kammer in der Praxis auch öfters –, eine kleine Ungenauigkeit bzw. Unvollständigkeit in der Eigentümerliste bis zum Zeitpunkt des § 44 I 2 WEG nicht zu bemerken. Die Gefahr wird auch nicht durch die Möglichkeit einer Grundbucheinsicht zuverlässig ausgeschlossen. Ein Eigentumserwerb außerhalb des Grundbuchs etwa (namentlich durch Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 I BGB) würde sich der Klagepartei auf diesem Wege nicht ohne weiteres offenbaren. Zu beachten ist auch, dass es bei § 46 I WEG auf die übrigen Eigentümer zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage ankommt (vgl. Niedenführ, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 44 Rz. 11), also der Klagezustellung. Die Klagepartei muss diesen Zeitpunkt zunächs...

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