Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Leitsatz (amtlich)

1. In einem Beschlussanfechtungsverfahren kann ein zunächst mitverklagter Miteigentümer grundsätzlich auch noch nach Ablauf der Anfechtungsfrist gemäß § 46 I WEG dem Rechtsstreit auf Klägerseite als Nebenintervenient beitreten (Anschluss an BGH NJW 2009, 2132, Tz. 21).

2. Aus § 16 IV WEG ergibt sich keine Beschlusskompetenz für allgemeine, über eine Einzelfallregelung hinausgehende Änderungen des Kostenverteilungsschlüssels für Instandhaltungen und Instandsetzungen (Anschluss an BGH NJW 2010, 2654, Tz. 15).

3. Eine Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels nach § 16 III WEG oder § 16 IV WEG bedarf eines ausdrücklichen Änderungsbeschlusses (Anschluss an BGH NJW 2010, 2654, Tz. 16).

 

Verfahrensgang

AG Traunstein (Urteil vom 15.12.2010; Aktenzeichen 311 C 619/10 WEG)

 

Tenor

I. Die Nebenintervention wird zugelassen.

II. Die Berufung des Klägers zu 1) wird zurückgewiesen.

III. Auf die Berufung der Klägerin zu 2) wird das Endurteil des Amtsgerichts Traunstein vom 15.12.2010 in Ziffer 1 des Tenors dahingehend abgeändert, dass auf die Klage der Klägerin zu 2) der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 10.04.2010, TOP 4 für ungültig erklärt wird und die Klage des Klägers zu 1) abgewiesen wird.

IV. Das Urteil des Amtsgerichts Traunstein vom 15.12.2010 wird im Kostenausspruch aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten tragen der Kläger zu 1) und der Nebenintervenient 50 %, die restlichen 50 % tragen die Beklagten samtverbindlich. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger zu 1) und der Nebenintervenient 50 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) tragen die Beklagten samtverbindlich. Die außergerichtlichen Kosten des Nebenintervenienten tragen die Beklagten samtverbindlich zu 50 %. Im übrigen trägt jeder seine außergerichtlichen Kosten selbst.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.389,50 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, daein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft nicht in Betracht kommt: Die Revision wurde nicht zugelassen; eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs 2 WEG n. F. ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 4 WEG handelt (Spielbauer/Then, WEG, § 62 Rz. 6).

 

Entscheidungsgründe

II.

Es war durch Zwischenurteil festzustellen, dass die Nebenintervention zugelassen wird.

1. Die Beklagten haben die Zulässigkeit der erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist erfolgten Nebenintervention auf Seiten der Anfechtungskläger in Abrede gestellt. Nach § 71 I 1 ZPO war deswegen durch Zwischenurteil über die Zulässigkeit dieser Nebenintervention zu entscheiden. Dieses Zwischenurteil konnte mit dem Endurteil verbunden werden (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 71 Rz. 5).

2. Die Nebenintervention war nach Ansicht der Kammer zuzulassen.

a) Die Nebenintervention setzt gemäß § 66 I ZPO voraus, dass ein Rechtsstreit zwischen anderen Personen anhängig ist. Der Nebenintervenient darf daher nicht selbst schon Partei des Rechtsstreits sein (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 66 Rz. 3). Diese Voraussetzung liegt hier vor.

Zwar stand der Nebenintervenient als einer der „übrigen Miteigentümer” im Sinne des § 46 I WEG vor dem Beitritt auf Klägerseite schon auf der beklagten Seite, war insoweit also bereits Partei des Anfechtungsrechtsstreits. Jedoch war der Nebenintervenient vor dem Beitritt nur einer von mehreren (notwendigen) Streitgenossen auf der beklagten Seite. Zu jedem einzelnen dieser Streitgenossen entsteht aber ein gesondertes Prozessrechtsverhältnis (OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2010, 140; Niedenführ, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 47 Rz. 14; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 61 Rz. 1 und § 62 Rz. 1). Die Prozessrechtsverhältnisse der anderen Streitgenossen sind aber aus Sicht des Nebenintervenienten Rechtsstreitigkeiten zwischen anderen Personen im Sinne des § 66 I ZPO. Deswegen ist es möglich, dass einer von mehreren Streitgenossen dem Rechtsstreit gegen die anderen Streitgenossen als Streithelfer beitritt (BGHZ 8, 72; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2010, 140; Niedenführ, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 47 Rz. 14; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 66 Rz. 3). Dabei ist auch ein Beitritt auf Seiten des Prozessgegners vom Gesetz nicht ausgeschlossen und also grundsätzlich zulässig (BGHZ 8, 72; Niedenführ, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 47 Rz. 14; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 66 Rz. 3).

b) Der Nebenintervention steht auch nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des Beitritts die Anfechtungsfrist gemäß § 46 I WEG schon abgelaufen war.

(1) Ob in diesem Verfahrensstadium noch ein Beitritt auf Klägerseite möglich ist, ist umstritten (bejahend BGH NJW 2009, 2132, 2134, Tz. 21; ablehnend, soweit es nicht um Nichtigkeitsgründe geh...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge