Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendige Streitgenossenschaft bei Zustimmungsklage zur Mieterhöhung: Vermieterstellung nach Schenkung eines Grundstücksmiteigentumsanteils

 

Leitsatz (amtlich)

(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Verschenkt der vermietende Grundstückseigentümer während des bestehenden Mietverhältnisses einen Miteigentumsanteil (hier: an seine Ehefrau), so erlangt der Beschenkte mit dem Eigentumserwerb die Stellung des Mitvermieters.

 

Tatbestand

(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM) Zwischen Mieter und Vermieter wurde 1988 ein Mietvertrag abgeschlossen. Der Vermieter heiratete in der Folgezeit und übertrug 1996 seiner neuen Ehefrau einen ideellen Miteigentumsanteil an dem Grundstück in Form einer Schenkung. Im November 1999 verlangten der Vermieter und seine Ehefrau die Zustimmung zur Mieterhöhung gemäß §2 MHG zum 1. 2. 2000. Als der Mieter der Mieterhöhung nicht zustimmte, erhob lediglich der Vermieter ohne seine Ehefrau Klage auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete.

Im Rechtsstreit trug der Vermieter vor, durch die Übertragung des ideellen Miteigentums sei seine Ehefrau nicht Vermieterin des Mieters geworden, so dass er alleine berechtigt sei, den Mieter auf Zustimmung zur Mieterhöhung zu verklagen. Das Amtsgericht Marburg gab dem Vermieter in dieser Argumentation recht. Im Berufungsverfahren nahm der Vermieter hilfsweise eine Parteierweiterung vor.

 

Entscheidungsgründe

Die sowohl statthafte als auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Klage auf Zustimmung zur Erhöhung der Nettomiete ist unbegründet, da nicht auch - was erforderlich gewesen wäre - die Ehefrau des Klägers als Miteigentümerin Klage erhoben hat; die hilfsweise erklärte Parteierweiterung ist unwirksam.

Die Ehefrau des Klägers ist durch die Übertragung eines Miteigentumsanteils an dem vermieteten Objekt nach § 571 BGB mit in den zwischen dem Kläger und dem Beklagten geschlossenen Mietvertrag eingetreten. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nach wie vor (Mit-)Eigentümer geblieben ist.

Ein über ein Grundstück geschlossener einheitlicher Mietvertrag wird durch die Veränderung der dinglichen Rechtslage, nämlich die Teilung des Grundstücks und/oder die vom Eigentümer, der zugleich Vermieter ist, vorgenommene Veräußerung von Teilen an andere Erwerber nicht in mehrere Mietverhältnisse aufgespalten. Vielmehr tritt der Erwerber gemäß § 571 BGB in den einheitlichen Mietvertrag ein (vgl. BayObLG NJW-RR 1991, 651 (=WM 1991, 78) m.w.N.). Damit treten die Erwerber in die formale Vermieterstellung ein und müssen als Vermietermehrheit einheitlich ein Mieterhöhungsverlangen stellen und ggf. auf Zustimmung klagen. Das gilt selbst dann, wenn der bisherige Vermieter nur einen Miteigentumsanteil veräußert. Zwar greift §571 BGB vornehmlich in den Fällen, in denen die Veräußerung das gesamte Grundstück umfasst (vgl. Putzo in: Palandt, BGB, 58. Aufl., Rdnr. 6 zu § 571 m.w.N.). Wird jedoch ein Teil eines Mietobjekts abgetrennt und anschließend veräußert, gilt § 571 BGB allerdings bezogen auf den veräußerten Teil (vgl. BayObLG a.a.O.). Bei dem Hinzutreten eines neuen Miteigentümers liegt im Vergleich zur Teilveräußerung keine wesentlich andere Interessenlage vor. Miteigentümern steht nach § 744 Abs.1 BGB die gemeinschaftliche Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes zu. Ohne den Eintritt des neuen Miteigentümers in den Mietvertrag kann dieser der bisherigen Vermietung widersprechen und Ansprüche auf Herausgabe der Mietsache geltend machen. Der Schutzzweck des § 571 BGB gebietet es deshalb in den Fällen der Begründung von Miteigentum durch Hinzutreten eines oder mehrerer weiterer Miteigentümer, zugunsten des Mieters § 571 BGB auf die hinzutretenden Miteigentümer anzuwenden. Deshalb ist vorliegend die Ehefrau des Klägers nach § 571 BGB in den bereits bestehenden Mietvertrag mit eingetreten.

Da neben dem Kläger auch dessen Ehefrau Vermieterin der streitgegenständlichen Wohnung ist, hätten beide Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung erheben müssen. Denn sie sind als Miteigentümer und Gesamtgläubiger vorliegend notwendige Streitgenossen gemäß § 62 Alt. 2 ZPO (vgl. Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., Rdnr. 517 zu § 2 MHG m.w.N.). Dem Kläger steht insofern eine Prozessstandschaft weder aus § 432 Abs. 1 BGB, da es hier um die Geltendmachung eines Gestaltungsrechtes geht, noch mangels eines Anspruchs aus dem Eigentum nach § 1011 BGB oder aus § 744 Abs. 2 BGB, weil es an einer Notgeschäftsführung fehlt, zu (vgl. hierzu OLG Celle NJW-RR 1994, 854 (=WM 1995, 193)). Da der Kläger jedoch behauptet, materiell-rechtlich allein zur Geltendmachung des Mieterhöhungsverlangens berechtigt zu sein, ist die Klage nicht als unzulässig, sondern als unbegründet anzuweisen (vgl. Schilken in: MüKo, ZPO, 2. Aufl., Rdnr. 47 zu § 62).

Die daneben vom Kläger hilfsweise erklärte Klageänderung/ Parteierweiterung erweist sich bereits als unzulässig...

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