Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckung aus Räumungsvergleich. Räumungsfrist

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Eine Verkürzung und Aufhebung einer in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarten Räumungsfrist ist nach geltendem Recht im Verfahren gemäß ZPO § 794a nicht möglich.

 

Gründe

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Zutreffend hat das AG ausgeführt, daß eine Verkürzung und Aufhebung einer in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarten Räumungsfrist nach geltendem Recht im Verfahren nach § 794a ZPO nicht möglich ist.

Soweit der Gläubiger im Schriftsatz v. 26.2.1981 geltend macht, daß nach ständiger gerichtlicher Praxis vergleichsweise vereinbarte Räumungsfristen nach § 794a ZPO "verlängert" würden, so trifft es zwar zu, daß in der Praxis in solchen Fällen diese Formulierung mitunter verwendet wird. Rechtsdogmatisch stellt eine solche "Verlängerung" jedoch keine Verlängerung einer vereinbarten Räumungsfrist, sondern die erstmalige Bewilligung einer gerichtlichen Räumungsfrist nach § 794a Abs. 1 S. 1 ZPO dar. Erst eine solche Frist kann gem. § 794a Abs. 2 ZPO (verlängert oder) verkürzt werden.

Eine analoge Anwendung des § 794a Abs. 2 ZPO kann aus den vom AG ebenfalls zutreffend dargelegten Gründen auch nicht unter den in der sofortigen Beschwerde geltend gemachten Gesichtspunkten vorgenommen werden. Dem Gläubiger bleibt insoweit nur die Möglichkeit, die auch das AG angedeutet hat, im Wege einer besonderen Klage gegen den Prozeßvergleich vorzugehen. Denn entgegen der Meinung des LG Bielefeld (MDR 1966, 333) ist die hier gegebene Sachlage mit der in § 794a Abs. 2 ZPO vorausgesetzten gerade nicht vergleichbar, weil eine Räumungsfrist in einem Vergleich u.a. deswegen vereinbart wird, weil der Mieter sich freiwillig zur Räumung verpflichtet, während bei der gerichtlichen Gewährung einer Räumungsfrist die Räumungsverpflichtung keinerlei Einfluß darauf hat, ob und für welche Zeit eine solche Frist gewährt wird. Eine Entscheidung über die Abkürzung oder vollständige Aufhebung der vergleichsweise vereinbarten Räumungsfrist müßte daher auch eine Überprüfung der Berechtigung der Räumungsverpflichtung des Mieters umfassen. Eine solche Überprüfung ist im Rahmen des § 794a Abs. 2 ZPO aber, wie das AG richtig ausgeführt hat, nicht möglich und nicht zulässig. Eine solche Überprüfung kann nur erfolgen, wenn der Vergleich insgesamt angegriffen wird. Daß dieser Weg umständlicher ist, ist bei der gegebenen Rechtslage nicht zu vermeiden.

Das in der Beschwerde vorgetragene Argument, durch die vom AG vertretene Rechtsauffassung werde der Abschluß von Räumungsvergleichen mit Räumungsfristen erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht, hält die Kammer für unzutreffend. Denn es besteht die Möglichkeit, daß die Parteien in dem Vergleich nur eine Räumungsverpflichtung des Mieters vereinbaren und bezüglich einer Räumungsfrist eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen. Wenn der Vermieter einem entsprechenden Antrag des Mieters nicht entgegentritt, wird das Gericht in der Regel eine solche Räumungsfrist gewähren. Daß er nicht entgegentreten wird, kann in dem Vergleich vereinbart werden. Durch die Vereinbarung eines späteren Räumungszeitpunktes als dem Tag des Vergleichsabschlusses kann auch der vom Vermieter gebilligte Wunsch des Mieters verwirklicht werden, insgesamt mehr als ein Jahr ab dem Tag des Vergleichsabschlusses Zeit für die Suche einer neuen Wohnung zu erhalten (vgl. § 794a Abs. 3 S. 2 ZPO). In allen diesen Fällen liegt dann eine gerichtliche Räumungsfrist nach § 794a Abs. 1 ZPO vor, die nach Abs. 2 verkürzt werden kann, wenn eine Änderung der Interessenlage auf seiten des Vermieters dies erforderlich macht.

Die Kammer hält es auch nicht für ausgeschlossen, daß die Parteien in dem Vergleich eine Räumungsfrist vereinbaren, der Mieter sich aber gleichzeitig verpflichtet, hieraus für den Fall keine Rechte herzuleiten, daß nach Abschluß des Vergleichs Gründe entstehen, die den Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigen würden.

Wie diese beiden Beispiele, einen Vergleich zu gestalten, zeigen, lassen sich durchaus Möglichkeiten finden, die beiderseitigen Interessen auch dann zu wahren, wenn die Parteien ihren Streit durch einen Räumungsvergleich beenden wollen.

Nach allem ist daher die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1732190

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