Verfahrensgang

AG Bergheim (Urteil vom 02.12.2003; Aktenzeichen 27 C 348/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Bergheim vom 2.12.2003 (27 C 348/03) abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 524,14 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.4.2003 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Hinsichtlich des Tatbestands wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.

Die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassene und deshalb ohne Erreichen des Beschwerdewerts zulässige Berufung ist auch in der Sache erfolgreich. Das Amtsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung des Mehrwertsteueranteils in Höhe von 524,14 EUR aus § 249 BGB.

Die Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig. Der Höhe nach ist die Beklagte zur Erstattung des gesamten Bruttowiederbeschaffungswerts gemäß Gutachten des Sachverständigen F vom 27.3.2003 (Bl. 12 ff. d.A.), d.h. auch des Mehrwertsteueranteils in Höhe von 524,14 EUR, verpflichtet.

Ob es sich bei der Ersatzbeschaffung eines Gebrauchtfahrzeugs um einen Fall der Naturalrestitution i.S.d. § 249 BGB und nicht um einen Wertersatzanspruch gemäß § 251 BGB wegen Unmöglichkeit der Wiederherstellung handelt, weil der Geschädigte durch die Beschaffung eines gleichwertigen Gebrauchtfahrzeugs in dieselbe wirtschaftliche Lage versetzt wird wie vor dem schädigenden Ereignis (vgl. BGHZ 115, 364; a.A. etwa Palandt/Heinrichs § 251 BGB Rn 12 m.w.N.), kann dahin stehen. Denn im vorliegenden Fall ist nach Ansicht der Kammer selbst im Falle der Naturalrestitution ein Abzug des Mehrwertsteueranteils gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht vorzunehmen.

Der Wortlaut der Norm spricht zwar auf den ersten Blick gegen eine Erstattung des Mehrwertsteuerbetrags. Jedoch rechtfertigen Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte im vorliegenden Fall die Bejahung einer Erstattungsfähigkeit im Wege teleologischer Reduktion der Norm. Der Gesetzgeber wollte durch die Neuregelung in erster Linie eine ungerechtfertigte Bereicherung von Geschädigten vermeiden, die eine abstrakte Schadensberechnung auf der Basis fiktiver Reparaturkosten vornehmen, ohne den Nachweis einer ordnungsgemäßen Reparatur und des Anfalls der Umsatzsteuer auf die Reparaturkosten zu führen. In der Gesetzesbegründung (BT-Dr. 14/7752, S. 23) wurde auch der Fall der Wiederherstellung durch Ersatzbeschaffung von Privat ausdrücklich als Beispiel für den Anwendungsbereich der gesetzlichen Neuregelung genannt. In diesen Fällen soll die tatsächlich nicht angefallene Umsatzsteuer auch nicht erstattet werden, um eine Überkompensation des Schadens zu vermeiden. Dabei ging der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass Reparaturarbeiten und Ersatzbeschaffung regelmäßig als mehrwertsteuerpflichtige Leistungen zu erhalten sind, so dass die Zubilligung des in den kalkulierten Reparaturkosten bzw. Wiederbeschaffungskosten enthaltenen Mehrwertsteueranteils unabhängig von der tatsächlichen Durchführung einer mehrwertsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung eine ungerechtfertigte Bereicherung des Geschädigten darstellen würde. Diese Überlegung greift indes für Leistungen, die in der Regel nicht der (vollen) Mehrwertsteuer unterfallen, wie die Ersatzbeschaffung von älteren Gebrauchtfahrzeugen, nicht durch (vgl. Huber NZV 2004, 106).

Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln (Urteil vom 5.12.2003 – 19 U 85/03), der die Kammer folgt, ist bei der abstrakten Schadensberechnung nach den fiktiven Kosten der Ersatzbeschaffung eines gebrauchten Fahrzeugs im Bruttowiederbeschaffungswert in der Regel nur ein nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB n.F. nicht zu ersetzender Mehrwertsteueranteil von ca. 2 % (Differenzbesteuerung gemäß § 25 a UStG) enthalten (ebenso AG Bergisch Gladbach, Urteil vom 5.8.2003, 61 C 122/03; AG Erkelenz, Urteil vom 27.6.2003, 15 C 226/03; AG Holzminden, Urteil vom 20.12.2002, 10 C 384/02; AG Homburg, Urteil vom 17.4.2003; AG Kaiserslautern, Urteil vom 20.6.2003, 8 C 558/03; AG Papenburg, Urteil vom 19.6.2003, 2 C 162/03; a.A. AG Amberg, Urteil vom 8.5.2003, 2 C 1520/02; AG Berlin-Mitte, Urteil vom 28.2.2003, 101 C 3391/02; AG Bochum, Urteil vom 12.12.2002, 42 C 535/02; AG Geilenkirchen, Urteil vom 11.4.2003, 5 C 199/02; AG Gladbeck, Urteil vom 9.12.2002, 12 C 327/02; AG Göttingen, Urteil vom 3.6.2003, 22 C 179/03), weil der Geschädigte sich nicht darauf verweisen lassen muss, ein vergleichbares Fahrzeug von einem Gebrauchtwagenhändler, das dieser nicht von einem Privatmann erworben hat und für das...

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