Verfahrensgang

AG Heidelberg (Urteil vom 24.06.2016; Aktenzeichen 45 C 9/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 24.06.2016, Az. 45 C 9/16, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28. Oktober 2010 unter TOP 1, wonach Abstimmungen künftig nach dem Objektverfahren erfolgen und jede Wohneinheit eine Stimme hat, nichtig ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerinnen, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerinnen zu 90 Prozent und die Beklagten zu 10 Prozent.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft … und streiten über das Stimmrechtsprinzip, nach dem innerhalb der Eigentümerversammlungen die Stimmen abgegeben und gewertet werden, sowie die Stimmverteilung. Hintergrund des Streits ist eine Teilung des Miteigentumsanteils der Klägerin Ziffer 1 in zwei neue Miteigentumsanteile.

Laut Teilungserklärung vom 10. April 1992 bestehen vier Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum an Wohnungen, die sich jeweils über zwei Stockwerke erstrecken (Akten erster Instanz Seite 75). Die Klägerin Ziffer 1 war seit 1992 Eigentümerin des zweiten Miteigentumsanteils mit einer Größe von 303/1.000. Im Bereich ihres Sondereigentums bestanden bereits bei ihrem Einzug zwei Wohnungen mit separaten Eingängen ohne eine bei den übrigen Wohnungen vorhandene interne Verbindungstreppe zwischen den Stockwerken. Mit notarieller Urkunde vom 19. März 2013 (Akten erster Instanz Seite 39) teilte die Klägerin Ziffer 1 ihren Miteigentumsanteil in zwei Miteigentumsanteile zu 192/1.000 und 111/1.000 auf und übertrug das Eigentum an der neuen Wohnung Nummer 5 der Klägerin Ziffer 2. Die Änderung Wurde im Grundbuch eingetragen. Eine bauliche Abgeschlossenheitsbescheinigung lag vor.

Laut Teil II Ziffer 14 der Teilungserklärung wird in der Eigentümerversammlung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile abgestimmt, d.h. jeder volle Tausendstel des Miteigentumsanteils gibt eine Stimme. Halbsatz 2 dieser Bestimmung ermöglicht, dass die Eigentümer in einer Versammlung mehrheitlich beschließen, dass jeder Wohneinheit eine Stimme zukommt. Steht der Miteigentumsanteil mehreren Personen zu, können diese ihr Stimmrecht nur einheitlich ausüben. In der Eigentümerversammlung vom 28. Oktober 2010 (Protokoll vom 9. November 2010, Akten erster Instanz Seite 111) beschlossen die Eigentümer mit 697 Ja-Stimmen zu 303 Nein-Stimmen einen Wechsel bei den künftigen Abstimmungen in der Eigentümerversammlung zum Objektprinzip, wonach jeder Wohnung eine Stimme zukommt.

In der Eigentümerversammlung vom 12. Januar 2016 verlangten die Klägerinnen eine Änderung der Teilungserklärung dahingehend, dass die Teilung des Miteigentumsanteils der Klägerin Ziffer 1 in § 2 der Teilungserklärung berücksichtigt wird und dass künftig beiden Wohnungen je eine Stimme zukommt. Die Anträge wurden mit den Stimmen der Beklagten abgelehnt.

Die Klägerinnen trugen in erster Instanz vor:

Die Teilungserklärung müsse, schon wegen des Erfordernisses der Abgeschlossenheit aus § 3 Absatz 2 WEG, dem tatsächlichen Zustand angepasst werden. Sie meinen, dass sie einen Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung und Berücksichtigung der Änderung in der Eigentümerversammlung haben. Verjährung dieses Anspruchs sei nicht eingetreten, weil der Miteigentumsanteil erst 2013 aufgeteilt wurde. Dass die Eigentümer der Wohnung Nummer 2 und der Wohnung Nummer 5 nur eine halbe Stimme hätten, sei eine eklatante Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes.

Sie beantragten daher die Ungültigerklärung der beiden ablehnenden Beschlüsse und die Feststellung, dass die Änderungen der Stimmzuweisung und die Änderung der Teilungserklärung wie in der Eigentümerversammlung beantragt beschlossen worden seien.

Die Beklagten beantragten Klageabweisung und trugen zur Begründung vor, dass bereits im Jahr 2013 ein inhaltsgleiches Änderungsverlangen der Klägerinnen abgelehnt worden sei. Zur Anfechtung des nunmehr gefassten Zweitbeschlusses fehle den Klägerinnen das Rechtsschutzbedürfnis. Ansprüche auf Änderung der Teilungserklärung gebe es nicht, sie seien überdies verjährt. Die Wohnung der Klägerin Ziffer 1 möge planabweichend errichtet worden sein, es fehle daher allenfalls an einer plangerechten Herstellung des Gebäudes. Der Anspruch auf Berichtigung bestünde schon seit 1992 und wäre dann spätestens im Jahr 2002 verjährt. Es gebe auch keinen Anlass zur Stimmvermehrung. An der Aufteilung des Miteigentumsanteils seien sie nicht beteiligt gewesen; die Aufteilung dürfe für sie nicht nachteilig sein. Schon deshalb dürfe ihr Stimmrecht durch eine Stimmvermehrung nicht geschmälert werden. Die Anwendung des Objektprinzips sei ordnungsgemäß und bestandskräftig beschlossen worden. ...

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