Verfahrensgang

AG Solingen (Urteil vom 23.09.2008; Aktenzeichen 15a C 21/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Berufungskläger vom 27.10.2008 gegen das Urteil des Amtsgerichts Solingen vom 23. September 2008 – Az.: 15 a C 21/08 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 29. April 2008 zu Tagesordnungspunkt 5 gefasste Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft … nur insoweit für ungültig erklärt wird, als er die Änderung der Verteilerschlüssel für die Kostenpositionen „Hausreinigung” und „Aufzüge” zum Inhalt hat.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Beklagten; die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Berufungskläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft ….

§ 12 Abs. 1 S. 2 der Teilungserklärung der Gemeinschaft (Bl. 38 d.A.) sieht für das Gemeinschaftseigentum eine Kosten- und Lastenverteilung im Verhältnis der Miteigentumsanteile vor. Im Jahr 2005 beschlossen die Eigentümer die Umlage der Kosten für die Hausreinigung nach dem Verteilerschlüssel „Personen × Monate”. Die Nichtigkeit dieses Beschlusses wegen fehlender Beschlusskompetenz steht zwischen den Parteien außer Zweifel.

In der Eigentümerversammlung vom 29. April 2008 wurden unter anderem mehrere Beschlüsse zur Neuverteilung der Kostentragungspflicht gefasst. Unter dem Tagesordnungspunkt 4 Beschlussantrag Nr. 2 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich (11 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme, 3 Enthaltungen), dass die Kosten der Hausreinigung in der Jahresabrechnung 2007 entgegen dem Wirtschaftsplan nach Wohneinheiten umgelegt werden. Zu Tagesordnungspunkt 5 erfolgte eine Beschlussfassung dahingehend, dass dem Wirtschaftsplan und der Jahresabrechnung 2008 bezüglich der Kostenpositionen „Hausreinigung”, „Müllgebühren”, „Wasser/Abwasser” und „Aufzüge” neue Verteilerschlüssel zugrundegelegt werden. Kosten für „Hausreinigung” und „Aufzüge” sollten demgemäß nach Wohneinheiten (Verteilerschlüssel 213) abgerechnet werden. Unter Tagesordnungspunkt 6 beschlossen die anwesenden Eigentümer einstimmig den Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 unter Berücksichtigung der entsprechend Tagesordnungspunkt 5 geänderten Verteilerschlüssel.

Gegen diese Beschlussfassungen wendet sich der Kläger im Wege der Anfechtungsklage. Das Amtsgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und die streitgegenständlichen Beschlüsse für ungültig erklärt. Es hat angenommen, dass eine rückwirkende Änderung der Verteilerschlüssel (TOP 4 Beschlussantrag Nr. 2) unzulässig sei. Zudem fehle es in Bezug auf die maßgebliche Regelung in der Teilungserklärung an einem sachlichen Grund für die Änderung des Verteilungsschüssels. Hinsichtlich der Kostenverteilungsregelung zur Position „Aufzüge” handele es sich nicht um eine Regelung zu Betriebskosten i.S.v. § 16 Abs. 3 WEG, da aufgrund des offenen Wortlauts des Beschlusses auch Kosten der Instandsetzung- und Instandhaltung der Aufzüge erfasst seien. Einige der in erster Instanz Beklagten wenden sich mit der Berufung gegen die Klagestattgabe und begehren unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Vortrags die vollumfängliche Klageabweisung.

Von der Darstellung tatsächlicher Feststellungen im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 62 Abs. 2 WEG abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Beschlüsse zu TOP 4 Beschlussantrag Nr. 2 und TOP 6 vollumfänglich für ungültig erklärt. Entscheidender Grund für die Begründetheit der Anfechtung ist nach Ansicht der Kammer, dass die getroffenen Beschlüsse zur geänderten Kostenverteilung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Dies ist jedoch gemäß § 16 Abs. 3 WEG Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit für Beschlüsse zur abweichenden Verteilung von Betriebs- und Verwaltungskosten. Wie die Gesetzesbegründung zur Neufassung von § 16 Abs. 3 WEG deutlich macht, entspricht die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels sowohl für die Entscheidung des „Ob” einer Änderung der Kostenverteilung als auch für die des „Wie” nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn ein sachlicher Grund vorliegt (vgl. BT-Drucksache 16/887, S. 23). Die Gesetzesbegründung knüpft insoweit an die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel (BGHZ 95, 137 ff.) an. Darlegungs- und beweisbelastet für Umstände, aus denen sich eine sachliche Rechtfertigung ergibt, sind die Beklagten (vgl. Becker in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 16, Rn. 99). Als solche kommen insbesondere eine höhere Kostengerechtigkeit (vgl. Jennißen in Jennißen, WEG, § 16, Rn. 28) oder die Änderung der Verhältnisse in wesentlichen Punkten oder der Umstand, dass sich die ursprünglich vorgesehene Verteilung nicht bewährt hat (vgl. BGHZ 95, 137 ff.), in Betracht.

Bei der gerichtlichen Überprüfung ist zwa...

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