Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumung

 

Verfahrensgang

AG Heilbronn (Urteil vom 19.04.1991; Aktenzeichen 10 C 4571/90)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Heilbronn vom 19.4.1991 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

A) Die an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie auch Erfolg. Die Kläger können nicht Räumung der Wohnung verlangen, weil die Kündigung vom 20.11.1990 das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis nicht wirksam beendete. Gründe, die eine fristlose Kündigung nach § 554 a BGB gerechtfertigt hätten, lagen nicht vor.

I. Allerdings greift der Einwand der Berufung, die Kündigung sei hier schon aufgrund analoger Anwendung des § 554 II Nr. 2 S. 1 BGB unwirksam, nicht durch.

1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt, daß für die Rechtzeitigkeit der Mietzinszahlungen nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 270 I, IV; 269 I BGB die Absendung bzw. – bei Banküberweisungen – die ordnungsgemäße Veranlassung der Überweisung am Wohnsitz des Schuldners ausschlaggebend ist, da es sich insoweit um eine Schickschuld handelt, die den Leistungsort grundsätzlich am Wohnort des Schuldners beläßt (vgl. Palandt, 50. Auflage, § 551, Rn. 1; § 270 Rn. 1, 6 m.w.N.). Die am 3.1.1991 von den Beklagten veranlaßte, am 7.1.91 aber erst dem Konto der Klägerinnen gutgeschriebene Überweisung wäre somit rechtzeitig im Sinne des § 554 II Nr. 2 S. 1 BGB erfolgt.

2. Eine Heilung nach dieser Vorschrift scheitert aber schon daran, daß die Bestimmungen der §§ 270, 269 BGB über den Leistungsort von den Parteien in § 4 III des Mietvertrages insoweit wirksam abbedungen wurden, als für die Rechtzeitigkeit der Zahlung nicht die Absendung, sondern die Ankunft des Geldes ausschlaggebend ist. Es handelt sich insoweit um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die aber einer Überprüfung nach § 9 AGBG standhält. Zwar weicht sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, nämlich der Festlegung des Leistungsortes in §§ 269, 270 BGB, ab. Hierin kann aber keine unangemessene Benachteiligung nach § 9 II Nr. 1 oder 2 AGBG gesehen werden. Mit dieser Klausel wird die insbesondere durch die Banklaufzeit bedingte Verzögerung des Zahlungseingangs dem Mieter angelastet, was eine Vorverlegung des Fälligkeitszeitpunktes in tatsächlicher Hinsicht zur Folge hat. Diese Vorverlegung dürfte sich aber auf wenige Tage beschränken, was sich hier darin zeigt, daß die Überweisung vom 3.1.91 schon nach 4 Tagen gutgeschrieben wurde. Diese Verschiebung des Fälligkeitszeitraums um wenige Tage ist vergleichsweise gering und nicht benachteiligend, zumal die h.M. sogar die Abbedingung des § 551 BGB durch Allgemeine Geschäftsbedingungen und eine Fälligkeitsbestimmung zu Beginn des Monates für zulässig erachtet (vgl. Palandt, § 551, Rn. 2). Unter diesen Voraussetzungen ist aber die Zahlung der Beklagten im Januar nicht rechtzeitig bei den Klägerinnen eingegangen und die Beklagten werden für die Zukunft zu beachten haben, daß der Eingang des Mietzinses auf dem Konto der Klägerinnen für die Rechtzeitigkeit der Zahlung nach § 4 des Mietvertrages entscheidend ist.

3. Einer Heilung der verspäteten Mietzinszahlungen steht auch entgegen, daß § 554 II Nr. 2 S. 1 BGB auf die hier in Frage stehende außerordentliche Kündigung gemäß § 554 a BGB nicht analog anwendbar ist (Münchener Kommentar – Voelskow, 2. Auflage, Bd. 3, § 554 a, Rn. 14; BGH, NJW-RR 1988, 77 [78]; Palandt, § 554 a, Rn. 6). Der BGH (a.a.O.) betont mit Recht, daß die Eigenart der Kündigung nach § 554 a BGB, die als begrenzendes Merkmal die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses aufweist, eine Analogie weder erforderlich noch möglich macht. Zudem zeigt auch die Entstehungsgeschichte, daß eine Ausdehnung der Heilungsmöglichkeit des § 554 II Nr. 2 BGB vom Gesetzgeber nicht beabsicht war. Durch das 1. MietRÄndG wurde § 554 a BGB eingefügt (vgl. Voelskow in Münchener – Kommentar, § 554, Rn. 1), wobei § 554 BGB durch dieses Änderungsgesetz neu gefaßt wurde (Voelskow a.a.O., § 554, Rn. 1). Daß dennoch eine Verweisung auf § 554 II BGB in § 554 a BGB vom Gesetzgeber nicht erfolgte, zeigt, daß eine hiernach ausgesprochene Kündigung nicht nachträglich durch pünktliche Zahlungen ihre Wirksamkeit verlieren kann. Zudem ist auch unklar, welche Vorausetzungen für eine Heilung bei § 554 a BGB gelten würden, da die unpünktlichen Mietzahlungen zwar verspätet, aber eben in aller Regel doch geleistet wurden, so daß zumeist für eine Befriedigung des Vermieters wegen noch offenstehender Forderungen, wie sie § 554 II Nr. 2 S. 1 BGB voraussetzt, kein Raum mehr bleiben wird.

II. Der Räumungsanspruch scheitert auch nicht an § 568 BGB. Diese Norm, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses zur Folge hat, ist auch auf außerordentliche Kündigungen anzuwenden....

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