Entscheidungsstichwort (Thema)

Mietverhältnis: Rechtzeitigkeit der Nachzahlung innerhalb der Schonfrist nach Zahlungsverzug

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung zur Abwendung der fristlosen Kündigung innerhalb der Schonfrist des BGB § 554 Abs 2 Nr 2 kommt es nicht auf den Eintritt des Erfüllungserfolges, sondern auf die Rechtzeitigkeit der Leistungshandlung an. Bei einer Zahlung durch Überweisung ist deshalb nicht der Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Vermieters, sondern der Zeitpunkt der Erteilung des Überweisungsauftrages entscheidend.

 

Normenkette

BGB §§ 270, 554 Abs. 2 Nr. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Heidelberg (Urteil vom 01.02.1995; Aktenzeichen 28 C 354/94)

 

Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 1. Februar 1995 – 28 C 354/94 – wird zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

III.

Streitwert II. Instanz: 7.560,00 DM.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Ein Anspruch der Klägerin auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung gemäß § 556 Abs. 1 BGB besteht nicht, da die am 11. Juli 1994 ausgesprochene Kündigung nicht zur Beendigung des beiderseitigen Mietverhältnisse geführt hat.

Die Klägerin stützt die Kündigung vom 11. Juli 1994 auf einen bis dahin aufgelaufenen Mietrückstand in Höhe von 2.730,00 DM bei einer vereinbarten Grundmiete in Höhe von 630,00 DM. Die Klage wurde der Beklagten am 22. September 1994 zugestellt (I-17). Am 21. Oktober 1994 hat die Beklagte den bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Rückstand in Höhe von 3.150,00 DM an die Klägerin überwiesen. Die Gutschrift auf dem Konto der Klägerin erfolgte am 25. Oktober 1994.

Es kann – jedenfalls für die Entscheidung dieses Rechtsstreits – dahinstehen, ob die Beklagte den sowohl nach § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 als auch Nr. 2 BGB hinreichenden Zahlungsrückstand im Zeitpunkt der Kündigung zu vertreten hatte oder ein Zahlungsverzug hier ausnahmsweise deshalb nicht anzunehmen war, weil die Klägerin selbst den im Nachgang eines Mieterhöhungsverfahrens seit Mai 1992 sukzessive, nämlich mit monatlich 105,00 DM (vgl. Aufstellung I-7) aufgelaufenen Rückstand über einen Zeitraum von über zwei Jahren hinweg nicht angemahnt hat, wie dies die Beklagte vorträgt (I-21 f). Denn selbst wenn der Rückstand als verschuldet anzusehen und damit die Kündigung gemäß § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam ausgesprochen worden ist, ist diese aufgrund der Überweisung am 21. Oktober 1994 gemäß § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam geworden.

Gemäß § 554 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB wird die Kündigung auch dann unwirksam, wenn bis zum Ablauf eines Monats nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich des fälligen Mietzinses und einer fälligen Entschädigung nach § 557 Abs. 1 Satz 1 BGB der Vermieter befriedigt wird. Unbestritten entspricht der ab 21. Oktober 1994 überwiesene Betrag dem bis dahin aufgelaufenen Rückstand. Hinsichtlich der Frage, ob es für die Annahme einer „Befriedigung” des Vermieters im Sinne des § 554 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB auf den Zeitpunkt der Überweisung des Geldes und damit der Vornahme der Leistungshandlung oder den Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Vermieters bzw. des Leistungserfolgs ankommt, folgt die Kammer, wie auch das Amtsgericht der herrschenden Auffassung, wonach die Rechtzeitigkeit der Leistungshandlung maßgebend ist (Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, IV-184; Sternl, Mietrecht, IV-419; Emmerich/Sonnenschein, Miete, § 554 BGB Rn. 13; Palandt/Putzo, § 554 BGB Rn. 9; Soergel/Kummer, BGB § 554 Rn. 10; LG Berlin, NJW-RR 1993, 144; LG Hamburg WM 1992, 124; RGZ 99, 257). Die Vorschrift will dem Mieter die Möglichkeit geben, die in der Auslösung des Kündigungsrechts bestehende Folge seines Leistungsverzuges dadurch zu beseitigen, daß er die ihm zur Herbeiführung der Befriedigung des Vermieters obliegende Leistung nachholt. Ebenso wie es für die Frage des Zahlungsverzuges im allgemeinen auf die Rechtzeitigkeit des Überweisungsauftrages bei dem eingeschalteten Geldinstitut ankommt (vgl. Palandt/Heinrichs, § 270 BGB Rn. 7 mit Nachweisen) entscheidet daher auch im Rahmen des § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht der Eingang der Zahlung auf dem Konto des Vermieters, sondern der Zeitpunkt der Vornahme der Erfüllungshandlung über die etwaige Beseitigung der Kündigungswirkungen. Denn der Schutzzweck der Vorschrift erfordert es, dem. Mieter unabhängig von der Verzögerungsgefahr die Möglichkeit zu erhalten, eine begründete Kündigung nachträglich unwirksam zu machen (LG Berlin, a.a.O.).

Bei dieser Rechtslage konnte die Räumungsklage keinen Erfolg haben, da die Beklagte den Überweisungsauftrag noch vor Ablauf eines Monats nach Rechtshängigkeit des Räumungsantrages (22. Oktober 1994) erteilt hat. Daher war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

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