Orientierungssatz

1. Alle mit dem Einkommensteuerausgleich unter Ehegatten zusammenhängenden Ansprüche sind vor der Prozeßabteilung der ordentlichen Gerichte geltend zu machen. Eine Klage auf Aufteilung der Einkommensteuererstattung hat keine Familiensache im Sinne von GVG § 23b Abs 1 zum Gegenstand, denn sie betrifft weder die durch die Ehe begründete Unterhaltspflicht, noch wird mit ihr ein güterrechtlicher Anspruch geltend gemacht.

2. Steuerrückerstattungen sind nach dem Verhältnis der von den Ehegatten beiderseits während der Zusammenveranlagung erzielten Einkünfte aufzuteilen.

3. Der Ehegatte, der aus der gemeinsamen Mietwohnung auszieht, ist bis zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist verpflichtet, sich weiterhin an den Mietkosten zu beteiligen.

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 31.7.2000 -- 517 C 10580/99 -- geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.351,76 DM (Wert der Klageforderung und Wert der Gegenforderung, mit der der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung geltend gemacht hat, § 19 Abs. 3 GKG).

 

Tatbestand

-- Ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO --.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Infolge der von dem Beklagten hilfsweise erklärten Aufrechnung mit einer Gegenforderung gegen die Klägerin steht dieser kein Anspruch auf Beteiligung an der von dem Finanzamt H für das Jahr 1997 geleisteten Steuerrückzahlung in Höhe von 3.351,77 DM zu.

Vorab ist festzuhalten, dass entgegen der Auffassung des Beklagten die Klage zulässig ist. Für alle mit dem Einkommensteuerausgleich unter Ehegatten zusammenhängenden Ansprüche sind nicht etwa die Familiengerichte zuständig, vielmehr sind derartige Ansprüche vor der Prozeßabteilung der ordentlichen Gerichte geltend zu machen. Eine Klage auf "Aufteilung" der Einkommensteuererstattung hat keine Familiensache im Sinne von § 23 b Abs. 1 GVG zum Gegenstand, denn sie betrifft weder die durch die Ehe begründete Unterhaltspflicht noch wird mit ihr ein güterrechtlicher Anspruch geltend gemacht. Zwar kann der Lohnsteuerjahresausgleich sowohl für die Berechnung des Unterhaltsanspruchs als auch für die des Zugewinnausgleichs von Bedeutung sein. Dies betrifft aber alle vermögensrechtlichen Forderungen von Eheleuten untereinander. Das Familiengericht soll jedoch nur für solche Forderungen zuständig sein, die das persönliche Verhältnis der Ehegatten und die in § 23 b GVG zugewiesenen Fragen angehen, nicht aber auch für Fragen aus dem Bereich der allgemeinen Vermögensauseinandersetzung, die den allgemeinen Zivilgerichten zugewiesen ist. Im übrigen ist die Frage der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts in der Berufungsinstanz nicht mehr zu prüfen, § 17 a Abs. 5 GVG analog. § 17 a GVG ist im Verhältnis der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit zur freiwilligen Gerichtsbarkeit analog anwendbar (vgl. MünchKomm ZPO-Wolf, § 17 a GVG, Rdn. 4; Baumbach/Albers, ZPO, 59. Aufl., § 17 a Rdn. 3).

Die Klage ist indessen nicht begründet.

Die Parteien haben keine Vereinbarung darüber getroffen, wie eine eventuelle Steuerrückzahlung im Innenverhältnis aufzuteilen ist. Die Frage, wie Steuererstattungen zwischen den (inzwischen getrenntlebenden oder geschiedenen) Ehegatten aufzuteilen sind, die aus einem Veranlagungszeitraum resultieren, in dem noch die Zusammenveranlagung erfolgte, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Nach Auffassung etwa des Landgerichts Hildesheim (vgl. Nds. Rpfl. 1989, Seite 106 f.) sind Ehegatten gegenüber dem Finanzamt Gesamtgläubiger und im Innenverhältnis hälftig am Erstattungsbetrag zu beteiligen. Der Annahme einer Gesamtgläubigerschaft steht jedoch die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entgegen. Die zusammenveranlagten Ehegatten sind danach zwar hinsichtlich einer etwaigen Steuerschuld Gesamtschuldner; daraus ergibt sich aber nicht, dass sie auch Gesamtgläubiger eines Erstattungsanspruchs sind; insoweit fehlt es an einer gesetzlichen Regelung. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG. Danach wirkt bei zusammenveranlagten Ehegatten die Auszahlung an einen der Ehegatten auch für und gegen den anderen. Dies besagt aber nur, dass das Finanzamt befugt ist, nach seiner Wahl an den einen oder anderen Ehegatten auszuzahlen und zwar mit befreiender Wirkung (vgl. Staudinger-Noak, BGB, 13. Aufl., § 428 Rdn. 69; Liebelt, NJW 1993, Seite 1741 ff.). Durch die genannte Vorschrift wird nicht geregelt, welcher der Ehegatten die Auszahlung des Erstattungsbetrages fordern darf. Die Norm dient vielmehr nur der Verwaltungsvereinfachung und setzt sich aus Gründen der Arbeitserleichterung des Finanzamtes über die materielle Berechtigung hinsichtlich des Erstattungsbetrages hinweg. Auch aus dem Umstand, dass zusammenveranlagte Eheleute gemäß § 26 b EStG als ein Steuerpflichtiger behandelt werden, ist keine Gesamtgläubigerschaft zu entnehmen. Denn diese Vorschrift verfolgt nur den Zweck...

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