Leitsatz (amtlich)

Es stellt einen Produktfehler dar, dass ein Kirschtaler einen Kirschkern enthält.

 

Verfahrensgang

AG Iserlohn (Aktenzeichen 42 C 213/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.03.2009; Aktenzeichen VI ZR 176/08)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens aus einem Vorfall vom 29.1.2007 in Anspruch.

Die Beklagte betreibt eine Konditorei und Bäckerei. In einer ihrer Filialen in der C-Straße in J verzehrte der Kläger am 29.1.2007 einen von der Beklagten hergestellten sogenannten Kirschtaler, ein Hefeteilchen mit Kirschfüllung und Streuselbelag. Für die Füllung verwendet die Beklagte Dunstsauerkirschen, die im eigenen Saft liegen und über einen Durchschlag abgesiebt werden.

Der Kläger hat behauptet, er habe beim Verkehr des Kirschtalers auf einen Kirschkern gebissen, der darin eingebacken und für den Kläger nicht erkennbar gewesen sei; hierbei sei sein linker Augenzahn abgebrochen; dies habe erhebliche Schmerzen verursacht, so dass er bis zu prothetischen Versorgung nur noch auf der rechten Seite seines Gebisses gekaut habe.

Der Kläger meint, die Beklagte hafte ihm nach dem Produkthaftungsgesetz, da mit einem Kirschkern in einem solchen Gebäck nicht zu rechnen sei, zumal die Beklagte nicht auf diese Gefahr hinweise; ferner sei es der Beklagten nicht unzumutbar, die verarbeiteten Kirschen zuvor auf Kerne hin zu untersuchen.

Der Kläger hält ein Schmerzensgeld in Höhe von 200 EUR für angemessen und beziffert seinen - der Höhe nach unstreitigen - materiellen Schaden auf 235,60 EUR.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, ferner 235,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.9.2007.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, die Kontrolle der verwendeten Kirschen sei ihr nicht zuzumuten; da es sich um ein Naturprodukt handele, sei mit Kernen zu rechnen, so dass mangels berechtigter Sicherheitserwartungen des Verkehrs insoweit kein Produktfehler vorliege.

Das Amtsgericht hat der Klage nach Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugen N, C und Dr. S stattgegeben mit der Begründung, es sei aufgrund der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass der Augenzahn des Klägers wegen eines Kirschkerns in einem Kirschtaler abgebrochen sei; die Beklagte hafte auch gem. §§ 1 I, 8 S. 1 ProdHaftG auf den materiellen Schaden, ferner gem. §§ 1 § 8 S. 1 ProdHaftG auf den immateriellen Schaden, wobei ein Schmerzensgeld von 200 EUR angemessen sei.

Ein Produktfehler liege vor, da nach den berechtigten Sicherheitserwartungen nicht damit zu rechnen sei, dass noch Kirschkerne vorhanden sind, insbesondere, weil der Kirschtaler mit Streuseln bedeckt sei und derartige Teilchen üblicherweise von der Hand verzehrt werden, ohne dass sie mit einer Gabel auf Kerne überprüft werden; ferner sei nicht erkennbar, weshalb die abzusiebenden Kirschen nicht durch den hierbei verwendeten Durchschlag gedrückt werden können, ohne dass dies unwirtschaftlich sei.

Das Amtsgericht hat die Berufung zugelassen.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung insgesamt. Zur Begründung führt sie aus, es liege kein Produktfehler vor, da entsprechend einem Urteil des OLG L2 (NJW 2006, 2272 ff.) betreffend eine verhärtete Erdnuss bei Verwendung von Naturprodukten mit einem solchen Zustand zu rechnen sei; außerdem sei das Teilchen nicht vollständig mit Streuseln bedeckt, und auf die Verwendung einer Gabel komme es nicht an, da auch diese üblicherweise zum Essen und nicht zum Sezieren von Speisen verwendet werde; die Kirschen durch den Durchschlag zu sieben, sei unverhältnismäßig teuer, da hierfür eine weitere Person angestellt werden müsste.

Die Beklagte meint, sie müsse auch nicht auf die Gefahr hinweisen, dass Kirschen noch Kerne enthalten können, da diese Gefahr etwa auch bei im Handel erhältlichen entsteinten Kirschen bestehe.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt ferner an, dass handelsübliche Kirschkonserven mit einem Hinweis auf evtl. noch vorhandene Kerne versehen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

1.

Die Berufung ist statthaft gem. § 511 II Nr. 2 ZPO, da das Amtsgericht sie zugelassen hat. Sie ist auch form- und fristgemäß eingelegt und fristgemäß begründet worden. Die Berufungsbegründungsschrift enthält auch die nach § 520 III 2 ZPO erforderlichen Angaben.

2.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Amtsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz seines der Höhe nach unstreitigen ma...

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