Verfahrensgang

AG Friedberg (Hessen) (Urteil vom 29.11.1995; Aktenzeichen C 1556/94-17)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 29.11.1995 verkündete Urteil des Amtsgerichts Friedberg wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Beklagte zu tragen.

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat zu Recht angenommen, daß der. Beklagte die Plastiküberdachung, die er über der von den Klägern angemieteten Terrasse errichtet hat, entfernen muß (§ 535 BGB).

Aufgrund des Mietvertrages vom 7.10.1985 haben die Kläger einen Anspruch auf Gewährung des Gebrauchs der vermieten Sache. Vermietet worden ist auch eine Terrasse, also eine nicht überdachte Plattform vor der Wohnung. Da ein solcher Zustand bis zur nachträglichen Errichtung des Plastikdaches im Jahre 1994 vorhanden war, ist nicht von Bedeutung, daß in dem Vertragsexemplar des Beklagten anstelle des Begriffes Terrasse, das Wort Balkon aufgenommen worden ist. Letzteres definiert ebenso einen nach oben offenen Vorbau. Auch den Darlegungen in der Berufungsbegründung ist nicht zu entnehmen, daß kein nach oben offener Freisitz vermietet worden ist. Den Vermieter trifft grundsätzlich die vertragliche Pflicht, die Mietsache in dem vertraglich vereinbarten Zustand zu belassen und alles zu tun, um den Mieter vor einer Störung im Gebrauch zu schützen (LG Göttingen WuM 90, 205). Diese Pflicht ist durch die Errichtung des Plastikdaches verletzt worden, da der Terrasse die Qualität eines nach oben offenen Platzes genommen worden ist und überdies – basierend auf den gutachterlichen Feststellungen – anzunehmen ist, daß es durch diese Baumaßnahme zu erheblicher Stauwärme auf der Terrasse kommt und die Luftzirkulation eingeschränkt worden ist.

Der Beklagte hat auch keinen Anspruch auf Duldung seiner Maßnahme, da es sich nicht um eine sog. Erhaltungsmaßnahme im Sinne des § 541a BGB handelt. Nach dieser Vorschrift hat ein Mieter lediglich die Einwirkungen auf eine Mietsache zu dulden, die zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes erforderlich sind. Durch die Anbringung des Plastikdaches wird der ursprüngliche wirtschaftliche Bestand der Terrasse aber nicht erhalten, sondern eine Veränderung an dem Gebäude vorgenommen, die nur in Ausnahme fällen von dem Mieter hinzunehmen ist. Solcherlei bauliche Änderungen muß ein Mieter nach Treu und Glauben akzeptieren (§ 242 BGB), wenn dem Vermieter nicht zugemutet werden kann, die Maßnahme zu unterlassen oder bis zur ordentlichen Beendigung des Mietverhältnisses aufzuschieben (BGH NJW 72, 725 [726], LG Göttingen WuM 90, 205 [206], Bub/Treier-Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl., Rn. III 1091). Ausgangspunkt solcher Überlegungen ist, daß Verträge zu halten sind und der Mieter einen Anspruch auf ungestörten Besitz hat (BGH a.a.O.). Es kann nach den Beweiserhebungen des Amtsgerichts indessen nicht davon ausgegangen werden, das hier die Wirtschaftlichkeit des Grundbesitzes in rechtsmißbräuchlicher Art und Weise gefährdet wird. Da die Pflicht eines Vermieters zur Wiederherstellung einer Mietsache erst dort endet, wo die dazu erforderliche Opfergrenze überschritten wird (OLG Karlsruhe WuM 95, 307 [308]), war der Beklagte zur sachgerechten Sanierung des Terrassenbodens verpflichtet. Eine solche Maßnahme wäre – dem Sachverständigen folgend – auch tatsächlich möglich und von den Klägern hinzunehmen gewesen. Soweit der Beklagte dies weiterhin negiert sei darauf hingewiesen, daß wahlweise zu der von dem Gutachter favorisierten Methode auch die Möglichkeit besteht, die Türhöhe durch eine Veränderung der Höhe der Türstürze beizubehalten. Es kann demzufolge nicht angenommen werden, daß angesichts der auf mindestens 20000,00 DM bezifferten Kosten der Reparatur der Terrasse ein krasses Mißverhältnis zu den, von den Klägern bei beibehaltenem Plastikdach dauerhaft zu ertragenden Nachteilen besteht. Hervorzuheben ist, daß die Kläger einen Anspruch auf einen nach oben offenen Freisitz haben. Dieser hat per se eine andere Wohnqualität als eine überdachte Terrasse. Von einer Verbesserung kann nur bei entsprechendem Nutzungswillen ausgegangen werden. Ferner wird auch die Lüftungsmöglichkeit von Schlafzimmer und Arbeitszimmer der Kläger durch das Plastikdach tangiert, da diese Räume unmittelbar nur über die Terrasse belüftet werden können. Der Einbau von Lüftungsgittern oder Lüftungsfiltern bringt keine nennenswerte Verbesserung der Luftzirkulation.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1254637

WuM 1998, 278

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