Nachgehend

Thüringer OLG (Urteil vom 07.12.2011; Aktenzeichen 7 U 396/11)

 

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 25.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 5.3.2009 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus dem Unfallereignis vom 18.1.2007 entstanden sind, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

3. Die Beklagten werden außerdem gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.196,43 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.3.2009 freizustellen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Haftung dem Grunde und der Höhe nach für einen Unfall, den die Klägerin am 18.1.2007 auf dem Reiterhof der Beklagten zu 1. erlitt.

Die Klägerin ist am ….2001 nichtehelich geboren worden. Sie war am 18.1.2007 also 5 Jahre alt. Ihre Mutter ist allein sorgeberechtigt.

Der Beklagte zu 2. ist der Vater der Beklagten zu 1. Die Beklagte zu 1. ist Betreiberin eines Reiterhofs in …. Dazu gehört eine Halle, die zu DDR-Zeiten zur landwirtschaftlichen Verwendung errichtet worden war. Die Gebäude sind von der Beklagten zu 1. gepachtet.

In ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen schreibt die Beklagte:

  1. „Ihre Kinder sind im Schadensfall in Bezug auf sich selbst als auch im Bezug auf einen in Mitleidenschaft gezogenen Dritten über unser Geschäft versichert.
  2. Trotzdem möchten wir Ihnen auf diesem Wege nochmals dringend empfehlen, ihre Kinder oder sich selbst, sofern Sie reiten kommen, Unfall zu versichern.

…”

Diese Bedingungen wurden von der Mutter der Klägerin gegengezeichnet.

Der Beklagte zu 2. erteilt auf dem Reiterhof zumindest Reitstunden. Welcher Art die vertraglichen oder sonstigen rechtlichen Beziehungen zwischen den Beklagten sind, ist streitig. Am Nachmittag des 18.1.2007 gegen 15 Uhr erschien der Vater der Klägerin, der Zeuge L., mit der Klägerin auf dem Reiterhof.

Der Beklagte zu 2. übernahm die Durchführung einer Reitstunde mit der Klägerin auf dem 25-jährigen Haflinger-Pferd Melchior, das dabei an der Longe geführt wurde. Am 18.1.2007 zog der Sturm „Kyrill” über das Land. Streitig ist zwischen den Parteien, wann es in … stürmisch wurde.

Jedenfalls in Folge des Windes verrutschten Dachziegel der Halle. Die Geräusche führten zu einer Reaktion des Pferdes, deren Ausmaß zwar streitig ist, die aber unstreitig dazu führte, dass die Klägerin aus dem Sattel rutschte und auf dem Hallenboden landete.

Vom Zeugen L. wurde die Klägerin am 18.1.2007 ins Krankenhaus … verbracht und von dort am selben Tag noch in die Uniklinik … überwiesen.

Bei der Klägerin wurden eine Nierenruptur rechts sowie Hämatome festgestellt. Sie erlitt auch ein stumpfes Thoraxtrauma und Prellungen. Sie war zunächst vom 18.1.2007 bis zum 4.2.2007 stationär aufgenommen.

Die Klägerin wurde aufgrund aufgetretener Schmerzen später, nämlich vom 26.2.2007 bis zum 11.3.2007 erneut stationär aufgenommen. Dabei musste die Niere am 1.3.2007 punktiert und drainiert werden und am 2.3.2007 zumindest hälftig entfernt werden (Heminephrektomie). Die Klägerin musste zweimal voll narkotisiert werden.

Die Funktionsfähigkeit der rechten Niere beträgt nur noch 10 % der gewöhnlichen Leistung.

Laufende medizinische Überwachung ist notwendig.

Die Klägerin behauptet,

der Beklagte zu 2. sei bei der Beklagten zu 1. als Reitlehrer angestellt. Zunächst behauptete sie allerdings, der Beklagte zu 2. sei als „Seniorchef” ebenfalls Tierhalter gewesen. Eigentlich sei eine Reitstunde mit der ebenfalls bei der Beklagten zu 1. angestellten Zeugin S. vereinbart gewesen. Bei dieser habe die Klägerin einmal wöchentlich Reitstunde gehabt. Diese habe die Reitstunde aber nicht abhalten wollen. Deshalb sei der Beklagte zu 2. eingesprungen.

Um 15 Uhr habe es in … bereits starker Sturm geherrscht. Der Zeuge L. habe den Beklagten zu 2. gefragt, ob der Sturm dem Reiten entgegen stände. Der Beklagte zu 2. habe der Klägerin an diesem Tag erstmals eine Reitstunde gegeben.

Der Beklagte zu 2. habe der Klägerin nicht die nötige Hilfestellung gegeben, etwa den Sattel nicht fixiert und die Zügel nicht gesichert. Ein 5jähriges Kind könne ein Pferd nicht beherrschen.

Die Halle sei nicht in einem als Reithalle geeigneten Zustand gewesen.

Beim Scheppern der Dachpfannen habe das Pferd gescheut und die Klägerin abgeworfen.

Als sie am Boden gewesen sei, sei sie vom Pferd noch getreten worden.

Danach habe der Beklagte zu 2. der Klägerin auch nicht geholfen.

Die diagnostizierten Verletzungen seien bei diesem Vorgang eingetreten.

Die spätere erneute stationäre Aufnahme und Notwendigkeit der Operation beruhe nicht auf ...

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