Leitsatz (amtlich)

Ein Vorbehalt einer Nachprüfung einzelner Positionen in der Jahresabrechnung muss nicht die Nichtigkeit des Beschlusses über die Genehmigung der Abrechnung zur Folge haben.

 

Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Entscheidung vom 06.01.2017; Aktenzeichen 92 C 3392/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 06.01.2017 abgeändert, soweit der Klage stattgegeben worden ist.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für die Berufung: 1.798,63 EUR

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten in der Sache um die Frage, welcher Beschluss über die Jahresabrechnung 2010 gültig ist. Die Wohnungseigentümerversammlung fasste am 08.08.2011 folgenden Beschluss:

„ Die vorgelegte Wohngeldabrechnung für die Wirtschaftsjahr 2010 und die Einzelabrechnungen 2010 werden nur vorbehaltlich der Kostenposition „Laufende Instandhaltung” angenommen. Die Kostenposition laufende Instandhaltung wird detailliert kontrolliert. Der Vorverwalter wird dafür um seine Mithilfe gebeten, allerdings mit der Androhung bei Nichtreagieren rechtliche Schritte einzuleiten. Der Verwaltungsbeirat hat seine Mithilfe zugesagt .”

Diese Einzelabrechnung ergab eine Abrechnungsspitze in Höhe der Klageforderung.

Am 26.06.2013 beschlossen die Wohnungseigentümer dann unter Tagesordnungspunkt 8 „ die bereits im Kalenderjahr 2011 vorgelegte Hausgeldabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2010 und die Einzelabrechnungen 2010 werden anerkannt. Fehlbeträge aus den Einzelabrechnungen, die bisher noch nicht gezahlt wurden, sind bis zum 26.07.2013 auf das Hausgeldkonto zu überweisen ”.

Die Klage ist am 31.08.2016 erhoben worden. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und ist zu der Auffassung gelangt, der Beschluss vom 08.08.2011 sei nichtig gewesen, da unter einer unzulässigen Bedingung stehend. Daher bleibe es bei dem später gefassten Beschluss, die Forderung sei nicht verjährt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts steht der Klageforderung der Verjährungseinwand (§§ 195, 199 BGB) entgegen.

Die Kammer teilt nicht die Auffassung des Amtsgerichts, dass der ursprünglich gefasste Beschluss vom 21.07.2011 nichtig ist. Ein Beschluss ist dann nichtig, wenn er gegen Rechtsvorschriften verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, ebenfalls ist ein Beschluss nichtig, wenn er etwas Undurchführbares verlangt oder inhaltlich derart unbestimmt ist, dass er keine durchführbare Regelung enthält oder wenn der Eigentümerversammlung zur Regelung der betreffenden Angelegenheit die Beschlusskompetenz fehlt (vgl. im Einzelnen Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten § 23 Rdnr. 82 ff).

Diese Voraussetzungen liegen vorliegend sämtlichst nicht vor.

Zwar wird in der Literatur teilweise vertreten, dass ein Beschluss über die Jahresabrechnung dann nichtig ist, wenn er die Bedingung enthält, dass die Beschlussfassung unter der aufschiebenden Bedingung der Nachprüfung durch einen Verwaltungsbeirat und dessen Billigung besteht, weil hier die endgültige Entscheidung über die Abrechnung auf ein hierfür nicht zuständiges Organ verlagert werde (Jennißen § 28 Rdnr. 143). Ob die Kammer dieser Auffassung folgt, kann jedoch vorliegend dahinstehen, denn bei der gebotenen objektiv-normativen Auslegung des Beschlusses ist der gefasste Beschluss nicht dahingehend zu verstehen, dass die Wirksamkeit der Abrechnung von einer derartigen Bedingung einer Nachprüfung durch ein Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft abhängen sollte. Vielmehr ergibt eine derartige Auslegung, dass die Wohnungseigentümer die Wohngeldabrechnung beschließen wollten, sich allerdings hinsichtlich der Position laufende Instandhaltung eine Änderung – die allerdings eines gesonderten Beschlussverfahrens bedurfte – vorbehalten wollten.

Wie sich insbesondere aus dem dritten Satz der Beschlussfassung ergibt, ging es den Wohnungseigentümern dabei insbesondere darum, sich Schadensersatzansprüche gegen den Vorverwalter offen zu halten. Hintergrund ist ersichtlich, dass in Rechtsprechung und Literatur die Ansicht vertreten wird, dass die Genehmigung der Jahresabrechnung stillschweigend zugleich die Entlastung des Verwalters enthält (vgl. zu den Einzelheiten Niedenführ § 28 Rdnr. 242). Gegenüber dem Verwalter wollten sich die Eigentümer allerdings offensichtlich noch Ansprüche vorbehalten.

Eine Bedingung im Rechtssinne (§ 158 BGB), dass der Beschluss erst zu einem späteren Zeitpunkt Rechtswirkungen gegenüber den Eigentümern entfalten sollte, ist der Beschlussfassung ersichtlich nicht zu entnehmen, denn in dem Beschluss findet sich außer der Tatsache, dass eine Nachprüfung erfolgen soll, kein Kriterium dafür, zu welchem

Zeitpunkt und durch welche Person die Jahresabrechnung verbindlich werden soll. Daher stellt sich vorliegend das vo...

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