Normenkette

InsO § 143 Abs. 1 S. 2; BGB § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 2, § 987 Abs. 2

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.05.2012; Aktenzeichen IX ZR 125/11)

OLG Hamm (Urteil vom 12.07.2011; Aktenzeichen I-27 U 25/11)

 

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 7.707,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.06.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 47 % und das beklagte Land zu 53 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des beklagten Landes durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn T (Insolvenzschuldner) von dem beklagten Land Zahlung von Ersatz für im Zeitraum von der anfechtbaren Befriedigung eines Anspruchs des beklagten Landes bis zur Insolvenzeröffnung schuldhaft nicht gezogene Nutzungen.

Am 07.03.2002 beantragte das beklagte Land, vertreten durch das Finanzamt F, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners. Das Amtsgericht F1 wies den Insolvenzeröffnungsantrag mit Beschluss vom 24.10.2002 mangels Masse ab. In der Folgezeit erbrachte der Insolvenzschuldner folgende Zahlungen an das beklagte Land:

Datum

Betrag

04.09.2003

10.000,00 €

09.10.2003

5.000,00 €

12.03.2004

38.120,21 €

17.06.2004

10.000,00 €

22.07.2004

10.000,00 €

30.08.2004

5.000,00 €

05.10.2004

5.000,00 €

29.10.2004

5.000,00 €

27.01.2005

5.000,00 €

28.02.2005

5.000,00 €

29.03.2005

5.000,00 €

Summe

103.120,21 €

Von 2002 bis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung war der Insolvenzschuldner durchgehend zahlungsunfähig. Am 25.06.2002 standen gegenüber dem beklagten Land Umsatzsteuerbeträge und Lohnsteuerbeträge in Höhe von 210.367,50 € zur Bezahlung offen. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhöhten sich diese Verbindlichkeiten auf 1.707.395,11 €, wobei die älteste noch offene Forderung aus dem Jahr 2001 stammte. Zum jeweiligen Zahlungszeitpunkt kannte das beklagte Land sowohl die Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners als auch den selbst gestellten Insolvenzeröffnungsantrag.

Am 04.11.2005 stellte der Insolvenzschuldner einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom 13.07.2006 (Az. ...) bestellte das Amtsgericht F1 den Kläger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners. Der Kläger forderte das beklagte Land - unter anderem mit Schreiben vom 07.12.2009 - zur Rückzahlung der oben genannten Beträge nebst Zinsen auf, da diese auf anfechtbare Weise erlangt worden seien. Unter dem 06.01.2010 zahlte das beklagte Land 103.120,21 € an den Kläger. In der Folgezeit verlangte der Kläger erneut Verzinsung des Rückgewähranspruchs. Die Beklagte berechnete die Zinsforderung des Klägers für die Zeit ab Insolvenzeröffnung (13.07.2006) bis zum 13.01.2010 und schüttete 26.342,61 € an den Kläger aus. Eine Wertstellung auf dem Konto des Klägers erfolgte am 14.01.2010. Mit Schreiben vom 19.02.2010 forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Gegenseite auf, die erlangten Zahlungen ab dem Zeitpunkt der Erlangung der entsprechenden Beträge zu verzinsen. Sie errechneten - unter dem 17.02.2010 - eine Zinsforderung in Höhe von noch 14.435,02 €, ausgehend von einem Zinssatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, und baten um Ausgleich bis zum 05.03.2010. Ein Ausgleich erfolgte nicht. Mit dem Klageschriftsatz vom 18.05.2010 erklärt der Kläger die Anfechtung der Befriedigung des beklagten Landes durch die oben aufgeführten Zahlungen des Insolvenzschuldners unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten.

Der Kläger begehrt nunmehr Zahlung von Zinsen in Höhe von 4 % pro Jahr jeweils für den Zeitraum ab der Zahlung des Insolvenzschuldners an das beklagte Land bis zur Insolvenzeröffnung.

Unstreitig hätte das beklagte Land auf der Grundlage der Höhe der Umlaufsrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten - insbesondere Anleihen der öffentlichen Hand - Zinsen erzielen können. Und zwar für die Jahre 2003 3,8 %, 2004 3,7 %, 2005 3,2 % und 2006 3,7 % (Anlage K 19).

Der Kläger vertritt die Ansicht, er habe einen Anspruch auf Ersatz schuldhaft nicht gezogener Nutzungen gemäß §§ 143 Abs. 1 S. 2 InsO in Verbindung mit §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 2, 987 Abs. 2 BGB jeweils für die Zeit ab der jeweiligen Zahlung des Insolvenzschuldners bis zur Insolvenzeröffnung. Als schuldhaft nicht gezogenen Nutzungen habe das beklagte Land Zinsen in Höhe von 4 % pro Jahr zu ersetzen, der gesetzliche Zinssatz gemäß § 246 BGB finde insoweit Anwendung. Hilfsweise verlangt der Kläger die Beträge auf der Grund...

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