Verfahrensgang

AG Essen-Steele (Entscheidung vom 08.04.2011; Aktenzeichen 18 Ds 166/10)

 

Tenor

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Essen-Steele vom 08.04.2011 wird auf die sofortige Beschwerde des früheren Angeklagten abgeändert.

Die Auslagen, die dem früheren Angeklagten aus der Landeskasse gemäß § 467 StPO zu erstatten sind, werden auf 813,37 Euro festgesetzt.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und seine notwendigen Auslagen insoweit. Jedoch wird die Beschwerdegebühr um 50% ermäßigt. In diesem Umfang trägt die Landeskasse auch ihre eigenen und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren.

 

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Essen hat den Beschwerdeführer am 23.04.2010 wegen Betruges vor dem Amtsgericht Essen-Steele - Strafrichter - angeklagt. Er habe einen privaten Kredit über 9.250,00 Euro aufgenommen, obschon er von Anfang nicht die Absicht gehabt habe, das Geld zurückzuzahlen.

In der Hauptverhandlung (Dauer: 100 Minuten) am 25.11.2010 hat das Amtsgericht Essen-Steele das Verfahren nach der Einlassung des Angeklagten und der Vernehmung von vier Zeugen gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Es hat dabei ausgesprochen, dass die Landeskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen habe (vgl. Beschluss Bl. 55 d.A.).

Mit Schreiben vom 29.11.2010 hat sein Verteidiger in seinem Namen die Festsetzung der Auslagen des Beschwerdeführers beantragt, und zwar die Wahlverteidigerkosten in Höhe von insgesamt 981,47 Euro:

- Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG

198,00 Euro

- Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4106 VV RVG

168,00 Euro

- Terminsgebühr gemäß Nr. 4108 VV RVG

276,00 Euro

- Mitwirkung an nicht nur vorläufiger Einstellung gemäß Nr. 4141, 4106 VV RVG

140,00 Euro

- Pauschale für Post pp. gemäß Nr. 7002 VV RVG

20,00 Euro

- Dokumentenpauschale gemäß Nr. 7000 VV RVG

21,50 Euro

Gesamt:

823,50 Euro

zuzüglich 19% USt

979,97 Euro

zuzüglich Parkgebühren

1,50 Euro

Gesamtbetrag:

981,47 Euro

Mit Beschluss vom 08.04.2011 hat das Amtsgericht Essen-Steele die dem früheren Angeklagten zu erstattenden Auslagen in Höhe von insgesamt 678,90 Euro festgesetzt, und zwar nach folgender Berechnung, die sich zwar nicht aus der Beschlussbegründung, jedoch aus der vorhergehenden Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 17.02.2011 ergibt:

- Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG

165,00 Euro

- Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4106 VV RVG

140,00 Euro

- Terminsgebühr gemäß Nr. 4108 VV RVG

230,00 Euro

- Mitwirkung an nicht nur vorläufiger Einstellung gemäß Nr. 4141, 4106 VV RVG

0,00 Euro

- Pauschale für Post pp. gemäß Nr. 7002 VV RVG

20,00 Euro

- Dokumentenpauschale gemäß Nr. 7000 VV RVG

15,50 Euro

Gesamt:

108,40 Euro

zuzüglich 19% USt

678,90 Euro

zuzüglich Parkgebühren

0,00 Euro

Gesamtbetrag:

678,90 Euro

Das Amtsgericht hat ausgeführt, die Bestimmung von Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Terminsgebühr sei unbillig. Es hat jeweils die Mittelgebühr angesetzt. Die Gebühr Nr. 4141 sei nicht entstanden, da das Verfahren in der Hauptverhandlung eingestellt worden sei. Die Parkgebühr sei nicht erstattungsfähig, da der Verteidiger keine Geschäftsreise unternommen habe. Von den Fotokopierkosten seien 6,00 Euro abzusetzen, da Kopien von Aktendeckeln, behördeninternen Verfügungen, Anklageschriften, eigenen Schriftsätzen und sämtlichen Entscheidungen nicht erstattungsfähig seien.

Gegen den Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit der sofortigen Beschwerde vom 14.04.2011, eingegangen beim Amtsgericht Essen-Steele nach Eingangsstempel am 15.04.2011, nach Fax-Kennung bereits am 14.04.2011.

Der Bezirksrevisor hat zur Beschwerdebegründung keine Stellungnahme abgegeben.

II.

1.

Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 464b Satz 3, 304 Abs. 1 StPO, 104 Abs. 3 ZPO, 11 RPflG statthaft. Sie ist zulässig, insbesondere nach § 311 Abs. 2 StPO fristgerecht erhoben.

2.

Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet:

a)

Der Beschwerdeführer kann die Erstattung der Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühr des Verteidigers in der beantragten Höhe verlangen. Die Bestimmung durch den Verteidiger, die innerhalb der jeweiligen Gebührenrahmen des VV RVG liegt, ist nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG, so dass sie verbindlich ist:

Der Verteidiger hat jeweils bei der Festsetzung die Mittelgebühr (Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte der Differenz zwischen Mindest- und Höchstgebühr) um 20% erhöht. Dies ist nicht zu bestanden:

Legt man die Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 RVG zugrunde, ist die Angelegenheit in jeder Hinsicht durchschnittlich, gemessen an den typischen Verfahren vor dem Strafrichter am Amtsgericht:

Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit lag im mittleren Rahmen: Während die Rechtslage noch als einfach einzustufen ist, war die Sachlage - angeblich mündlich geschlossener Vertrag - nebst Würdigung der Beweise bereits eher schwierig. Der Beschwerdeführer (zweimal mit Geldstrafen vorbestraft) hatte wegen des möglichen Schadens von rund 9.000,00 Euro bereits mit einer...

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