Verfahrensgang

AG Neuss (Urteil vom 29.05.2009; Aktenzeichen 102 C 4/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 29.05.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neuss – 102 C 4/09 – abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung der Untergemeinschaft XXX in YYY vom 18.12.2008 zu TOP 3 (Verwalterbestellung) nichtig ist.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft (Untergemeinschaft) XXX in YYY. Gesamtgemeinschaft ist die Eigentümergemeinschaft ZZZ die aus acht Mehrfamilienhäusern und zwei Tiefgaragen besteht. Verwalterin der Gesamtgemeinschaft ist die Firma AAA.

Die Kläger begehren im Wege der Beschlussanfechtungsklage, den in der Eigentümerversammlung der vorgenannten Untergemeinschaft vom 18.12.2008 gefassten Beschluss zu TOP 3, mit dem die AAA für die Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2009 als Verwalter der Untergemeinschaft bestellt und der bis zum 31.12.2007 bestehende Verwaltervertrag entsprechend verlängert worden ist, für ungültig zu erklären. Hilfsweise beantragen sie die Feststellung der Nichtigkeit des vorgenannten Beschlusses. Wegen des Sach- und Streitstands wird im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Berufung, mit der sie ihr ursprüngliches Klagebegehren weiterverfolgen.

Wegen des weiteren ergänzenden Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist gem. §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Beschluss zu TOP 3, mit dem die Eigentümer der Untergemeinschaft die AAA – unter entsprechender Verlängerung des bestehenden Verwaltervertrages – erneut als Verwalterin bestellt haben, ist nichtig.

Nach objektiver Auslegung ist in der Eigentümerversammlung vom 18.12.2008 nicht nur – wie das Amtsgericht meint – ein „Dienstleister” beauftragt, sondern für eine bestimmte Amtszeit ein Verwalter i.S.d. §§ 26, 27 WEG für die Untergemeinschaft bestellt worden. Die Bestellung eines Verwalters war einer Beschlussfassung der Untergemeinschaft jedoch von vornherein entzogen. Den Eigentümern der Untergemeinschaft kommt insoweit keine Beschlusskompetenz zu.

Ein Verwalter kann nur von der Versammlung aller Wohnungseigentümer für die Verwaltung des gesamten gemeinschaftlichen Eigentums bestellt werden. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 26 Abs. 1 WEG („der Verwalter”) sowie aus § 27 Abs. 2, Abs. 3 WEG, der dem Verwalter unentziehbare Aufgaben und Befugnisse zuweist, folgt außerdem, dass nur ein einziger Verwalter bestellt werden kann – Grundsatz der Einheitlichkeit der Verwaltung – (vgl. BayObLG, ZWE 2000, 461; Staudinger/Bub, WEG, 13. Bearbeitung, § 26 Rn 66; Bärmann/Merle, WEG, 10. Aufl., § 26 Rn 6; Bamberger/Roth, Beck'scher Online-Kommentar, 14. Edition, § 26 Rn 2 m.w.N.). Die Bestellung mehrerer nebeneinander tätiger „Teilverwalter” für die einzelnen Gebäude einer Mehrhauswohnanlage würde nämlich dazu führen, dass jedem dieser Verwalter – entgegen § 27 Abs. 2, Abs. 3 WEG – die einem anderen Verwalter funktional oder gegenständlich zugewiesenen Aufgaben entzogen würden. Gleiches würde im Verhältnis einzelner „Teilverwalter” zu einem für die Gesamtgemeinschaft bestellten Verwalter gelten. Da die gesetzlichen Befugnisse eines Verwalters aber nicht wirksam beschränkt werden können, käme es unter mehreren Verwaltern somit unweigerlich zu Kompetenzüberschneidungen mit der Folge, dass eine ordnungsgemäße Verwaltung nicht mehr gewährleistet wäre.

Darüber hinaus hat das Amtsgericht unberücksichtigt gelassen, dass der Verwalter Organ der rechtsfähigen Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer ist. Im Gegensatz zur Gesamtgemeinschaft ist die Untergemeinschaft einer Mehrhausanlage jedoch nach allgemeiner Auffassung nicht – auch nicht teilweise – rechtsfähig (vgl. auch Bärmann/Wenzel, § 10 Rn 26 m.w.N.). Sie ist kein selbständiger Tochterverband, sondern nur ein Teil der Gesamtgemeinschaft und verfügt weder über eine eigene Gemeinschaftsordnung noch über ein eigenes Organ.

Die Zulässigkeit einer „Teilverwaltung” ergibt sich auch nicht daraus, dass den Untergemeinschaften in der Teilungserklärung beschränkte Kompetenzen übertragen worden sind, die es den Eigentümern des betreffenden Gebäudes ermöglichen, allein sie betreffende Angelegenheiten selbständig zu regeln. Derartige Kompetenzverlagerungen auf Untergemeinschaften sind in den Gemeinschaftsordnungen von Mehrhausgemeinschaften regelmäßig vorgesehen; sie werden allgemein als zulässig angesehen. Die gesetzlich verankerte Verwaltungskompetenz der Gesamtheit darf hierdurch jedoch nur insoweit verdrängt werden, als sichergestellt is...

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