Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertung von Forderungen des Finanzamtes aus Lohnsteuer als solche aus Arbeitsverhältnissen. Anspüche der Berufsgenossenschaft gegen den früheren Unternehmer. Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis als privatrechtliche Forderungen aus der Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer

 

Normenkette

InsO §§ 304-305

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Beschluss vom 08.04.2003; Aktenzeichen 25 T 346/03)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung nach Maßgabe der nachstehenden Gründe an das Amtsgericht Düsseldorf zurückverwiesen.

 

Gründe

Der Schuldner hat mit Antrag vom 10. Januar 2003 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 305 InsO sowie Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt. Das beigefügte Forderungsverzeichnis weist Forderungen der Finanzverwaltung X aus Steuerforderungen sowie der Stadtverwaltung X aus Gewerbesteuer aus. Insgesamt sind in der Aufstellung sechs Gläubiger berücksichtigt, die Forderungen resultieren aus einer früheren selbstständigen Tätigkeit des Schuldners.

Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss den Antrag des Schuldners als in der gewählten Verfahrensart unzulässig abgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Schuldners, mit derer sich dagegen wendet, dass die Forderungen des Finanzamtes aus Lohnsteuer als solche als aus Arbeitsverhältnissen gewertet wurden.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde unter Hinweis auf die Stellungnahme des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages in Drucksache 14/6468 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Die zulässige sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung an das Amtsgericht zur erneuten Prüfung und Entscheidung über den Antrag in Verbraucherinsolvenzverfahren.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist das Verbraucherinsolvenzverfahren im Hinblick auf den Antrag des Schuldners die richtige Verfahrensart. Die Kammer hat bereits im Verfahren 25 T 267/02 entschieden, das Anspüche der Berufsgenossenschaft gegen den früheren Unternehmer, wenn sie auch durch ein Arbeitsverhältnis veranlasst sind, keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen darstellen. Sie vertritt diese Auffassung auch im Hinblick auf Ansprüche des Finanzamtes wegen rückständiger Lohnforderungen aus Arbeitsverhältnissen. Dabei folgt die Kammer uneingeschränkt der Auffassung von Kothe in Frankfurter Kommentar zur Insdvenzordnung 3. Auflage, § 304 Rdnr. 39 ff., insbesondere Rdnr. 43, wonach die Auslegung von Gesetzen nur nach den allgemeinen Grundsätzen der Gesetzesauslegung zu erfolgen hat. Danach sind Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis privatrechtliche Forderungen aus der Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Für die Notwendigkeit der Ausgliederung dieser Forderungsart aus dem Verbraucherinsolvenzverfahren sprechen tarifvertragsrechtliche Regelungen, die die Forderungen vielfach der Dispositionsbefugnis Einzelner entziehen. Eine Notwendigkeit, die Ausgliederung auf den gesamten Folgebereich der Forderungen der Sozialversicherungsträger und Finanzverwaltung zu erstrecken, besteht aus dem Gesetzeszweck nicht.

Soweit in der Gesetzesbegründung und den dokumentierten Stellungnahmen der Gesetzgebungsorgane zu folgern ist, dass diese auch den Bereich der Forderungen von Sozialversicherungsträgern und Finanzämtern in den Ausschluss des

Verbraucherinsolvenzverfahrens nach § 304 InsO stellen wollten, ist letztlich festzustellen, dass diese Wünsche der Gesetzgebungsorgane keinen Eingang in den Gesetzestext gefunden haben. Eine eigenständige Begründung für die Notwendigkeit des Ausschlusses gibt es hierzu auch nicht. Es wäre jedoch dem Gesetzgeber ohne weiteres möglich gewesen, den Katalog der ausgeschlossenen Forderungen in dem gewünschten weiten Sinne festzulegen. Stattdessen hat der Gesetzgeber trotz erkannter Notwendigkeit der Regelung zur Vermeidung von Auslegungsproblemen bewusst davon Abstand genommen, die vom Bundesrat vorgeschlagene Klarstellung hinsichtlich der Steuergläubiger und Sozialversicherungsträger in den Gesetzestext aufzunehmen. Stattdessen hat er sich darauf berufen, der Wille des Gesetzgebers ergebe sich bereits aus der Begründung zum Regierungsentwurf. Es ist jedoch nicht die Aufgabe der Gerichte, bei der Auslegung von Gesetzen stets die Begründungen zum Regierungsentwurf einzusehen, um der gewollten Auslegung zu folgen. Vielmehr sind nach Auffassung der Kammer nur die allgemeinen Grundsätze der Gesetzesauslegung zu beachten. Aus diesem Grunde folgt die Kammer nicht der herrschenden Auffassung, die lediglich der Begründung zum Regierungsentwurf folgt, ohne dass diese Begründung ihren Niederschlag im Gesetzestext gefunden hat. Vielmehr folgt aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber trotz erkannter Notwendigkeit der Klarstellung davon abgesehen hat, den Gesetzestext zu ändern, es der üblichen Gesetzesauslegung überlassen bleiben sollte, ob Forderung...

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